Politik muss Kontrolle der Anbieter sicherstellen
Pflegeheimbewohner mit Vertragsärger nicht alleine lassen: Projekt zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz endet
Das Wohn- und Betreuungsrecht reguliert einen Milliardenmarkt, der insbesondere durch zahlreiche Zusatzangebote und hohe Eigenanteile im Pflegebereich immer weiter wächst
(18.05.15) - Einseitige Preiserhöhungen, überzogene Mithaftung von Angehörigen, ausufernde Zusatzleistungen – Wohn- und Betreuungsverträge von Pflege- und Behinderteneinrichtungen enthalten häufig fragwürdige Klauseln. Seit 2010 hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gemeinsam mit Landesverbraucherzentralen in zwei Projekten rund 3000 Verbraucherinnen und Verbraucher beraten, informiert und Anbieter verklagt. Im Mai endet das zweite Projekt.
"Auch nach dem Ende des Projekts dürfen Verbraucher in Pflege- und Behinderteneinrichtungen nicht mit ihrem Vertragsärger alleine gelassen werden. Die Politik muss eine verlässliche Beratung der Bewohner und eine ausreichende Kontrolle der Anbieter sicherstellen", sagt Klaus Müller, Vorstand des vzbv. Der vzbv diskutiert heute mit Vertretern aus Wirtschaft, Verbänden und Ministerien, wie Verbraucherrechte in der Pflege künftig gesichert werden können.
Komplizierte Verträge
Das Wohn- und Betreuungsrecht reguliert einen Milliardenmarkt, der insbesondere durch zahlreiche Zusatzangebote und hohe Eigenanteile im Pflegebereich immer weiter wächst. Heimverträge nach dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) sind lang, in Rechtssprache verfasst und für Laien oft nur schwer zu durchschauen. Hinzukommt, dass Verbraucher in Pflege- und Behinderteneinrichtungen oft kognitiv beeinträchtigt sind oder Nachteile befürchten, wenn sie auf ihre Rechte pochen.
Die Aufsichtsbehörden der Länder fühlen sich bei Problemen in diesem Bereich anders als früher nicht mehr zuständig und verweisen Betroffene regelmäßig an die Verbraucherschützer weiter. In den vergangenen Jahren hat der vzbv gemeinsam mit Verbraucherzentralen im Rahmen der Projekte etwa 3000 Verbraucher beraten, informiert und mehr als 200 Vertragsmuster geprüft. Daneben wurden zahlreiche Unterlassungsverfahren angestoßen, um flächendeckend für mehr Rechtssicherheit zu sorgen. So beschäftigt die umstrittene Frage, inwieweit Angehörige durch sogenannte Schuldbeitritte zur Haftung gezogen werden können, inzwischen den Bundesgerichtshof. Die Maßnahmen werden gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).
Gerichtsentscheidungen:
>> Oberlandesgericht Zweibrücken, Urteil vom 02.07.2014, Az. 1 U 143/13, nicht rechtskräftig (zur Revision beim Bundesgerichtshof, Az. III ZR 263/14)
>> Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 22.08.2014, Az. 1-12 U 127/13
>> Landgericht Dortmund (Vorgängerinstanz), Urteil vom 27.08.2013, Az. 25 O 135/13
>> Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 25.06.2014, Az. 12 O 273/13, nicht rechtskräftig (zur Berufung beim OLG Düsseldorf, Az. I-6 U 182/14)
>> Landgericht Mainz, Urteil vom 31.05.2013, Az. 4 O 113/12, rechtskräftig
>> Landgericht Berlin, Urteil vom 13.11.2012, Az. 15 O 181/12, rechtskräftig
>>Berliner Kammergericht, Hinweisbeschluss vom 17.05.2013, Az. 23 U 276/12
(vzdv: ra)
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