Einzelhandel: Reform der Zollrabatte halbherzig
Wegfall von Zollprivilegien für wirtschaftlich fortgeschrittene Länder wie Russland, Brasilien oder gar Saudi-Arabien ohnehin längst überfällig
Dass der Textilsektor in Brüssel nach wie vor ohne ersichtlichen Grund eine Sonderrolle zu spielen scheint, sieht die AVE besonders kritisch
(17.05.11) - Der importierende Einzelhandel hat sich enttäuscht über den von der EU-Kommission vorgestellten Vorschlag für ein neues Zollpräferenzsystem geäußert. "Der Vorschlag ist alles andere als eine wahre Reform", kritisierte AVE-Hauptgeschäftsführer Jan Eggert. So sei der Wegfall von Zollprivilegien nach Ansicht des AVE (Außenhandelsvereinigung des Deutschen Einzelhandels) für wirtschaftlich fortgeschrittene Länder wie Russland, Brasilien oder gar Saudi-Arabien ohnehin längst überfällig gewesen. "Gleichzeitig hat sich die EU-Kommission wieder einmal nicht durchringen können, die Präferenzen für wirklich förderungswürdige Länder entscheidend zu verbessern", so Eggert. Zweck des Zollpräferenzsystems ist es, Entwicklungsländern durch ermäßigte Einfuhrzölle den Marktzutritt in Europa zu erleichtern.
Nach dem Willen der EU-Kommission soll auch künftig der Zollvorteil bei lediglich 3,5 Prozentpunkten unter dem Normalzoll liegen. Noch geringer ist der Vorteil im Textilsektor. Dort ist weiterhin eine Reduzierung des Normalzolls um 20 Prozent vorgesehen. Weil im Textilsektor die Normalzölle jedoch besonders hoch sind, wirkt sich dies in der Praxis kaum aus. "Auch künftig werden viele Importeure auf die Inanspruchnahme der Präferenzvorteile verzichten, weil sich der bürokratische Aufwand für die Einsparung von wenigen Cent nicht rechnet", sagte Eggert. "Der neue Entwurf der EU-Kommission ändert daran nichts."
Dass der Textilsektor in Brüssel nach wie vor ohne ersichtlichen Grund eine Sonderrolle zu spielen scheint, sieht die AVE besonders kritisch. So hat die Kommission den Schwellenwert für die Rücknahme der Zollpräferenzen bei Textilien niedriger angesetzt als bei anderen Waren. Außerdem enthält der Vorschlag eine spezielle Schutzklausel für Textilien, eine nicht hinnehmbare Diskriminierung, gegen die die AVE protestieren wird.
Die AVE sieht durch die Reform das entwicklungspolitische Ziel der Zollpräferenzen in Gefahr. "Wenn sich jetzt noch das Europäische Parlament mit seinen Vorstellungen durchsetzt und die Gewährung der Zollvergünstigungen von einer nachhaltigen Entwicklung des Exportlandes abhängig macht, wird nur noch ein kleiner exklusiver Kreis von Entwicklungsländern übrig bleiben, die von den Zollpräferenzen profitieren", warnt Eggert. "Von seinem entwicklungspolitischen Auftrag wäre das Präferenzsystem dann weiter entfernt denn je." (AVE: ra)
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