Kaum Wettbewerb auf den Roaming-Märkten
Digitale Agenda: Kommissionsvorschlag für mehr Wettbewerb, mehr Wahlmöglichkeiten und niedrigere Preise für Handynutzer im Ausland
Bis die strukturellen Maßnahmen voll wirksam werden und der Wettbewerb die Endkundenpreise drückt, würde der Vorschlag zu einer schrittweisen Senkung der aktuellen Preisobergrenzen auf der Endkundenebene für Sprach- und Text-(SMS-)Dienste führen
(15.07.11) - Die Kommission hat einen Vorschlag für eine langfristige Lösung des Problems der nach wie vor hohen Kosten der Nutzung von Mobiltelefonen und anderen mobilen Geräten bei Reisen innerhalb der EU ("Roaming") vorgelegt. Der Vorschlag für eine unmittelbar rechtsverbindliche Verordnung würde zum ersten Mal strukturelle Maßnahmen zur Stärkung des Wettbewerbs dadurch einführen, dass Kunden, falls sie dies wünschen, ab dem 1. Juli 2014 einen von ihrem Vertrag für nationale Mobilfunkdienste getrennten, billigeren Roaming-Vertrag schließen können, wobei sie ihre Telefonnummer behalten würden.
Der Vorschlag sieht vor, dass Mobilfunkbetreiber (einschließlich Betreiber von virtuellen Mobilfunknetzen, die kein eigenes Netz besitzen) das Recht haben, die Netze anderer Betreiber in anderen Mitgliedstaaten zu regulierten Vorleistungspreisen zu nutzen, was einen Anreiz schaffen soll, damit mehr Betreiber auf dem Roaming-Markt miteinander in Wettbewerb treten.
Bis die strukturellen Maßnahmen voll wirksam werden und der Wettbewerb die Endkundenpreise drückt, würde der Vorschlag zu einer schrittweisen Senkung der aktuellen Preisobergrenzen auf der Endkundenebene für Sprach- und Text-(SMS-)Dienste führen und eine neue Obergrenze bei den Endkundenpreisen für mobile Datendienste einführen. Ab dem 1. Juli 2014 sollen Roaming-Kunden höchstens 24 Cent/Minute für einen ausgehenden Anruf, maximal 10 Cent/Minute für einen eingehenden Anruf, maximal 10 Cent für das Versenden einer Textnachricht und maximal 50 Cent pro Megabyte (MB) für das Herunterladen von Daten oder das Surfen im Internet bezahlen, während sie im Ausland unterwegs sind (die Abrechnung erfolgt pro Kilobyte).
Neelie Kroes, die für die Digitale Agenda zuständige Vizepräsidentin der Kommission, erklärte hierzu: "Dieser Vorschlag stellt auf die eigentliche Ursache des Problems ab, d. h. auf den mangelnden Wettbewerb auf den Roaming-Märkten, da er den Kunden mehr Wahlmöglichkeiten gibt und alternativen Betreibern leichteren Zugang zum Roaming-Markt verschafft. Mit ihm würden auch die Preise für das Daten-Roaming, die den Betreibern derzeit phänomenale Gewinnspannen bescheren, sofort sinken."
Mit dem Vorschlag soll das in der Digitalen Agenda für Europa festgelegte Ziel, die Tarife von Roaming- und Inlands-Mobilfunkdiensten bis 2015 weitgehend anzugleichen, erreicht werden. Dieses Ziel wird erfüllt, wenn den Verbrauchern infolge des Wettbewerbs auf den Mobilfunkmärkten eine schnelle und einfache Auswahl an Roaming-Diensten zu gleichen oder fast gleichen Preisen wie auf einem Inlandsmarkt geboten wird. Der Vorschlag wird zur Annahme an das Europäische Parlament und den EU-Ministerrat weitergeleitet.
Aus einem heute von der Kommission verabschiedeten Bericht über die aktuelle Roaming-Verordnung geht hervor, dass diese vorübergehend zu einer Senkung der Roaming-Entgelte für Anrufe und für SMS-Mitteilungen geführt hat, den mangelnden Wettbewerb im Roaming-Markt jedoch nicht beheben konnte, sodass die Preise hartnäckig in der Nähe der für Endkunden erlaubten Preisobergrenzen bleiben. Damit werden die Ergebnisse des am 30. Juni 2010 veröffentlichten vorläufigen Berichts bestätigt.
Der Kommissionsvorschlag soll dem derzeit mangelnden Wettbewerb und der mangelnden Verbraucherwahl wie folgt entgegenwirken:
Alternativen Betreibern, z. B. Betreibern virtueller Mobilfunknetze, soll der Eintritt in die Roaming-Märkte erleichtert werden, indem ihnen die Netzbetreiber in anderen Mitgliedstaaten Zugang zu ihren Netzen zu regulierten Vorleistungspreisen gewähren müssten. Dies würde zu mehr Wettbewerb zwischen den Betreibern auf den Roaming-Märkten führen und auf diese Weise mehr Anreize für sie schaffen, Kunden attraktivere Preise und Dienstleistungen anzubieten.
