Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Erleichterung von Schadensersatzklagen


Kartellrecht: Europäische Kommission schlägt Rechtsvorschriften vor, um den Opfern von Kartellrechtsverstößen Schadensersatzansprüche zu erleichtern
Mit der vorgeschlagenen Richtlinie sollen diese praktischen Hindernisse beseitigt und es für alle, die durch Wettbewerbsverstöße geschädigt wurden, erleichtert werden, in der ganzen EU tatsächlich Schadenersatz zu erhalten


(03.07.13) - Die Europäische Kommission hat einen Vorschlag für eine Richtlinie angenommen, in der geregelt ist, wie Bürger und Unternehmen Schadensersatz verlangen können, wenn sie Opfer von Zuwiderhandlungen gegen das EU-Kartellrecht (z. B. Kartell oder Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung) geworden sind. Mit dem Vorschlag soll eine Reihe praktischer Schwierigkeiten behoben werden, mit denen Opfer häufig konfrontiert sind, wenn sie versuchen, einen angemessenen Ersatz für den erlittenen Schaden zu erhalten.

"Zuwiderhandlungen gegen die Kartellvorschriften verursachen den europäischen Verbrauchern und Unternehmen erhebliche Schäden", so der für Wettbewerb zuständige Vizepräsident der Kommission Joaquín Almunia. "Wir müssen dafür sorgen, dass alle Opfer dieser Zuwiderhandlungen Ersatz für den erlittenen Schaden erlangen können, insbesondere wenn eine Wettbewerbsbehörde einen solchen Verstoß festgestellt und geahndet hat. Zwar besteht in allen Mitgliedstaaten der EU das Recht, vor den einzelstaatlichen Gerichten Schadensersatz zu verlangen, Unternehmen und Bürger sind jedoch nicht immer in der Lage, es in der Praxis auszuüben. Mit dem heutigen Vorschlag sollen diese Hindernisse beseitigt werden."

Angemessener Schadensersatz für Verbraucher und KMU in ganz Europa
Der Gerichtshof der EU hat das Recht aller Opfer von Kartellrechtsverstößen anerkannt, Ersatz für den erlittenen Schaden zu erhalten. Wegen verfahrensrechtlicher Hindernisse und Rechtsunsicherheit gelingt es jedoch nur wenigen dieser Opfer, tatsächlich Schadensersatz zu erhalten. Dies betrifft insbesondere Verbraucher und KMU, die meist nicht auf Schadensersatz klagen. Nur in 25 Prozent der Kartellsachen, in denen die Kommission in den letzten sieben Jahren eine Entscheidung erließ, verlangten die Opfer Schadensersatz. Zudem sind die einzelstaatlichen Vorschriften in Europa sehr unterschiedlich, so dass die Chancen für die Opfer, Schadensersatz zu erlangen, in hohem Maße davon abhängen, in welchem Mitgliedstaat sie wohnen.

Mit der vorgeschlagenen Richtlinie sollen diese praktischen Hindernisse beseitigt und es für alle, die durch Wettbewerbsverstöße geschädigt wurden, erleichtert werden, in der ganzen EU tatsächlich Schadenersatz zu erhalten. Ihre Bestimmungen gelten für die in den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehenden Klagen. Parallel dazu hat die Kommission eine Empfehlung angenommen, in der sie die Mitgliedstaaten auffordert, Verfahren des kollektiven Rechtsschutzes einzuführen, um den Zugang zum Recht für Opfer von Verstößen gegen das EU-Recht, einschließlich des Wettbewerbsrechts, zu verbessern.

Der europäische Weg zu kartellrechtlichem Schadensersatz
In dem Vorschlag ist eine Reihe von Maßnahmen zur Erleichterung von Schadensersatzklagen vorgesehen:

>> Die einzelstaatlichen Gerichte erhalten die Befugnis, die Offenlegung von Beweismitteln durch Unternehmen anzuordnen, wenn Opfer Schadensersatz verlangen.

>> Die Entscheidungen einzelstaatlicher Wettbewerbsbehörden, mit denen eine Zuwiderhandlung festgestellt wird, stellen vor den Gerichten aller Mitgliedstaaten einen Beweis für das Vorliegen der Zuwiderhandlung dar.

>> Die Vorschriften über die Verjährungsfristen, d. h. die Zeiträume, in denen Opfer eine Schadensersatzklage erheben können, werden klarer gefasst. Dadurch wird insbesondere sichergestellt, dass die Opfer wirksam Schadensersatz verlangen können, sobald eine Zuwiderhandlung von einer Wettbewerbsbehörde festgestellt wurde.

>> Die Haftungsvorschriften für Fälle, in denen auf einer Zuwiderhandlung beruhende Preiserhöhungen in der Vertriebs- oder Lieferkette "weitergegeben" wurden, werden präzisiert. In der Praxis wird dadurch gewährleistet, dass diejenigen, die einen Schaden erlitten haben, am Ende auch den Schadensersatz erhalten.

