Aufarbeitung des Wirecard-Skandals
Aufenthaltsort des flüchtigen Ex-Wirecard-Managers Marsalek
Jan Marsalek war Manager des insolventen Finanzdienstleisters Wirecard und wird mit internationalem Haftbefehl gesucht
Die AfD-Fraktion will von der Bundesregierung wissen, seit wann ihr Erkenntnisse über den Aufenthaltsort des seit Juni 2020 flüchtigen früheren Wirecard-Managers Jan Marsalek vorliegen. In einer Kleinen Anfrage (20/1947) erkundigen sich die Abgeordneten, wann der frühere Bundesaußenminister Heiko Maas, der frühere Bundesfinanzminister Olaf Scholz, der frühere Bundesinnenminister Horst Seehofer und die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel über ein "nach Presseberichten" unterbreitetes Angebot russischer Dienste informiert wurden, Jan Marsalek durch den Bundesnachrichtendienst verhören zu lassen.
Die Fraktion fragt unter anderem, weshalb sich die Bundesregierung "laut Presseberichten" gegen ein Verhör Jan Marsaleks durch deutsche Stellen entschieden habe und ob sie sich dafür einsetzt, dass einem "Inhaftnahmeersuchen" der Staatsanwaltschaft München I stattgegeben wird. Jan Marsalek war Manager des insolventen Finanzdienstleisters Wirecard und wird mit internationalem Haftbefehl gesucht.
Vorbemerkung der Fragesteller:
Ende Juni 2020 meldete die Wirecard AG, die 2018 die Commerzbank aus dem DAX verdrängt hatte, Insolvenz an. Wenige Tage zuvor war dem bayerischen Konzern das Testat für das Bilanzjahr 2019 verweigert worden. Kurz darauf wurden Teile der Unternehmensführung aufgrund des Verdachts des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs verhaftet. Der vormalige COO Wirecards, Jan Marsalek, entzog sich einer Verhaftung durch Flucht. Er wird seither mit internationalem Haftbefehl gesucht.
Die Ereignisse um den deutschen Zahlungsabwickler erschütterten den Finanzplatz Deutschland und führten schließlich zur Einrichtung eines Untersuchungsausschusses, der bereits im Juni 2021 dem Deutschen Bundestag einen Bericht übermittelte. Unterdessen laufen die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden und die juristische Aufarbeitung des Wirecard-Skandals unvermindert weiter. Im März 2022 erhob die zuständige Staatsanwaltschaft München I Anklage gegen den früheren Unternehmenschef Markus Braun und zwei weitere vormalige Top-Manager des Konzerns.
Kürzlich wurden Presseberichte veröffentlicht, die detaillierte Informationen über den gegenwärtigen Aufenthaltsort Jan Marsaleks vorlegten. Diesen Berichten zufolge ist Jan Marsalek nach Russland geflohen, mit dem Wissen der russischen Nachrichtendienste. Ferner sollen der Bundesnachrichtendienst (BND) und das Bundeskanzleramt seit Anfang 2021 nicht allein vom Aufenthaltsort Jan Marsaleks gewusst haben. Der russische Nachrichtendienst FSB soll dem BND sogar eine Befragung Jan Marsaleks angeboten haben, wovon das Bundeskanzleramt ebenfalls gewusst haben soll.
Die Staatsanwaltschaft München I soll hingegen über das russische Angebot, Jan Marsalek in Russland zu verhören, 2021 nicht informiert worden sein. Vor einigen Tagen wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft München I ein Inhaftnahmeersuchen betreffs Jan Marsalek an die russische Regierung gestellt hat. Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden einige Details zum Kenntnisstand Bundesregierung in puncto Jan Marsalek erfragt.
(Deutscher Bundestag: ra)
eingetragen: 07.06.22
Newsletterlauf: 22.08.22
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