Defizite bei der Lebensmittelvermarktung


Studie: Kennzeichnung und Aufmachung von Lebensmitteln täuscht viele Verbraucher
Befragungsergebnisse zeigen, dass die Kritik, die an der Kennzeichnung von Lebensmitteln geäußert wird, keine Einzelmeinungen sind


(12.07.12) - Ob deutscher Käse in griechischer Aufmachung, Formfleisch statt abgebildeter Hähnchenbrust oder "Acerolasaft" mit der Hauptzutat Apfelsaft - die Aufmachung und Kennzeichnung von Lebensmitteln führt bei vielen Verbrauchern zu Missverständnissen und weckt falsche Erwartungen. So lautet das Ergebnis einer aktuellen Befragung von 750 Verbraucherinnen und Verbrauchern zum Lebensmittelmarkt. Die Studie wurde im Auftrag der Verbraucherzentralen von der Universität Göttingen und der Agrifood Consulting GmbH erstellt. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Verbraucherzentralen fordern verlässliche, unabhängige (Leit-)Siegel und klare Regeln zur Bewerbung von Qualitätseigenschaften bei Lebensmitteln.

Bei den untersuchten 15 Beispielen geht es um Verpackungsaufschriften zu Regionalität, Zutaten und Herstellungstechniken, die aus Sicht vieler Verbraucher mehr versprechen als sie halten. So wird zum Beispiel deutscher Käse mit griechisch anmutendem Produktnamen und landestypischen Motiven vermarktet. Hier fühlen sich 72 Prozent der Verbraucher getäuscht. Eine Instantsuppe mit der Werbeaufschrift "ohne Geschmacksverstärker" enthält anstelle von Glutamat Hefeextrakt. Dieser wirkt zwar ähnlich, gilt lebensmittelrechtlich aber nicht als geschmacksverstärkender Zusatzstoff. Über solche Kennzeichnungsmethoden ärgern sich 64 Prozent der Verbraucher.

"Die Befragungsergebnisse zeigen, dass die Kritik, die an der Kennzeichnung von Lebensmitteln geäußert wird, keine Einzelmeinungen sind", erklärt Studienleiterin Dr. Anke Zühlsdorf. In der Befragung wurde anhand ausgewählter Praxisbeispiele erstmals systematisch untersucht, inwieweit die Aufmachung von Lebensmitteln bei Verbrauchern Missverständnisse über die tatsächliche Produktbeschaffenheit auslöst. Die bevölkerungsrepräsentative Online-Befragung belegt, dass das Verwirrungspotenzial bei der Lebensmittelvermarktung hoch ist und alle Verbrauchergruppen betrifft – weitgehend unabhängig von Alter, Bildung und Geschlecht der Befragten und ihrer allgemeinen Einstellung gegenüber Werbung.

"Gut drei Viertel der Verbraucher gehen davon aus, dass Lebensmittel auf der Verpackung oft besser dargestellt werden als sie es sind”, erläutert Prof. Spiller vom Lehrstuhl Marketing für Lebensmittel an der Universität Göttingen. "Der Qualitätswettbewerb im Lebensmittelmarkt kann aber nur funktionieren, wenn die Verbraucher den Kommunikationsaussagen der Anbieter vertrauen können". Das wird heute immer wichtiger, weil Vertrauenseigenschaften wie Regionalität, Tier- oder Umweltschutz vom Verbraucher nicht selbst nachgeprüft werden können. "Es liegt im Eigeninteresse der Lebensmittelwirtschaft, das Verbrauchervertrauen in Qualitätsaussagen der Hersteller zu stärken - sonst geht es nur noch um den Preis", so Prof. Spiller.

vzbv und Verbraucherzentralen fordern verlässliche Siegel
Die Untersuchung belegt, dass die Qualitätsangaben der Hersteller Verbraucher oft weniger aufklären als vielmehr verunsichern. "Zwischen Werbe- und Produktrealität klafft oft eine große Lücke, die Politik und Hersteller schließen müssen. Damit sich Verbraucher für Qualität entscheiden können, brauchen sie verlässliche Angaben und Regelungen, die vor Irreführung und Täuschung schützen”, fordert der Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands Gerd Billen. Dies bedeutet konkret:

Benötigt wird mehr Orientierung durch verlässliche (Leit-)Siegel, die im Zweifelsfalle durch den Staat analog zum Biosiegel eingeführt werden müssen. Unter anderem muss Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner verbindliche Kriterien für die Verwendung des Begriffs "regional" schaffen.

