Sperrungsverfügungen im Internet


Welche Ziele werden mit Sperrungsverfügungen im Internet verfolgt? - Ist der Bundesregierung bekannt, nach welchen Kriterien und rechtlichen Grundlagen bisher Sperrungsverfügungen erlassen werden?
Auch deutsche Behörden haben die Möglichkeit, Sperrungsverfügungen zu erlassen, um gegen Inhalte von Internetseiten vorzugehen


(06.03.08) - Sperrungsverfügungen im Internet hat die FDP-Fraktion zum Gegenstand einer Kleine Anfrage (16/8287) gemacht. Deutsche Behörden hätten die Möglichkeit, Sperrungsverfügungen zu erlassen, um gegen Inhalte von Internetseiten vorzugehen. Die Fraktion will wissen, ob die Regierung das Recht der Sperrungsverfügungen bundesgesetzlich regeln will und auf welcher rechtlichen Grundlage Sperrungsverfügungen bislang erlassen worden sind.

In Frankreich wird das so genannte Zoning diskutiert, unter dem man eine auf geografischen Kriterien basierte Steuerung des Informationszugangs und -inhalts im Internet versteht. Ein Unterfall des Zonings ist "Geolocation" oder "Geotargeting", mit dem Internet-Protocol-Adressen (IP-Adressen) einem geografischen Ort zugeordnet werden können. Solche Verfahren werden bereits von vielen Anbietern eingesetzt. So entscheiden z. B. Suchmaschinen darüber, wie und ob Informationen gefunden werden. Dabei kann der Nutzer manchmal nicht erkennen, ob die über die Suchmaschine gefundenen Ergebnisse vollständig wiedergegeben werden, denn einige Suchmaschinen machen gelöschte Suchergebnisse kenntlich, andere dagegen nicht.

Die Internet-Plattform "Chilling Effects" dokumentiert die von den Suchmaschinen vorgenommen Löschungen. Diese Plattform ist ein gemeinsames Projekt der Electronic Frontier Foundation und zahlreicher US-Universitäten.

In eine Datenbank können gerichtliche Verfügungen, die die Entfernung von Inhalten gegenüber Suchmaschinenbetreibern betreffen, eingestellt werden. Internet-Nutzer können sich somit ein Bild darüber machen, welche Inhalte ihnen vorenthalten werden. In letzter Zeit finden sich zahlreiche Eintragungen aus Deutschland in dieser Datenbank.

Gelöschte Inhalte können über einen Link bei "ChillingEffects" mit einigem Aufwand gefunden werden, wenn die Suchergebnisse für mehrere Ländererkennungen verglichen werden.
Deutsche Behörden haben die Möglichkeit, Sperrungsverfügungen zu erlassen, um gegen Inhalte von Internetseiten vorzugehen. Im Jahre 2001 ordnete die Bezirksregierung Düsseldorf durch Sperrungsverfügung gegenüber so genannten Access-Providern – also Unternehmen, die ihren Kunden lediglich einen Netzzugang anbieten – an, den Zugriff auf bestimmte Internetseiten zu verhindern.

Seitdem hatten sich verschiedene deutsche Gerichte in verschiedenen Bundesländern mit Sperrungsverfügungen zu befassen.

Die FDP-Fraktion fragt die Bundesregierung:

1. Ist der Bundesregierung bekannt, welche Ziele mit Sperrungsverfügungen verfolgt werden, und beabsichtigt die Bundesregierung, das Recht der Sperrungsverfügungen bundesgesetzlich zu regeln?

2. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den angesprochenen Sperrungsverfügungen im Hinblick auf die Meinungsfreiheit und möglicherweise andere betroffene Grundrechte?

3. Ist der Bundesregierung bekannt, wie zu sperrende Inhalte auf Internetseiten identifiziert werden?

4. Ist der Bundesregierung bekannt, nach welchen Kriterien und rechtlichen Grundlagen bisher Sperrungsverfügungen erlassen werden?

5. Hält die Bundesregierung Verpflichtungen für Access-Provider zur Sperrung des Zugangs zu bestimmten Webseiten vor dem Hintergrund der einfachen technischen Umgehungsmöglichkeiten für ein geeignetes Mittel?

6. Hält die Bundesregierung Sperrungsverfügungen für Access-Provider hinsichtlich ihrer Erforderlichkeit und Angemessenheit insbesondere vor dem Hintergrund des Grundsatzes der sogenannten Haftungsprivilegierung im Telemediengesetz für ein geeignetes Mittel?

7. Ist der Bundesregierung bekannt, ob seitens der Access-Provider bei erfolgter Sperrungsverfügung im Jahr 2007 Entschädigungsansprüche gestellt worden sind, und wenn ja, in welcher Höhe?

8. Ist der Bundesregierung bekannt, wie viele Sperrungsverfügungen an Access-Provider seit dem Inkrafttreten des novellierten Telemediengesetzes in Deutschland angeordnet worden sind?

9. Ist der Bundesregierung bekannt, wie viele Sperrungsverfügungen 2007 von deutschen Behörden an Suchmaschinen ergangen sind?

10. Hält die Bundesregierung die geplante EU-Richtlinie zur "Nutzung und Kontrolle von Filtermaßnahmen, um die volle Wahrnehmung von Rede- und Informationsfreiheit zu gewährleisten" für geeignet, das angestrebte Ziel zu erreichen?

11. Welche weiteren Maßnahmen sollten nach Ansicht der Bundesregierung im Zusammenhang mit der europäischen Harmonisierung des Jugendschutzrechts im Online-Bereich ergriffen werden?

12. Ist der Bundesregierung bekannt, wie mit Angeboten umgegangen wird, die in Deutschland verboten, aber in anderen europäischen Mitgliedstaaten erlaubt sind? Ist eine Sperrungsverfügung vor dem Hintergrund des europäischen Rechts nach Auffassung der Bundesregierung dann überhaupt möglich?
(Deutscher Bundestag: FDP-Fraktion: ra)


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