Verpflichtung: Grundfreiheiten & Menschenrechte
Europäische Kommission sieht sich als "ehrlichen Mittler" bei künftigen internationalen Verhandlungen über die Internet-Governance
Schaffung von Internet-Governance-Grundsätzen zum Schutz eines offenen und unfragmentierten Internets
(03.03.14) - Nach dem Bekanntwerden der großangelegten Internet-Überwachung und angesichts des geschwundenen Vertrauens in das Internet schlägt die Europäische Kommission vor, die Art und Weise, wie das Internet verwaltet und betrieben wird, grundlegend zu reformieren. Die Vorschläge zielen auf eine transparentere und verantwortungsvollere Regulierung und Verwaltung unter Einbeziehung aller Beteiligten ab.
Die Vizepräsidentin der Kommission Neelie Kroes erklärte hierzu: "Die kommenden zwei Jahre sind für die Neuordnung der weltweiten Internet-Governance entscheidend. Europa muss dazu beitragen, dass ein glaubwürdiger Weg hin zu einer globalen Internet-Governance gefunden wird. Europa muss eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht zu bestimmen, wie das künftige Internet aussehen wird."
Die Kommission macht sich für ein Internet stark, dass weiterhin den Grundfreiheiten und Menschenrechten verpflichtet ist. Frau Kroes dazu: "Unsere Grundfreiheiten und Menschenrechte sind nicht verhandelbar. Sie müssen auch online geschützt sein."
Die Kommission schlägt vor:
>> konkrete Maßnahmen wie
## die Festlegung eines klaren Zeitplans für die Globalisierung der ICANN und der "IANA-Funktionen",
## Stärkung des globalen Internet-Governance-Forums,
## die Einrichtung des Global Internet Policy Observatory (Beobachtungsstelle für Internet-Politik, GIPO) als Online-Plattform für mehr Transparenz in der Internet-Politik,
## die Untersuchung bestehender Widersprüche zwischen nationalen Rechtsvorschriften oder Rechtsordnungen, um mögliche Lösungen zu finden;
>> einen beständigen Einsatz für die Verbesserung der Transparenz, Verantwortlichkeit und Mitwirkungsfähigkeit der multilateralen Mitbestimmungsprozesse und aller daran Beteiligten;
>> den Einsatz für die Schaffung von Internet-Governance-Grundsätzen zum Schutz eines offenen und unfragmentierten Internets;
>> den Einsatz für die Globalisierung der wichtigen Entscheidungsvorgänge (beispielsweise der Koordinierung der Domänennamen und IP-Adressen), um die Stabilität, Sicherheit und Robustheit des Internets zu bewahren.
Frau Kroes erklärte: "Einige verlangen, dass die Internationale Fernmeldeunion die Kontrolle über die Schlüsselfunktionen des Internets übernehmen soll. Ich bin zwar auch der Meinung, dass die Regierungen eine wichtige Rolle spielen müssen, aber Top-Down-Konzepte sind nicht die richtige Lösung. Wir müssen das Multi-Stakeholder-Modell stärken, damit das Internet ein schneller Innovationsmotor bleibt."
Die Kommission unterstützt nachdrücklich ein multilaterales und partizipatives Governance-Modell für das Internet, das auf der vollen Einbeziehung aller wichtigen Akteure und Organisationen beruht.
Die Mitteilung legt den Grundstein für eine gemeinsame europäische Position in weltweiten Verhandlungen, wie z. B. der Tagung Netmundial in São Paulo, Brasilien (April 2014), dem Internet-Governance-Forum (Ende August) und der hochrangigen ICANN-Tagung. Dieses Verhandlungskonzept wird nun mit dem Europäischen Parlament und dem Rat weiter ausgearbeitet werden.
Hintergrund
Unter Internet-Governance versteht man die weltweiten Vereinbarungen und Regelungen zur Organisation der Ressourcen und Funktionen des Internets. Sie soll dafür sorgen, dass das Internet ordnungsgemäß funktioniert, dass beispielsweise eine Website überall auf der Welt erreichbar ist und dass technische Systeme standortunabhängig zusammenarbeiten oder Webadressen weltweit benutzt werden können. Das Internet hat sich als ein dezentrales Netz der Netze entwickelt und wird ohne zentrale Leitungsstelle betrieben. Reguliert und verwaltet wird es derzeit von verschiedenen Akteuren und Organisationen auf der Grundlage multilateraler Vereinbarungen.
Wegen der jüngsten Enthüllungen über die großangelegte Internet-Überwachung wird die Leitfunktion der USA in der Internet-Governance zunehmend in Frage gestellt. Angesichts der zentralen Stellung der USA im heutigen Modell der Regulierung und Verwaltung des Internets ist es daher nötig, auf einen reibungslosen Übergang zu einem globaleren Modell hinzuwirken und gleichzeitig die Grundwerte einer offenen, partizipativen Internet-Governance zu schützen.
Die EU war ein wichtiger Teilnehmer beim Weltgipfel über die Informationsgesellschaft 2002–2005, der zur Schaffung des heutigen Internet-Governance-Systems führte. Im Jahr 2009 legte die Kommission zu diesem Thema eine Mitteilung vor. Das Europäische Parlament und der Rat sprachen sich wiederholt für ein inklusives Herangehen an die Internet-Governance aus, bei der das Modell der multilateralen Mitbestimmung (Multi-Stakeholder-Modell) bewahrt bleibt und eine angemessene Berücksichtigung der europäischen Prioritäten gewährleistet ist. (Europäische Kommission: ra)
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