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Entscheidungen möglichst bürgernah treffen


Präsident Juncker ernennt Mitglieder der Taskforce "Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit"
Die Taskforce Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit wird prüfen, in welchen Bereichen die Arbeit teilweise oder ganz auf die Mitgliedstaaten zurück übertragen werden könnte



EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat sechs Mitglieder der neuen "Taskforce für Subsidiarität, Verhältnismäßigkeit" ernannt. Aus Deutschland ist Michael Schneider, Staatssekretär für Bundes- und Europaangelegenheiten des Landes Sachsen-Anhalt, vertreten. Die Taskforce arbeitet unter dem Vorsitz des Ersten Vizepräsidenten Frans Timmermans und wird dem Präsidenten bis zum 15. Juli 2018 einen Bericht vorlegen. Ziel ist es unter anderem zu klären, welche Befugnisse auf nationaler oder lokaler Ebene besser ausgeübt werden können als auf europäischer. Ferner soll die Taskforce Wege aufzeigen, wie regionale und kommunale Gebietskörperschaften besser in die Politikgestaltung der EU einbezogen werden können.

Präsident Juncker hatte die Taskforce im September in seiner Rede zur Lage der Union angekündigt und dabei betont: "Die Europäische Kommission muss in den großen Dingen Größe zeigen und nur dann tätig werden, wenn sie mehr erreichen kann als die Mitgliedstaaten im Alleingang. Dies war meine Botschaft, als ich mich für das Amt des Kommissionspräsidenten bewarb, und dies war auch die Botschaft Staats- und Regierungschefs der EU-27 in der Erklärung von Rom vom März vergangenen Jahres. Die Taskforce Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit wird uns dabei helfen zu entscheiden, welche Befugnisse auf nationaler oder lokaler Ebene besser ausgeübt werden können, und auf die Erwartungen der Bürger zu reagieren, dass man sich vor allem um die Anliegen kümmert, die ihnen wirklich am Herzen liegen."

Die Mitglieder der Task Force sind alle Politiker. Sie wurden von der Konferenz der Parlamentsausschüsse für Unionsangelegenheiten der Parlamente der Europäischen Union (COSAC) und vom Ausschuss der Regionen nominiert. Vom COSAC benannt wurden Toomas Vitsut (Mitglied des estnischen Parlaments), Reinhold Lopatka (Abgeordneter des österreichischen Nationalrats) und Kristian Vigenin (Mitglied des Parlaments von Bulgarien). Vom Ausschuss der Regionen benannt wurden Karl-Heinz Lambertz (Präsident), Michael Schneider und François Decoster. Das Europäische Parlament wurde aufgefordert, drei Mitglieder zu benennen, hat dies aber noch nicht getan. Die Taskforce tritt erstmalig am 25. Januar zusammen und legt ihren Bericht bis zum 15. Juli vor.

Der Erste Vizepräsident Timmermans erklärte: "Diese Kommission hat die Bemühungen um eine bessere Rechtsetzung deutlich vorangebracht, weil wir dort ehrgeizig sein wollen, wo es notwendig ist, und uns dort zurückhalten, wo wir es uns leisten können. Dabei stützen wir uns immer auf die neuesten verfügbaren Daten und umfassende öffentliche Konsultationen. Wir müssen diese Arbeit fortsetzen und ausloten, wo die EU wirklich einen Mehrwert schafft. Gleichzeitig müssen wir die Mitgliedstaaten in die Lage versetzen, all das zu erledigen, was sie selbst besser machen können. Genau das ist die Aufgabe der Taskforce."

In Szenario 4 des Weißbuchs der Kommission zur Zukunft Europas — "Weniger, aber effizienter" – wird die Option vorgestellt, dass die EU in ausgewählten Politikbereichen wie der Sicherung unserer Außengrenzen durch die Europäische Grenz- und Küstenwache oder bei der Bündelung der Verteidigungsfähigkeiten viel rascher und entschiedener handelt, während sie anderswo, z. B. in der regionalen Entwicklung, ihre Tätigkeit zurückfährt. Die Taskforce Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit wird prüfen, in welchen Bereichen die Arbeit teilweise oder ganz auf die Mitgliedstaaten zurück übertragen werden könnte. Ferner soll sie Wege aufzeigen, wie regionale und kommunale Gebietskörperschaften besser in die Politikgestaltung und -umsetzung der EU einbezogen werden können.

