Beschränkungen im Rahmen von Lizenzen
Kartellrecht: Europäische Kommission prüft Beschränkungen für die grenzüberschreitende Erbringung von Pay-TV-Diensten
Die Bestimmungen über den "absoluten Gebietsschutz" gewährleisten, dass die von den US-amerikanischen Filmstudios lizenzierten Filme ausschließlich in dem Mitgliedstaat gezeigt werden, in dem der entsprechende Sender über Satellit und Internet Inhalte ausstrahlt
(03.02.14) - Die Europäische Kommission hat ein förmliches Kartellverfahren eingeleitet, um bestimmte Bestimmungen in Lizenzvereinbarungen zwischen mehreren großen US-amerikanischen Filmstudios (Twentieth Century Fox, Warner Bros., Sony Pictures, NBCUniversal, Paramount Pictures) und den größten europäischen Pay-TV-Sendern wie BSkyB (Vereinigtes Königreich), Canal Plus (Frankreich), Sky Italia, Sky Deutschland und DTS (Spanien) zu überprüfen. Die Kommission wird insbesondere untersuchen, ob diese Bestimmungen die Sender daran hindern, ihre Dienstleistungen grenzüberschreitend anzubieten, z. B. weil sie diese dazu anhalten, potenzielle Kunden aus anderen Mitgliedstaaten abzulehnen oder den grenzüberschreitenden Zugang zu ihren Diensten zu blockieren. Die Tatsache, dass die Kommission ein Verfahren einleitet, greift dem Ergebnis der Untersuchung nicht vor; es bedeutet lediglich, dass die Kommission diese Sache eingehender untersuchen wird.
Zur Ausstrahlung audiovisueller Inhalte, z. B. Spielfilme, vergeben die US-amerikanischen Filmstudios ausschließliche Lizenzen für ein bestimmtes Gebiet an Pay-TV-Sender, d. h. in der Regel an einen einzigen Pay-TV-Sender in jedem Mitgliedstaat (oder in mehreren Mitgliedstaaten mit einer gemeinsamen Sprache). Nach der 20121 erfolgten allgemeinen Bestandsaufnahme wird die Kommission jetzt prüfen, ob bestimmte Bestimmungen zur Satellitenübertragung bzw. zum Online-Streaming in Lizenzvereinbarungen zwischen US-amerikanischen Filmstudios und den größten europäischen Pay-TV-Sendern, die den Sendern einen "absoluten Gebietsschutz" einräumen, möglicherweise gegen das EU-Kartellrecht verstoßen, das wettbewerbswidrige Vereinbarungen verbietet (Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV).
Die Bestimmungen über den "absoluten Gebietsschutz" gewährleisten, dass die von den US-amerikanischen Filmstudios lizenzierten Filme ausschließlich in dem Mitgliedstaat gezeigt werden, in dem der entsprechende Sender über Satellit und Internet Inhalte ausstrahlt. Diese Filme dürfen nicht außerhalb dieses Mitgliedstaats ausgestrahlt werden, auch nicht nach unangeforderten Anfragen potenzieller Kunden aus anderen Mitgliedstaaten.
Hintergrund der Prüfung in der Pay-TV-Branche
Im Oktober 2011 hat sich der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil Premier League/Murphy (verbundene Rechtssachen C-403/08 und C-429/08) mit Beschränkungen im Rahmen von Lizenzen befasst, die Sendern die ausschließlichen Rechte für die Live-Ausstrahlung von "Premier League"-Spielen für ein bestimmtes Gebiet einräumen, das in der Regel dem Hoheitsgebiet des entsprechenden Mitgliedstaats entspricht. Die Lizenzbestimmungen führten dazu, dass die Fernsehzuschauer nur die Spiele schauen konnten, die von den in ihrem eigenen Wohnsitzland niedergelassenen Sendern ausgestrahlt wurden. Der Gerichtshof hat darauf hingewiesen, dass die Lizenzbestimmungen, die Satellitensendern die Ausstrahlung von Sendungen für Kunden außerhalb des Lizenzgebiets untersagen, jedem Sender in dem von seiner Lizenz erfassten Gebiet eine absolute gebietsabhängige Exklusivität einräumen und damit jeder Wettbewerb zwischen Sendern ausgeschaltet und der Markt nach den nationalen Grenzen abgeschottet wird. Ferner stellte der Gerichtshof fest, dass solche Bestimmungen nicht durch die Notwendigkeit gerechtfertigt werden könnten, eine angemessene Vergütung für die Rechteinhaber zu gewährleisten. Denn die Vergütung könne unter Zugrundelegung der tatsächlichen und potenziellen Einschaltquoten sowohl im Sendemitgliedstaat als auch in jedem anderen Mitgliedstaat, in dem die Sendungen empfangen werden, berechnet werden.
Allgemeine Informationen zu Kartellverfahren
Nach Artikel 101 AEUV sind wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zwischen Unternehmen und wettbewerbsbeschränkende Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen verboten. Wie diese Bestimmung umzusetzen ist, regelt die Kartellverordnung (Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates), die sowohl von der Kommission als auch von den Wettbewerbsbehörden der EU-Mitgliedstaaten angewendet werden kann.
Nach Artikel 11 Absatz 6 der Kartellverordnung entfällt mit der Verfahrenseinleitung durch die Kommission die Zuständigkeit der jeweiligen mitgliedstaatlichen Wettbewerbsbehörden für die Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts in dem betreffenden Fall. Die Gerichte der Mitgliedstaaten dürfen keine Entscheidungen fällen, die einem Beschluss zuwiderlaufen, den die Kommission in einem von ihr eingeleiteten Verfahren zu erlassen beabsichtigt (Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung).
Die Kommission hat die Unternehmen und die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten von der Verfahrensleitung in dieser Sache unterrichtet.
Für den Abschluss der Ermittlungen zu wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen gibt es keine verbindliche Frist. Die Dauer einer kartellrechtlichen Untersuchung hängt von mehreren Faktoren ab, unter anderem von der Komplexität des jeweiligen Falls, der Bereitschaft des betreffenden Unternehmens zur Zusammenarbeit mit der Kommission sowie der Ausübung der Verteidigungsrechte. (Europäische Kommission: ra)
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