Streit um Neuregelung für Versicherungsvertrieb


Strikte Trennung der Vergütungsformen von Versicherungsmaklern und -vermittlern auf der einen sowie Versicherungsberatern auf der anderen Seite
In Deutschland praktizieren derzeit 318 unabhängige Versicherungsberater, denen rund 230.000 Versicherungsmakler gegenüberstehen



Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Versicherungsvertriebs (18/11627) hat bei Verbandsvertretern und Verbraucherschützern unterschiedliche Bewertungen gefunden. Umstritten war in einer Anhörung des Wirtschaftsausschusses insbesondere die vorgesehene strikte Trennung der Vergütungsformen von Versicherungsmaklern und -vermittlern auf der einen sowie Versicherungsberatern auf der anderen Seite. Dem Entwurf zufolge sollen Makler und Vermittler ihr Einkommen ausschließlich aus Provisionen der Anbieter beziehen. Die Betroffenen sehen darin eine unzulässige Einschränkung ihrer Berufsfreiheit und eine Existenzbedrohung.

Mit der Neuregelung setzt die Bundesregierung eine einschlägige EU-Richtlinie in nationales Recht um, deren Zweck eine europaweite "Minimalharmonisierung" des Versicherungsmarktes ist. Dabei bleibt dem nationalen Gesetzgeber die Möglichkeit, in bestimmten Bereichen stärker oder sogar schwächer zu regulieren. Die Bundesregierung verbindet mit dem Gesetzentwurf ihre im Koalitionsvertrag vereinbarte Absicht, aus Gründen des Verbraucherschutzes den Berufsstand der Versicherungsberater zu stärken. So wird deren Befugnis, auch Verträge zu vermitteln, jetzt ausdrücklich festgeschrieben.

In Deutschland praktizieren derzeit 318 unabhängige Versicherungsberater, denen rund 230.000 Versicherungsmakler gegenüberstehen. Ein Versicherungsberater erhält sein Honorar ausschließlich von dem Kunden, dem er einen Weg durchs Dickicht der Versicherungsangebote zu bahnen hilft. Er ist also nicht unbedingt daran interessiert, dass es zum Vertragsabschluss kommt. Dagegen beziehen Versicherungsmakler in der Regel eine erfolgsabhängige Provision vom Anbieter nach Vermittlung eines Vertrages. In vielen Fällen bieten sie darüber hinaus aber auch Beratungsleistungen gegen Honorar an. Das will ihnen der Gesetzgeber zumindest im Privatkundengeschäft jetzt untersagen. Im Entwurf steht dafür der Begriff des "Provisionsgebots".

In der Anhörung warnte der Vertreter des Bundesverbandes Finanzdienstleistung, Frank Rottenbacher, vor drohenden Einkommensverlusten. Nach seinen Worten rechnet etwa die Hälfte der Versicherungsmakler mit Privatkunden gelegentlich auch Honorare ab. Von ihnen erwirtschafteten 20 Prozent auf diese Weise bis zu fünf Prozent ihres Umsatzes, weitere fünf Prozent sogar sogar zwischen einem Viertel und der Hälfte: "Für unsere Mitglieder ist es wichtig, dass sie weiterhin Honorare beziehen können."

In seiner schriftlichen Stellungnahme vor der Anhörung hatte der von Rottenbacher vertretene Verband mit harscher Kritik nicht gespart. Dem Gesetzentwurf liege offenbar die Vorstellung zugrunde, dass "Makler geld- und von Interessenskonflikten getriebene Egoisten" seien, denen eine "verbraucherorientierte Beratung nicht zugetraut werden kann, und denen somit das Geschäftsfeld massiv beschnitten werden muss". Es werde ein Bild vom "guten" Honorarberater und "bösen" Versicherungsmakler vermittelt: "Diese implizit ausgesprochene Unterstellung weisen wir hiermit in aller Form für unsere Mitglieder zurück."

Für den Verband Deutscher Versicherungsmakler beklagte Hans-Georg Jenssen, dass sein Berufsstand künftig an die Provisionen der Anbieter "gekettet" werden solle, und stellte die europarechtliche Zulässigkeit in Frage. In der EU-Richtlinie werde dem nationalen Gesetzgeber zwar freigestellt, Provisionsgeschäfte generell zu verbieten, nicht aber, sie für bestimmte Branchen anzuordnen. Sinnvoller wäre es, meinte Jenssen, die Honorare der Versicherungsberater zu begrenzen, die gelegentlich "knapp an der Sittenwidrigkeit" lägen.

Von einem "unverhältnismäßigen Eingriff" in die Gewerbefreiheit sprach Wolfgang Eichele vom Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute. Auch er deutete an, dass die geplante Regelung europarechtswidrig sein könnte. Das "starre Honorarverbot" des deutschen Gesetzgebers für die Makler widerspreche der Vorgabe der EU-Richtlinie, dass Versicherungsvermittlern im Prinzip "alle Vergütungsformen" offenstehen sollten. Die vorgesehene Regelung sei für die Betroffenen ein Hindernis, "weitere Geschäftsfelder zu erschließen". Ihnen drohe, "immer mehr Tätigkeiten für immer weniger Provision" ausüben zu müssen.

Für den Bundesverband der Verbraucherzentralen begrüßte dessen Vertreter Lars Gatschke die "klare Trennung" von Honorar- und Provisionsgeschäften. Das bisherige "Nischendasein" der Versicherungsberater sei eine Folge der "Rosinenpickerei" der Makler, die im Wettbewerb von "Mischmodellen" profitierten. Wesentlich im Sinne des Verbraucherschutzes sei, dass die Leistung der Berater "nicht verkaufsorientiert", sondern "ergebnisoffen" sei. (Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 28.06.17
Home & Newsletterlauf: 05.07.17


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • E-Rechnung: E-Mail-Postfach reicht aus

    Für den Empfang einer E-Rechnung reicht künftig die Bereitstellung eines E-Mail-Postfachs aus. Das erklärt die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/12742) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (20/12563). Allerdings können die beteiligten Unternehmen auch andere elektronische Übermittlungswege vereinbaren.

  • Flächenkreislaufwirtschaft angestrebt

    Die Nutzung neuer Flächen für Bau- und Verkehrsprojekte soll weiter reduziert und bis 2050 auf "Netto-Null" reduziert werden. Dieses Ziel wird in dem von der Bundesregierung als Unterrichtung (20/12650) vorgelegten Transformationsbericht zum Bereich Nachhaltiges Bauen und Verkehrswende formuliert.

  • Förderung für Reparaturinitiativen statt Reparatur

    Die Bundesregierung will laut einer Antwort (20/12723) auf eine Kleine Anfrage der Gruppe Die Linke (20/12495) Reparaturinitiativen mit insgesamt drei Millionen Euro fördern. Die Einführung eines Reparaturbonus auf Elektrogeräte lehnt sie mit Verweis auf die Haushaltslage ab.

  • Vor möglichen Lieferengpässen gewarnt

    Eine Bedrohung der Arzneimittelversorgung ist nach Angaben der Bundesregierung durch das novellierte chinesische Anti-Spionage-Gesetz derzeit nicht zu befürchten. Es gebe einen engen Austausch mit den Ländern, um mögliche Bedenken und Risiken bei künftigen Inspektionsreisen zu minimieren, heißt es in der Antwort (20/12695) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/12482) der Unionsfraktion.

  • Bericht zur Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt

    Die Bundesregierung hat den "Bericht über die für die Europäische Kommission zu erstellenden Berichte über die durch die Strukturfonds geleisteten Beiträge zur Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt" als Unterrichtung (20/12550) vorgelegt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen