Compliance-Ausschuss wird neu eingesetzt


Deutsche Bahn macht Tabula rasa und trennt sich von Vorständen und hochrangigen Managern
Bahnchef Grube betont vor dem Verkehrsausschuss, er wolle Vertrauen wiederherstellen


Rüdiger Grube:
Rüdiger Grube: Bei Gesetzesverletzungen würden alle strafrechtlichen und aktienrechtlichen Mittel angewendet werden, Bild: Deutsche Bahn AG

(15.05.09) - Der neue Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn AG (DB AG), Rüdiger Grube, will sich das Vertrauen der Politiker und der Mitarbeiter neu erarbeiten. Dies erklärte er am Mittwochnachmittag im Verkehrsauschuss, wo er die unmittelbar zuvor bekanntgewordenen Untersuchungsergebnisse der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG und der beiden Sonderermittler Hertha Däubler-Gmelin und Gerhard Baum vorstellte. Diese sollten herausfinden, welche Personen die Verantwortung in der Datenaffäre der DB AG haben, in der jahrelang Daten von 170.000 Mitarbeitern abgeglichen und E-Mails kontrolliert worden waren.

Grube betonte, dass 99,9 Prozent aller Bahnmitarbeiter nicht an den Vorfällen beteiligt waren. Bei den Verantwortlichen werde er aber personelle Konsequenzen ziehen. So habe sich der Aufsichtsrat schon am Vormittag von vier Vorstandsmitgliedern getrennt. Margret Sukale (geht zu BASF), Norbert Bensel, der erkrankte Norbert Hansen und Otto Wiesheu würden den Staatskonzern verlassen. Außerdem würden der Leiter der Konzernrevision und Sicherheit (Josef Bähr und Jens Puls) und der Chef der Compliance-Abteilung (Wolfgang Schaupensteiner) sich ebenfalls von ihren Jobs trennen.

Bemerkenswert an dem Massen-Exodus ist, dass keinem der betroffenen Manager ein "persönliches Fehlverhalten" vorgeworfen wird.

Der Vertrag mit dem Rechtsanwalt Edgar Joussen, der als Ombudsmann tätig war, wurde gekündigt. Darüber hinaus würde bei weiteren 25 Mitarbeitern geprüft, ob arbeitsrechtliche Schritte eingeleitet werden müssten. Der Bahnchef sprach sich für einen Neustart aus.

Strukturelle Veränderungen kündigte Grube vor allem im Bereich des Datenschutzes an. Um das Vertrauen wieder herzustellen, werde dafür ein neues Vorstandsmitglied berufen. Dieses solle allerdings nicht ein Mitarbeiter der Bahn sein, sondern von außen kommen. Außerdem werde unter anderem ein Compliance-Ausschuss eingesetzt und der gesamt IT-Bereich neu organisiert. Insgesamt werde die Datenschutzabteilung mit angemessenen Mitteln und Personal ausgestattet werden.

Grube kündigte an, dass bei Gesetzesverletzungen alle strafrechtlichen und aktienrechtlichen Mittel angewendet werden würden. Deshalb würden auch die Untersuchungsberichte sowohl dem Staatsanwalt als auch den Datenschutzbeauftragten übergeben werden. Dabei werde die Frage geprüft, ob Strafanträge gestellt werden könnten. "Ich hoffe, sie sehen, dass ich es wirklich ernst meine", sagte Grube gegenüber den Abgeordneten.

Die Sprecher aller Fraktionen attestierten dem neuen Bahnchef einen "glaubwürdigen Neuanfang". Wichtig sei es, jetzt zu prüfen, ob Abfindungsleistungen und Schadensersatzforderungen auf die Bahn zukommen könnten. Warum jetzt die Staatsanwälte gefragt seien, schilderte der Parlamentarische Staatssekretär im Verkehrsministerium, Achim Grossmann, der den Bund auch im Aufsichtsrat der DB AG vertritt: Danach hat die Bahn jeden Tag rund 140.000 E-Mails der Mitarbeiter auf bestimmte Schlagwörter, vor allem Namen, überprüft und beim Auftauchen der entsprechenden Namen die E-Mails auf einen anderen Rechner kopiert.

Am Freitagnachmittag seien diese E-Mails im sogenannten "Freitagskränzchen" von Bahn-Mitarbeitern gelesen worden. Was dann damit passiert sei, sei bisher noch nicht bekannt. Hier müsse der Staatsanwalt nun weiter ermitteln. (Deutscher Bundestag: Deutsche Bahn: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • E-Rechnung: E-Mail-Postfach reicht aus

    Für den Empfang einer E-Rechnung reicht künftig die Bereitstellung eines E-Mail-Postfachs aus. Das erklärt die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/12742) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (20/12563). Allerdings können die beteiligten Unternehmen auch andere elektronische Übermittlungswege vereinbaren.

  • Flächenkreislaufwirtschaft angestrebt

    Die Nutzung neuer Flächen für Bau- und Verkehrsprojekte soll weiter reduziert und bis 2050 auf "Netto-Null" reduziert werden. Dieses Ziel wird in dem von der Bundesregierung als Unterrichtung (20/12650) vorgelegten Transformationsbericht zum Bereich Nachhaltiges Bauen und Verkehrswende formuliert.

  • Förderung für Reparaturinitiativen statt Reparatur

    Die Bundesregierung will laut einer Antwort (20/12723) auf eine Kleine Anfrage der Gruppe Die Linke (20/12495) Reparaturinitiativen mit insgesamt drei Millionen Euro fördern. Die Einführung eines Reparaturbonus auf Elektrogeräte lehnt sie mit Verweis auf die Haushaltslage ab.

  • Vor möglichen Lieferengpässen gewarnt

    Eine Bedrohung der Arzneimittelversorgung ist nach Angaben der Bundesregierung durch das novellierte chinesische Anti-Spionage-Gesetz derzeit nicht zu befürchten. Es gebe einen engen Austausch mit den Ländern, um mögliche Bedenken und Risiken bei künftigen Inspektionsreisen zu minimieren, heißt es in der Antwort (20/12695) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/12482) der Unionsfraktion.

  • Bericht zur Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt

    Die Bundesregierung hat den "Bericht über die für die Europäische Kommission zu erstellenden Berichte über die durch die Strukturfonds geleisteten Beiträge zur Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt" als Unterrichtung (20/12550) vorgelegt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen