Folgen aus EuGH-Urteil zu Schiedsklauseln


Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union zu Schiedsklauseln in Investitionsschutzabkommen
Zwischen den Mitgliedstaaten der EU bestehen gegenwärtig 196 weitere BITs, die ähnliche Schiedsklauseln enthalten - Durch das Urteil des EuGH werden diese jetzt in Frage gestellt



Die Deutsche Bundesregierung sieht sich durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in ihrer Auffassung in einem Rechtsstreit mit dem Vattenfall-Konzern bestärkt. In der Antwort (19/2174) auf eine Kleine Anfrage (19/1625) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erklärt sie, die Zulässigkeit eines Schiedsverfahrens bei auf den Energiecharta-Vertrag gestützten Klagen von einem Unternehmen aus der EU gegen ein Land der EU müsse neu bewertet werden, da es sich um eine vergleichbare Ausgangssituation handelt.

Der EuGH hatte entschieden, dass internationale Schiedsgerichte bei Streitigkeiten zwischen EU-Staaten über Investitionen nicht gelten. Konkret ging es um einen Konflikt zwischen der Slowakei und den Niederlanden. Der schwedische Vattenfall-Konzern wiederum hatte beim Internationalen Schiedsgericht der Weltbank (ICSID) in Washington gegen die dauerhafte Stilllegung der beiden schleswig-holsteinischen Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel Klage eingereicht. Es geht um eine Forderung von insgesamt 4,7 Milliarden Euro Schadenersatz plus Zinsen. Die Bundesregierung hat beantragt, die Klage abzuweisen und hält sie für unzulässig und unbegründet.

Vorbemerkung der Fragesteller
Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat am 6. März 2018 geurteilt, dass die im Investitionsschutzabkommen zwischen den Niederlanden und der Slowakei enthaltene Schiedsklausel nicht mit Unionsrecht vereinbar ist. Das bilaterale Abkommen zur Förderung und zum Schutz von Investitionen (BIT) wurde 1991 zwischen der ehemaligen Tschechoslowakei und den Niederlanden geschlossen. Es enthält, wie viele andere BITs, eine Schiedsklausel. Diese regelt, dass Streitigkeiten zwischen einer Vertragspartei und einem Investor vor einem Schiedsgericht entschieden werden. Die Slowakei hatte gegen ein Urteil eines deutschen Schiedsgerichtes geklagt, das sie zu einem Schadensersatz in Millionenhöhe gegenüber dem niederländischen Investor Achmea verurteilt hatte.

Der EuGH kam in seinem Urteil zu dem Schluss, dass die Mitgliedstaaten in dem Vertrag mit Regelung eines Investor-Staat-Schiedstribunals vom Unionsrecht erfasste Bereiche einer Überprüfung durch die Gerichte der EU entzögen. Jedoch könne nur die Überprüfbarkeit durch den EuGH die volle Wirksamkeit des Unionrechts gewährleisten.

Zwischen den Mitgliedstaaten der EU bestehen gegenwärtig 196 weitere BITs, die ähnliche Schiedsklauseln enthalten. Durch das Urteil des EuGH werden diese jetzt in Frage gestellt. Darüber hinaus ist noch offen, welche Auswirkungen das Urteil auf BITs mit Ländern außerhalb der EU hat und wie das Urteil Freihandels- und Investitionsschutzabkommen, die wie z. B. CETA Schiedsklauseln enthalten, beeinflusst. Auch die Energiecharta, auf Basis derer zurzeit eine Klage der Vattenfall GmbH (und weiterer Kläger) gegen die Bundesrepublik Deutschland vor einem Schiedsgericht behandelt wird und die Entscheidung kurz bevor stehen soll, könnte möglicherweise von dem Urteil betroffen sein.
(Deutsche Bundesregierung: ra)

eingetragen: 28.05.18
Newsletterlauf: 29.06.18


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