Defizite bei Nachhaltigkeitsberichten
Studie: Deutsche Großunternehmen berichten zu wenig über Korruptionsbekämpfung und Lobbyismus
Bei der Berichterstattung zur Korruptionsbekämpfung geben die Unternehmen im Durchschnitt weniger als 50 Prozent der von den GRI-Standards geforderten Informationen an – und die Auslassungen werden überwiegend nicht begründet
Der Wirecard-Skandal hat die Debatte über die Rolle von Wirtschaftsprüfern angefacht. Eine neue Studie von Transparency Deutschland zeigt: Bei Nachhaltigkeitsberichten erhalten Großunternehmen das Siegel der Wirtschaftsprüfer, auch wenn diese tatsächlich nur äußerst wenige Unternehmensangaben geprüft haben. Transparency Deutschland hat zum vierten Mal die nach den GRI-Standards erstellten Nachhaltigkeitsberichte deutscher Großunternehmen mit Blick auf die Themen Korruption und politische Einflussnahme untersucht. Das Ergebnis: Insgesamt sind die Nachhaltigkeitsberichte zu unvollständig, uneinheitlich und nicht ausreichend transparent. Dadurch ist keine Vergleichbarkeit der ethischen Bemühungen der Unternehmen gegeben.
Bei der Berichterstattung zur Korruptionsbekämpfung geben die Unternehmen im Durchschnitt weniger als 50 Prozent der von den GRI-Standards geforderten Informationen an – und die Auslassungen werden überwiegend nicht begründet. Damit liegt eine bemerkenswert hohe Zahl an Verstößen gegen den GRI-Berichtsrahmen vor. Darüber hinaus erteilen einige Unternehmen nach wie vor keine Auskünfte zu Lobbying und Parteispenden.
Dazu Manfred zur Nieden, Projektleiter und Autor der Studie: "Dass die Unternehmen gerade über Korruptionsbekämpfung so wenig berichten, belegt leider wieder einmal, dass Freiwilligkeit auch über viele Jahre nicht zum Ziel führt. Dasselbe gilt für Lobbyaktivitäten und Parteispenden: Angesichts ihrer Bedeutung für unsere Demokratie und Rechtstaatlichkeit sollte die Berichterstattung darüber verpflichtend sein."
Generell zeigt sich eine Tendenz, dass sich die Unternehmen weniger nach den GRI-Standards richten. Einige haben die Anzahl der GRI-Angaben so stark reduziert, dass die Aussage "der Bericht ist in Übereinstimmung mit den GRI-Standards erstellt worden" fragwürdig erscheint. Daher sollte ein Mindestniveau eingeführt werden, um diese Aussage treffen zu dürfen.
Fragwürdige Rolle der Wirtschaftsprüfer
Die meisten der 19 untersuchten Berichte wurden durch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften geprüft. Problematisch ist, dass die Unternehmen die Auswahl der zu prüfenden Themen vorgeben. Berichte können daher den Bestätigungsvermerk eines Wirtschaftsprüfers erhalten, selbst wenn äußerst wenige Informationen tatsächlich geprüft wurden. Die GRI sollte für einen solchen Bestätigungsvermerk ein Minimum von geprüften Angaben fordern.
"Es scheint an einem kritischen Blick der externen Prüfer zu mangeln, denn: Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften haben in allen Fällen die Übereinstimmung mit den GRI-Standards bestätigt. Dies steht in einem krassen Gegensatz zu unseren Ergebnissen mit vielen Verstößen gegen die korruptionsbezogenen GRI-Vorgaben", so Helena Peltonen-Gassmann, Stellvertretende Vorsitzende von Transparency Deutschland. Transparency Deutschland empfiehlt daher unter anderem stringentere Regelungen zur Verbesserung der Transparenz und Validität der externen Prüfurteile.
Hintergrund
Transparency Deutschland hat zum vierten Mal die Nachhaltigkeitsberichte deutscher Großunternehmen auf Übereinstimmung mit den Standards der Global Reporting Initiative (GRI) untersucht. Die GRI ist eine unabhängige internationale Organisation mit Sitz in Amsterdam. Die GRI-Standards sind die weltweit am weitesten verbreiteten Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Transparency Deutschland hat bereits in den Jahren 2012, 2014 und 2016 entsprechende Untersuchungen veröffentlicht.
(Transparency: ra)
eingetragen: 18.07.20
Newsletterlauf: 26.10.20
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