Verbraucher könnten unabhängig von ihrem nationalen Anbieter einen alternativen Anbieter von Roaming-Diensten wählen. Bei jedem Grenzübertritt eines Kunden würde dieser automatisch zu dem von ihm gewählten Roaming-Anbieter wechseln, wobei er seine Nummer und seine SIM-Karte (Subscriber Identity Module) behalten würde. Dies würde für mehr Transparenz sorgen, den Kunden den Vergleich ermöglichen, wo sie die besten Roamingangebote bekommen, und für die Betreiber Anreize setzen, wettbewerbsfähigere Roamingangebote anzubieten.
Bis die Ergebnisse dieser strukturellen Lösungen in vollem Umfang wirksam sind, würde der Vorschlag eine neue Preisobergrenze auf Endkundenebene für das Daten-Roaming einführen (die bis Mitte 2016 gelten würde). Damit würde gewährleistet, dass Nutzer von Smartphones, Tablet-PCs und sonstigen Geräten für den Zugang zum Internet über Mobilfunknetze im Ausland online gehen könnten, ohne dass extrem hohe Rechnungen zustande kommen. Die Kommission schlägt vor, dass Verbraucher ab dem 1. Juli 2012 maximal 90 Cent pro heruntergeladenes Megabyte (MB) bezahlen. Ab Juli 2014 käme es zu einer sehr starken Preissenkung auf 50 Cent/MB (diese Preise würden unter Berücksichtigung der tatsächlichen Nutzung kilobyte genau abgerechnet werden).
Die derzeit geltende Verordnung sieht für das Daten-Roaming keine Preisobergrenzen auf der Endkundenebene vor. Auf der Vorleistungsebene gibt es Preisobergrenzen für das Daten-Roaming, allerdings wurden die Einsparungen nicht an die Kunden weitergegeben. Hinter dem durchschnittlichen Gesamtpreis auf der Endkundenebene von 1,06 EUR für das Herunterladen von Daten in einem anderen Mitgliedstaat Ende 2010 verbirgt sich eine große Spanne bei den Endkundenpreisen. So kostete das Herunterladen von Daten im Netz eines anderen Mobilfunkkonzerns die Kunden im Durchschnitt 2,23 Euro/MB, wobei die Gebühren in einigen Fällen noch wesentlich höher waren (bis zu 12 Euro/MB).
Wichtig ist der Hinweis darauf, dass
>> die vorgeschlagenen Preisobergrenzen auf der Endkundenebene als reines "Sicherheitsnetz" für die Kunden dienen, da die Kommission davon ausgeht, dass die wettbewerbsverbessernden strukturellen Maßnahmen, die vorgeschlagen werden, innovative europaweite Angebote und günstigere Preise, die deutlich unter den Schutzobergrenzen liegen, herbeiführen werden.
>> die Preisobergrenzen auf der Endkundenebene für Roaming-Sprachdienste und Roaming-Nachrichten (SMS)-Dienste beibehalten. Diese Preisobergrenzen würden für alle Roaming-Dienste nach und nach sinken und auch bis Mitte 2016 gelten.
>> den Schutz vor "Rechnungsschocks" im Zusammenhang mit dem Daten-Roaming beibehalten. Die monatlichen Rechnungen von Verbrauchern und Geschäftsreisenden für den Datenverkehr über Mobilfunknetze im Ausland würden auf 50 Euro begrenzt bleiben, sofern der Kunde nicht ausdrücklich einer anderen Regelung zugestimmt hat.
>> die Preisobergrenzen auf der Vorleistungsebene zwischen den Betreibern für alle Roaming-Dienste (Sprache, SMS und Daten) würden bis 2022 bestehen bleiben, um ein berechenbares Investitionsumfeld für alternative Betreiber zu schaffen. Die Preisobergrenzen auf der Vorleistungsebene könnten jedoch vor dem Jahr 2022 aufgehoben werden, wenn die Marktdaten erkennen lassen, dass sich ein ausreichender Wettbewerb entwickelt hat.
Nach der neuen Verordnung müssten die Betreiber den Kunden beim Grenzübertritt in einen anderen Mitgliedstaat nach wie vor Informationen über die Roaming-Preise zur Verfügung stellen, die Verbraucher hätten jedoch die Möglichkeit, den Erhalt dieser Informationen auf einfache Weise abzubestellen.
Weitere Informationen
Roaming-Website der Europäischen Kommission:
http://ec.europa.eu/information_society/activities/roaming/index_en.htm
Website zur Digitalen Agenda:
http://ec.europa.eu/digital-agenda
(Europäische Kommission: ra)
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