Der Beschluss von Präsident Juncker zur Einsetzung dieser Taskforce folgt dem Geist der Erklärung von Rom März 2017, in der die Staats- und Regierungschefs der EU27 beschlossen: "Wir möchten, dass sich die Union in großen Fragen groß und in kleinen Fragen klein zeigt. Wir werden einen demokratischen, effizienten und transparenteren Beschlussfassungsprozess und bessere Ergebnisse fördern". Das bedeutet, dass die EU ihre Energien auf die Bereiche mit dem "größten Mehrwert" konzentriert, d. h. jene Gebiete, auf denen sie für die Bürgerinnen und Bürger Europas am meisten bewirken kann – wie Sicherheit, Außengrenzenmanagement oder Verteidigung – und sich in anderen Bereichen weniger engagiert. Am 17. Januar hat der irische Ministerpräsident Leo Varadkar die Einsetzung der Taskforce in einer Debatte über die Zukunft Europas im Europäischen Parlament begrüßt. Darüber hinaus bekundete er in einem Bürgerdialog im November 2017 seine Unterstützung für eine Rückübertragung von Befugnissen auf die Mitgliedstaaten.

Hintergrund
In seiner Rede zur Lage der Union vom 13. September 2017 erläuterte Präsident Juncker seine Vision zur Zukunft Europas auf der Grundlage der Debatte, die durch das Weißbuch über die Zukunft Europas bis zum Jahr 2025 angestoßen worden war. Eines der im Weißbuch dargelegten Szenarien, Szenario 4 mit der Überschrift "Weniger, aber effizienter" sieht vor, dass die Europäische Union ihre Arbeit in bestimmten Bereichen intensivieren, sie gleichzeitig aber in den Bereichen reduzieren oder ganz einstellen sollte, in denen ihr Handeln der allgemeinen Wahrnehmung nach nur einen begrenzten Mehrwert hat oder sie nicht in der Lage ist, ihre Versprechen zu halten. Die Arbeit der Taskforce wird - ebenso wie der Fahrplan der Kommission für eine geeintere, stärkere und demokratischere Union - zur weiteren Entwicklung der Europäischen Union beitragen. Der Fahrplan wird auf einem Treffen der Staats- und Regierungschefs in Hermannstadt (Rumänien) am 9. Mai 2019, d.h. kurz vor den Wahlen zum Europäischen Parlament, vorgestellt werden.

Mit den Politischen Leitlinien von Präsident Juncker vom 15. Juli 2014 verpflichtete sich die Kommission, den Schwerpunkt ihrer Arbeit auf zehn vorrangige Bereiche zu legen; dieses Konzept hat die Arbeit des Organs in den vergangenen drei Jahren geprägt und gewährleistet, dass möglichst viele Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten eingeleitet werden. In ihrem Weißbuch zur Zukunft Europas, das die Kommission am 1. März 2017 vorlegte, entwickelte sie dieses Konzept weiter und zeigte fünf Szenarien für Europa auf, von denen eins die Überschrift "Weniger, aber effizienter" trägt".

Die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit sind in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegt. Durch das Subsidiaritätsprinzip soll sichergestellt werden, dass Entscheidungen möglichst bürgernah getroffen werden und dass die EU nur in den Fällen tätig wird, in denen Maßnahmen auf EU-Ebene effizienter sind als auf nationaler, regionaler oder kommunaler Ebene. Die Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit stellt sicher, dass die Maßnahmen der EU nicht über das für die Erreichung der Vertragsziele erforderliche Maß hinausgehen. Die Anwendung dieser Grundsätze unter dieser Kommission lässt sich am Beispiel der Kontrolle staatlicher Beihilfen aufzeigen, die bereits weitgehend an nationale Behörden übertragen wurde; 97 Prozent aller staatlichen Beihilfen werden nun von Stellen auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene kontrolliert.
(Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 23.01.18
Home & Newsletterlauf: 28.02.18



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