>> Vorschriften zur Erleichterung einvernehmlicher Regelungen werden eingeführt, um eine schnellere und kostengünstigere Beilegung von Streitigkeiten zu ermöglichen.

In dem Vorschlag wird die Schlüsselrolle, die den Wettbewerbsbehörden (auf EU- und auf mitgliedstaatlicher Ebene) bei der Untersuchung, Feststellung und Ahndung von Zuwiderhandlungen zukommt, in vollem Umfang anerkannt. Anders als im US-amerikanischen System sollen Bestrafung und Abschreckung nicht privatrechtlichen Streitigkeiten überlassen werden. Hauptziel des Vorschlags ist vielmehr, den Opfern die Erlangung eines vollständigen, angemessenen Schadensersatzes zu erleichtern, wenn eine Behörde eine Zuwiderhandlung festgestellt und geahndet hat.

Die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Wettbewerbsbehörden im Rahmen sogenannter Kronzeugenprogramme ist für die Aufdeckung und Ahndung geheimer Kartelle von größter Bedeutung. In vielen Fällen ist es die erfolgreiche behördliche Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften, die die Opfer in die Lage versetzt, anschließend Schadensersatz zu verlangen und zu erhalten. Der Vorschlag umfasst daher eine Reihe von Vorkehrungen, mit denen gewährleistet werden soll, dass die Erleichterung von Schadensersatzklagen nicht den Anreiz für Unternehmen verringert, mit den Wettbewerbsbehörden zusammenzuarbeiten.

Die Kommission hat ferner eine Mitteilung über die Ermittlung des Umfangs des kartellrechtlichen Schadens angenommen, um den Gerichten und den Parteien von Schadenersatzklagen eine Orientierungshilfe an die Hand zu geben. Denn die Bestimmung der genauen Höhe des Schadens, den Verbraucher und Unternehmen erlitten haben, ist häufig kostspielig und schwierig. Die Dienststellen der Kommission haben außerdem einen Praktischen Leitfaden als nützliches Instrument für Opfer und einzelstaatliche Richter ausgearbeitet. Diese Dokumente sind rechtlich nicht verbindlich.

Die nächsten Schritte
Der Vorschlag für eine Richtlinie wird nun vom Europäischen Parlament und vom Rat nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren behandelt. Sobald er von diesen Organen angenommen worden ist, haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die Bestimmungen in innerstaatliches Recht umzusetzen.

Weitere Informationen
Der von der Kommission angenommene Wortlaut des Richtlinienvorschlags und alle übrigen Dokumente zu diesem Thema sind abrufbar unter: http://ec.europa.eu/competition/antitrust/actionsdamages/documents.html . (Europäische Kommission: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Kontrollen der Zoll- und Marktüberwachungsbehörden

    Die Europäische Kommission ergreift Maßnahmen gegen Risiken durch Einfuhren von geringem Wert, die von Online-Einzelhändlern aus Drittländern und über Marktplätze, auf denen Händler aus Nicht-EU-Ländern tätig sind, verkauft werden. Diese Maßnahmen sind Teil der Mitteilung über den elektronischen Geschäftsverkehr mit dem Titel "Ein umfassendes EU-Instrumentarium für einen sicheren und nachhaltigen elektronischen Geschäftsverkehr", die die Kommission vorgelegt hat.

  • HTA-Rechtsvorschriften und -Verfahren

    Die Bewertung von Gesundheitstechnologien (Health Technology Assessment - HTA) ist ein wissenschaftlicher, evidenzbasierter Prozess, bei dem Informationen über medizinische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und ethische Gesichtspunkte im Zusammenhang mit dem Einsatz einer Gesundheitstechnologie zusammengefasst werden. Beispiele für Gesundheitstechnologien sind Arzneimittel und Medizinprodukte.

  • Arzneimittel und Medizinprodukte

    Am 12. Januar 2025 trat die Verordnung über die Bewertung von Gesundheitstechnologien (HTA) in Kraft. Damit soll der EU-weite Zugang von Patienten zu innovativen und wirksamen Gesundheitstechnologien erheblich verbessert werden.

  • Diskriminierung von Medizinprodukten

    Ein veröffentlichter Bericht, in dem die anhaltende Diskriminierung von EU-Medizinprodukten auf dem chinesischen Beschaffungsmarkt hervorgehoben wird, fließt in die Entscheidung der Kommission ein, mit welchen Maßnahmen hier gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen der EU und China hergestellt werden sollen.

  • Entscheidungen in Vertragsverletzungsverfahren

    Die EU-Kommission erlässt eine Reihe von Beschlüssen zu Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten, die nicht mitgeteilt haben, welche Maßnahmen sie zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Recht ergriffen haben. Dabei übermittelt die Kommission zunächst Aufforderungsschreiben an alle Mitgliedstaaten, die keine nationalen Maßnahmen zur Umsetzung von Richtlinien gemeldet haben, deren Umsetzungsfrist vor Kurzem abgelaufen ist.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen