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BDK: Gegen Siemens auf Bundesebene ermitteln


Bund deutscher Kriminalbeamter sieht im Siemens-Korruptionsskandal den Anfangsverdacht der organisierten Kriminalität
Telefonüberwachung bei Siemens: Kriminalbeamte sind für weit reichende Vollmachten – Bundesanwaltschaft hält sich zum BDK-Vorschlag bedeckt


(20.04.07) – Uwe Dolata, Pressesprecher beim Bund deutscher Kriminalbeamter (BDK), spricht offen das aus, was Ermittlungsbeamte hinter vorgehaltener Hand schon lange sagen: Die Korruption- und Schmiergeldaffären der Siemens AG besitzen alle klassischen Merkmale, die den Verdacht der organisierten Kriminalität rechtfertigen. Der BDK vertritt rund 13.000 Kriminalbeamte in Deutschland und Dolata ist nicht irgendwer.

Der für Wirtschaftskriminalität zuständige Dipl.-Verwaltungswirt und Kriminalhauptkommissar ist anerkannter Korruptionsexperte und unter anderem auch Mitglied bei bei Transparency International (TI). So stellte Dolata in einem Gespräch mit der Online-Ausgabe des Wall Street Journal fest, dass es dringend erforderlich sei, die Ermittlungen gegen Siemens zu zentralisieren und auf Bundesebene in einer einzigen Untersuchung zusammenzufassen.

Der Fall Siemens erfülle alle drei Kriterien, die für organisierte Kriminalität kennzeichnend seien:
>>
erstens besitze das Unternehmen die erforderlichen hierarchischen Strukturen,
>> zweitens seinen alle Aktivitäten im geheimen erfolgt und
>> drittens habe Siemens versucht, politischen Einfluss auszuüben.

Der Korruptionsexperte erkennt bei Siemens ein System, das hinter den Schmiergeld- und Korruptionszahlungen steht. Schuld sei die Geschäftsphilosophie der Siemens AG, erklärte der Kriminalhauptkommissar gegenüber dem Wall Street Journal.
Dolata sieht die Vorteile von Ermittlungen auf Bundesebene vor allem in den erweiterten Recherche-Möglichkeiten: Dazu zählt das Abhören von Telefonen ebenso wie die Ausdehnung der Untersuchung auf Abteilungen von Siemens, die bisher noch nicht auffällig gewesen sind, durchaus aber auch "Dreck am Stecken" haben könnten.

Das Wall Street Journal ist sich darüber im Klaren, dass Korruptions-Ermittlungen auf Bundesebene den Druck auf die Siemens AG noch erheblich verschärfen würden. Derzeit ermitteln drei verschiedene Staatsanwaltschaften (München, Nürnberg und Darmstadt) voneinander getrennt und nicht koordiniert gegen den Münchner Konzern. Während bereits die Münchner Staatsanwaltschaft sich nicht begeistert von Dolatas Vorschlag zeigte, hielt sich die Bundesanwaltschaft bisher bedeckt.

Der für Wirtschaftskriminalität zuständige Dipl.-Verwaltungswirt und Kriminalhauptkommissar Uwe Dolata (geb. 1956) begann seine berufliche Laufbahn als Außenhandelskaufmann. Danach absolvierte er Ausbildungen zum Polizei- und Kriminalbeamten, studierte an der Fachhochschule Verwaltungsrecht und "zur Horizonterweiterung" Soziologie, Philosophie und Politik an der Universität Würzburg.

Dolata gilt als Fachmann für Korruption und Wirtschaftskriminalität, ist Pressesprecher im Bund Deutscher Kriminalbeamter, Lehrbeauftragter, Buchautor und Publizist (siehe auch: Korruption im Wirtschaftssystem Deutschland - Jeder Mensch hat seinen Preis).

Seit Anfang der 1990-er Jahre widmet er sich der Korruption. Unzählige Publikationen und Vortragsreisen im In- und Ausland sowie Fernseh- und Rundfunksendungen folgten. Seit dem Wintersemester 2004 hat er den Lehrauftrag "Anti-Korruptionsstrategien im Wirtschaftssystem Deutschland" im Fachbereich Betriebswirtschaftslehre der Fachhochschule Würzburg inne, den ersten dieser Art in Deutschland.

Er ist im Ehrenamt als Kreisrat im Landkreis Würzburg tätig, wo er sich in erster Linie die Korruptionsprävention auf die Fahnen geschrieben hat. Aus der gleichen Motivation ist er Mitglied bei Transparency International (TI), Business Crime Control (BCC) und International Police Association (IPA) sowie Sprecher des Landesverbandes Bayern im Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Mit seiner Autobiographie "Stationen einer Wiedergeburt - Sucht als Chance" gelang ihm in den 1990-er Jahren ein "Sucht-Klassiker".
(Siemens: ra)


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