Nachschlüssel für TLS-verschlüsselte Verbindungen


Verschlüsselung: Von der TLS-Überwachung zur Massenüberwachung?
IT-Sicherheitsexperte mahnt: Degradierung des Diffie-Hellman-Verfahrens zum Zwecke eines Netzwerk-Monitorings wäre eine reine Abhörmaßnahme



Die Arbeiten am neuen Verschlüsselungsprotokoll TLS 1.3. sind so gut wie beendet und TLS 1.3 ist kurz davor in die Standardisierungsphase zu gehen. Ausgerechnet jetzt streiten jedoch Gegner und Befürworter über einen möglichen "Nachschlüssel" für TLS-verschlüsselte Verbindungen in Rechenzentren.

Während des 99. IETF-Meetings in Prag kam ein Entwurf auf den Tisch, der als Erweiterung für TLS 1.3 eingesetzt werden soll und das Einsetzen des Verschlüsselungsprotokolls in Rechenzentren beschreibt. Konkret geht es um einen Entwurf zu Data Center use of Static Diffie-Hellman in TLS1.3 und wie das von TLS 1.3 geforderte Diffie-Hellman-Verfahren so degradiert werden kann, dass ein passives Netzwerk-Monitoring möglich ist.

"Das ist eine reine Abhörmaßnahme, die da im Standard festgeschrieben werden würde. Mit ihrem sehr knappen Voting dagegen hat die IETF dem aber einen Riegel vorgeschoben. Denn das vorgeschlagene Prinzip würde das Krypto-Verfahren Perfect Forward Secrecy einfach aushebeln", kritisiert Christian Heutger, Geschäftsführer der PSW Group.

Insbesondere Banken, aber auch andere Großkonzerne, sind per Gesetz dazu verpflichtet, den eigenen Netzwerkverkehr im eigenen Rechenzentrums-Netz zu überwachen. Das soll helfen, Manipulationen durch Mitarbeiter aufdecken zu können. Die mittels TLS 1.3 eingeführten Pläne würden es Betreibern riesiger Rechenzentren erschweren, auf Fehlersuche zu gehen und diese zu beheben. Die so verursachten längeren Zeiten für die Fehlersuche und -behebung würden einem DDOS-Angriff gleichen. Beispielsweise könnte der Traffic auf Firewall-Applikationen, Load-Balancern oder weiteren Fronting-Servern, die dem Serverendpunkt der TLS-Verbindung vorangehen, durch die Verschlüsselung bei einem Fehler unzureichend analysiert werden.

Dieses Problem soll nach dem Willen einiger Konferenz-Teilnehmer direkt auf der Ebene des TLS-Protokolls gelöst werden. Dafür wurde ein "statischer Diffie-Hellman-Schlüssel" vorgeschlagen. Dieser wird auf dem TLS-oder auf einem zentralen Key-Management-Server erzeugt und dann im Rechenzentrum weiterverteilt. Anstelle des eigentlichen vom Server generierten Schlüssels wird ein "statischer Schlüssel" gemeinsam mit zufälligen Nonce-Werten zum Aufbauen der Verbindungen verwendet. Diesen könnten Betreiber von Rechenzentren dafür verwenden, den internen Traffic zur weiterführenden Analyse beim Fehlersuchen zu entschlüsseln. Damit geht aber auch die wichtigste Eigenschaft von Diffie Hellman verloren: die Perfect Forward Secrecy.

"Die Umsetzung von Perfect Forward Secrecy ist aber eines der Hauptziele von TLS in der Version 1.3. Damit dieses Prinzip erhalten bleiben kann, müssen die Schlüssel je Sitzung neu generiert werden. Dies ist bei Verwendung statischer Schlüssel nicht konsequent möglich", kritisiert Christian Heutger. Perfect Forward Secrecy verhindert durch Bildung eines Sitzungsschlüssels das nachträgliche Entschlüsseln. Selbst wenn der Serverschlüssel als Zertifikateteil kompromittiert wird, bleibt die Verschlüsselung geschützt. (PSW Group: ra)

eingetragen: 20.08.17
Home & Newsletterlauf: 15.09.17

PSW Group: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Kommentare und Meinungen

  • Künstliche Intelligenz: Was für Unternehmen gilt

    Seit Sonntag, 2. Februar 2025 sind weitere Regelungen der europäischen KI-Verordnung (AI Act) in Kraft. Dabei handelt es sich zum einen um Verbote von bestimmten KI-Praktiken wie Social-Scoring-Systemen, manipulative KI-Techniken oder Emotionserkennung am Arbeitsplatz. Zum anderen greifen Vorgaben für KI-Kompetenzanforderungen von Beschäftigten.

  • AI Act: Doppelarbeit & Unsicherheiten vermeiden

    Ab dem 2. Februar 2025 verbietet der AI Act Manipulation durch KI, Social Scoring und biometrische Fernidentifikation in Echtzeit - ein entscheidender Schritt für Ethik und Verbraucherschutz. Die EU setzt damit ein klares Zeichen für einen einheitlichen Rechtsrahmen, der auf Ethik, Diversität und Datensicherheit basiert.

  • EU AI Act setzt weltweit Maßstäbe

    Anlässlich des Europäischen Datenschutztags am 28. Januar 2025 betonte der BvD-Ausschuss Künstliche Intelligenz die Bedeutung des EU AI Acts als wegweisende Regulierung für den verantwortungsvollen Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI).

  • Auswirkungen von Risk Exposure auf Compliance

    Mit der DSGVO, DORA und der derzeit in der Luft hängenden NIS2 werden immer mehr Vorschriften und Richtlinien eingeführt, die Unternehmen beachten müssen. Dies hat dazu geführt, dass einige Unternehmen der Meinung sind, dass die Einhaltung der Vorschriften eher eine Belastung als ein Anfang zur Verbesserung ihrer Sicherheitsmaßnahmen ist.

  • NIS2-Umsetzung nicht vor Herbst 2025?

    Gegen Deutschland wurde wegen bisher nicht erfolgten Umsetzung der NIS2-Richtlinie sowie der Richtlinie über die Resilienz kritischer Infrastrukturen ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Angesichts der Verzögerungen im Gesetzgebungsprozess in den vergangenen Jahren kommt das nicht wirklich überraschend - ist doch inzwischen mit einer NIS2-Umsetzung nicht vor Herbst nächsten Jahres zu rechnen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen