Geldwäscheverdacht bei Kryptowährungen
Geldwäscherisiken und Verbraucherschutz bei der Distributed-Ledger-Technologie und Initial Coin Offerings
Eine einschlägige Regulierung und Klassifizierung der virtuellen Währungen und virtuellen Assets stehen in Deutschland und der EU aus
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat im Jahr 2017 40 und im Jahr 2018 90 Einzelfallprüfungen im Zusammenhang mit dem sogenannten Initial Coin Offering durchgeführt. Zudem gab es im vergangenen Jahr 573 Geldwäscheverdachtsmeldungen mit Bezug zur virtuellen Währungen. Dies berichtet die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/10920) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/10240), die sich nach Geldwäscherisiken und Verbraucherschutz bei virtuellen Assets und virtuellen Währungen im Zusammenhang mit der Blockchain-Technologie erkundigt hatte.
In Deutschland sind nach Angaben der Bundesregierung Dienstleistungsanbieter, die den Umtausch von virtuellen Währungen in gesetzliche Währungen und umgekehrt sowie in andere virtuelle Währungen anbieten, Finanzdienstleistungsunternehmen und gelten damit als Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz. Man beschäftige sich derzeit im Rahmen der nationalen Risikoanalyse mit der Nutzung von virtuellen Währungen zur Geldwäsche und zur Terrorismusfinanzierung. Ergebnisse würden in den nächsten Monaten veröffentlicht, kündigt die Bundesregierung an.
Vorbemerkung der Fragesteller
Die Blockchain-Technologie, basierend auf der Distributed-Ledger-Technologie (DLT), hat eine Vielzahl neuer Anlageprodukte wie virtuelle Assets und virtuelle Währungen geschaffen. Die Produkte lassen sich als "Tokens" in unterschiedliche Kategorien einteilen. Je nach Funktion unterscheidet man zwischen Utility-Tokens, Security-Tokens bzw. Equity-Tokens, Currency-Tokens (virtuelle Währungen oder Coin) und Debt-Tokens. Initial Coin Offering (ICOs) lehnen sich an den Börsengang (Initial Public Offering, IPO) an. Sie bezeichnen die Emission einer Art der oben gennannten Tokens durch ein Unternehmen oder eine Einheit zur Kapitalaufnahme. Ein Token wird im Austausch für herkömmliche Währung oder eine andere virtuelle Währung emittiert. Je nach emittierter Token-Art besteht außerdem weder Prospekt- noch Erlaubnispflicht.
In diesem Sinne unterscheiden sich ICOs stark von standardisierten und regulierten Börsengängen (IPOs). Die Verwendung der Blockchain-Technologie erlaubt es außerdem, auf einen zentralen Vermittler wie Banken oder Börsen zu verzichten. Transaktionen werden lediglich durch die Ergänzung eines Blocks in der Blockchain mithilfe anonymisierter Informationen dargestellt. Da virtuelle Währungen weder staatlich garantiert sind noch einen physischen Wert besitzen, besteht eine hohe Wertschwankung und ein hohes Verlustrisiko. So ist die gesamte Marktkapitalisierung laut Europäischer Wertpapierund Marktaufsichtsbehörde (ESMA) von 700 Mrd. Euro im Januar 2018 auf 110 Mrd. Euro im Dezember 2018 gesunken. Bei ICOs kommen zusätzlich Betrugsgefahren durch mangelnde Transparenz und fehlende Regulierung hinzu. Mittlerweile haben nahezu alle nationalen Aufsichtsbehörden in der EU Verbraucherwarnungen für ICOs herausgegeben, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in Deutschland mittlerweile zwei Mal. Bei bis zu 78 Prozent der weltweiten ICOs handelt es sich um Betrugsfälle.
Eine einschlägige Regulierung und Klassifizierung der virtuellen Währungen und virtuellen Assets stehen in Deutschland und der EU aus. Derzeit prüft die BaFin im Einzelfall, ob durch die konkrete vertragliche Ausgestaltung eines ICOs u. a. Prospektpflichten nach dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG) oder Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) ausgelöst werden oder ob Anbieter eine Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz (KWG), dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) oder dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) benötigen. De facto unterliegen die emittierten Tokens aber keinen standardisierten regulatorischen Anforderungen und können so gestaltet werden, dass sie keinem der oben genannten Gesetze unterliegen.
Die bis zum 10. Januar 2020 in nationales Recht umzusetzende fünfte Anti- Geldwäscherichtlinie (2018/843/EU, AMLD5) unterwirft Plattformbetreiber für virtuelle Währungen wie Bitcoin sowie Anbieter von elektronischen Geldbörsen (Wallets) geldwäscherechtlichen Melde- und Sorgfaltspflichten. Nicht erfasst sind dabei Handelsplattformen, die lediglich den Umtausch zwischen verschiedenen virtuellen Währungen anbieten (crypto-to-crypto exchange) oder Dienstleister, die ICOs begleiten bzw. organisieren. In Deutschland besteht schon heute eine Erlaubnispflicht für virtuelle Währungsbörsen, wenn deren Geschäftsmodell in die Kategorie erlaubnispflichtiges Finanzkommissionsgeschäft fällt. Dennoch ist die rechtliche Situation besonders aufgrund der unterschiedlichen Geschäftsmodelle und der schwierigen Klassifizierung von virtuellen Währungen nicht immer eindeutig. Im Hinblick auf die eingeschränkte Erfassung bestimmter Handelsplattformen sowie der ausbleibenden Standardisierung und Klassifizierung von Tokens stellt sich die Frage nach der Effektivität der fünften Anti-Money Laundering Directive (AMLD5), potenzielle Geldwäscherisiken zu erfassen. Die mangelnde Rechtssicherheit aufgrund der Gestaltungsmöglichkeiten der ICOs und Tokens wirft außerdem verbraucherschutzrechtliche Bedenken auf.
(Deutsche Bundesregierung: ra)
eingetragen: 15.07.19
Newsletterlauf: 29.08.19
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