Lieferengpässen bei Arzneimitteln
Mit Lieferengpässen bei Arzneimitteln habe Deutschland schon seit gut zehn Jahren zu tun - Jetzt werde von der Politik erstmals anerkannt, dass auch über Preise geredet werden müsse
Es sollte über die Aussetzung von Preismoratorien und Preisabschlägen gesprochen werden
Experten aus der pharmazeutischen Industrie fordern Reformen, um Lieferengpässe bei Arzneimitteln künftig möglichst zu vermeiden. In einem Fachgespräch im Gesundheitsausschuss machten die Experten deutlich, dass unter anderem die restriktiven Preisvorgaben ein Problem sind. Auch Apotheker sehen die Lage kritisch.
Sebastian Schütze vom Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) sagte, mittelständischen Firmen, die in Deutschland produzieren, gehe angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen die Luft aus, weil Arzneimittel teils nicht wirtschaftlich hergestellt werden könnten. Manche Mittel brächten den Firmen sehr wenig Geld, selbst mit lebenswichtigen Medikamenten machten Hersteller bisweilen kaum Gewinn. Das könne so nicht funktionieren. Es müsse etwas getan werden, sonst könnten weitere wichtige Arzneimittel wegfallen.
Es sollte über die Aussetzung von Preismoratorien und Preisabschlägen gesprochen werden. Schütze schlug außerdem eine verpflichtende Mehrfachausschreibung mit mindestens drei Zuschlägen vor, um auf Dauer eine gewisse Anbietervielfalt zu gewährleisten. Ein Anbieter müsse eine verpflichtende Produktion in Deutschland oder Europa haben.
Bork Bretthauer vom Verband Pro Generika sagte, mit Lieferengpässen bei Arzneimitteln habe Deutschland schon seit gut zehn Jahren zu tun. Jetzt werde von der Politik erstmals anerkannt, dass auch über Preise geredet werden müsse. Der Preisdruck sei eine Ursache für Engpässe. Die vielen Kostendämpfungsinstrumente hätten nur das Ziel, Ausgaben zu senken, das habe die Probleme mit verursacht.
Er betonte, in einigen Fällen sicherten zu wenige Unternehmen die Versorgung. Das Aussetzen von Festbeträgen oder die Befristung von Regelungen helfe nicht, wenn andere Kostensenkungsmaßnahmen aufrecht erhalten würden. Die Investition in mehr Produktionskapazitäten müsse langfristig betriebswirtschaftlich auch verantwortbar sein.
Thomas Porstner vom Bundesverband des Pharmazeutischen Großhandels (Phagro) sagte, der Großhandel leide erheblich unter den Lieferengpässen und habe ein hohes Interesse daran, Apotheken bedarfsgerecht zu versorgen. Es werde ein aufwendiges Lager- und Liefermanagement betrieben, um eine möglichst flächendeckende und faire Verteilung von Mindermengen zu ermöglichen.
Der Großhandel habe einen gesetzlichen Sicherstellungsauftrag, es würden keine Arzneimittel gehortet. Die Ware werde insbesondere bei Lieferengpässen sofort in den Markt gegeben. Allerdings werde der enorm gestiegene Aufwand für die Beschaffung sowie das Lager- und Liefermanagement nicht vergütet.
Gabriele Overwiening von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) sprach mit Blick auf die Lieferengpässe von einem belasteten Vertrauen der Bevölkerung in das Gesundheitswesen. Auch die Apotheker empfänden jede Form von Engpass als Beeinträchtigung, Störung und Belastung. Die Apotheken täten alles, um die Menschen nach den Therapievorgaben mit Arzneimitteln zu versorgen. Das sei bei Lieferengpässen sehr mühsam. Sie forderte einen Ausgleich für Apotheken angesichts des zusätzlich notwendigen Zeitaufwands zur Bewältigung der Engpässe. (Deutscher Bundestag: ra)
eingetragen: 25.01.23
Newsletterlauf: 05.04.23
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