Mehr Rechtssicherheit für Fondsgesellschaften
EuGH: Fondsbeitritt als Haustürgeschäft widerrufbar - Anleger trägt bei Ausstieg Verluste mit
EuGH bestätigt Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - Fondsexperte Führlein: "EuGH stärkt Position der Emissionshäuser"
(23.04.10) - Der Beitritt zu einem kann als Haustürgeschäft gewertet und widerrufen werden. Der Fondszeichner hat in diesem Fall einen Anspruch darauf, den Wert seines Anteils zum Zeitpunkt des Widerrufs zurückzuerhalten. Steht der Fonds im Minus, muss sich der Zeichner entsprechend auch an den Verlusten beteiligen. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) entschieden (Az.: C-215/08). Auf dies Urteil machte jetzt Rödl & Partner aufmerksam.
Die EU-Richter bestätigen damit die Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs (BGH), der dem EuGH durch Beschluss vom 5.5.2008 (Az.: II ZR 292/06) zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt hatte.
"Der EuGH sorgt mit der heutigen Entscheidung für mehr Rechtssicherheit für Fondsgesellschaften und deren Anteilseigner", erklärt Martin Führlein, Partner von Rödl & Partner. "Die Entscheidung zu einem Widerruf wird sich ein Anleger zukünftig genau überlegen müssen. Denn über den Widerruf darf ein Anleger nicht besser gestellt werden, als andere Mitgesellschafter des Fonds."
In dem heute entschiedenen Fall erklärte der Beklagte 1991 in seiner Privatwohnung den Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer Personengesellschaft. 2002 widerrief er den Fondsbeitritt wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung. Daraufhin verlangte die Geschäftsführerin des Fonds vom Beklagten Nachzahlungen, weil zum Stichtag des Widerrufs ein negatives Auseinandersetzungsguthaben ermittelt wurde.
Im Berufungsverfahren hatte das Oberlandesgericht München die Anwendbarkeit des Haustürwiderrufsrechts bejaht und entschieden, dass der widerrufende Gesellschafter nicht seine ursprünglich geleistete Einlage zurückverlangen kann, sondern nur einen Anspruch auf ein Auseinandersetzungsguthaben besitzt. Dies könne bei Verlusten der Gesellschaft jedoch nicht zu einer Zahlungspflicht des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft führen. Denn die Europäische Richtlinie 85/577/EWG verbiete, dass den Verbraucher infolge des Widerrufs weitere Verpflichtungen aus dem widerrufenen Vertrag treffen.
Auch der BGH hält gemäß seiner bisherigen Rechtsprechung das Haustürwiderrufsrecht auf den Beitritt zu einem geschlossenen Fonds für anwendbar. Ferner stimmt er dem OLG darin zu, dass der wirksam erklärte Widerruf nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft zu behandeln ist und nur ein Anspruch des Verbrauchers auf ein zum Zeitpunkt des Widerrufs ermitteltes Auseinandersetzungsguthaben besteht.
Er teilt jedoch die Rechtsprechung des OLG München nicht, dass das Auseinandersetzungsguthaben keine Beteiligung an den Verlusten der Gesellschaft umfasst. Der Schutz der Mitgesellschafter gebiete, dass sich das Gesellschaftsvermögen nicht zum Nachteil der verbleibenden Gesellschafter dadurch verringert, dass der ausscheidende Gesellschafter einen höheren Betrag erhält als das auf seine Beteiligung entfallende Auseinandersetzungsguthaben. Der EuGH hat nun in vollem Umfang diese Rechtsprechung des BGH bestätigt.
Es steht zu erwarten, dass in Folge des EuGH-Urteil Kapitalanleger künftig weniger geneigt sind, sich durch einen Widerruf von ihren Beteiligungen an geschlossenen Fonds zu lösen und entsprechende Anlegerschutzverfahren anstrengen.
"Da ohnehin nur solche Anleger Grund zum Widerruf besitzen, deren Fonds sich in einer wirtschaftlichen Schieflage befindet, werden sie sich diesen Schritt gut überlegen, wenn die Gefahr besteht, dass der Widerruf Nachzahlungspflichten auslöst", betont Dr. Dietrich Wagner von Rödl & Partner Hamburg. Die Rechtsprechung von EuGH und BGH dient dem Schutz des Vermögens der Fondsgesellschaft und der Mitgesellschafter. "Die Emissionshäuser dürften das heutige EuGH-Urteil daher begrüßen", so Wagner. (Rödl & Partner: ra)
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