Es braucht mehr Klarheit und Wahrheit bei der Kennzeichnung von Qualitätseigenschaften auf der Produktvorderseite. Hierzu gehört, dass die Auslobung von Zutaten auf der Hauptschauseite, den damit geweckten Verbrauchererwartungen entsprechen muss. Hier sind die Anbieter in der Pflicht.

Den Verbraucherinteressen muss mehr Gewicht in Gremien, wie der Deutschen Lebensmittelbuchkommission (DLBK), eingeräumt werden. Gleichzeitig muss der, Gesetzgeber der Lebensmittelbuchkommission ein angemessenes Budget für eigene Marktrecherchen bereitstellen, damit diese unabhängige Expertisen über Verbrauchererwartungen einholen kann. (Verbraucherzentrale Bundesverband: ra)

Verbraucherzentrale Bundesverband: Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Studien

  • Gefahren von strategischer Korruption

    Transparency International hat den Korruptionswahrnehmungsindex 2024 (Corruption Perceptions Index, CPI) veröffentlicht. Der jährlich erscheinende Index ist der weltweit bekannteste Korruptionsindikator. Er umfasst 180 Staaten und Gebiete und bewertet den Grad der in Politik und Verwaltung wahrgenommenen Korruption. Der Meta-Index beruht auf der Einschätzung von Experten sowie Führungskräften.

  • Budgets für Datenschutz 2025 werden sinken

    Mehr als zwei von fünf (45 Prozent) Datenschutzbeauftragten in Europa glauben, dass das Datenschutzbudget ihrer Organisation unterfinanziert ist. Dies bedeutet einen Anstieg von 41 Prozent im Jahr 2024. Mehr als die Hälfte (54 Prozent) erwartet zudem, dass die Budgets im Jahr 2025 weiter sinken werden. Das geht aus einer neuen Studie von ISACA hervor, dem weltweit führenden Berufsverband, der Einzelpersonen und Organisationen bei ihrem Streben nach Digital Trust unterstützt.

  • Compliance-Regulierungsdruck nimmt weltweit zu

    Sphera hat ihren Supply Chain Risk Report 2025 veröffentlicht. Dieser Bericht umfasst eine eingehende Analyse der dringendsten Risiken und aufkommenden Chancen, die die globalen Lieferketten verändern. Er bietet Führungskräften aus den Bereichen Beschaffung, Lieferkette und Nachhaltigkeit handlungsrelevante Einblicke, um die komplexen Herausforderungen zu meistern, mit denen sich Unternehmen angesichts neuer gesetzlicher Bestimmungen, wirtschaftlicher Unbeständigkeit und erhöhter ökologischer und sozialer Verantwortung auseinandersetzen müssen.

  • Digitale Steuer-Transformation

    Eine von Vertex veröffentlichte Studie zeigt, dass Fachkräftemangel und Qualifikationsdefizite in Steuerteams Unternehmen auf ihrem Weg zu einer erfolgreichen digitalen Steuer-Transformation behindern können. Die Studie "Global Tax Transformation" befragte 610 Fachleute in Europa und den USA, um die aktuelle Situation in den Unternehmen und die Einstellung der Fachleute zur Transformation in ihrer Organisation zu verstehen.

  • NIS2-Richtlinie & wie es um die Vorbereitung steht

    Eine aktuelle Veeam-Studie zur NIS2-Richtlinie zeichnet ein ernüchterndes Bild der IT-Sicherheitslage in deutschen Unternehmen. Während sich 70 Prozent der befragten Firmen gut auf die neue EU-Richtlinie vorbereitet fühlen, sind nur 37 Prozent von ihnen nach eigener Angabe tatsächlich konform zur NIS2. Diese eklatante Diskrepanz zwischen Selbstwahrnehmung und Realität ist bezeichnend für den oftmals leider noch zu laxen Umgang vieler Organisationen mit Cyber-Sicherheit und vor allem im KRITIS-Bereich bedenklich.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen