Datenschutz siegt über SWIFT-Abkommen
Einschüchterung der USA schlug fehl: Europäisches Parlament lehnt umstrittenes SWIFT-Abkommen ab
Peter Schaar: "Ich freue mich, dass das Europäische Parlament trotz erheblicher Widerstände standhaft geblieben ist"
(15.02.10) - Mit großer Mehrheit (378 zu 196 Stimmen) hat das Europäische Parlament am letzten Donnerstag das umstrittene SWIFT-Abkommen gestoppt, welches die Überlassung europäischer Bankdaten an die USA regeln soll. Gleichzeitig hat das Parlament gezeigt, dass in der der EU die Demokratisierung Einzug gehalten hat, indem die Alleingänge von Kommission und Rat wirkungsvoll ausgebremst wurden.
Das SWIFT-Abkommen hätte einen sehr weit reichenden Zugriff auf Banktransaktionsdaten von EU-Bürgern ermöglicht. Die USA halten dies im Anti-Terror-Kampf für notwendig. Die amerikanischen Behörden hätten aber nicht nur Auskunft zu einzelnen verdächtigen Überweisungen erhalten, sondern auch Zugriff auf Transaktionsdaten solcher Kontoinhaber gehabt, bei denen kein strafrechtlicher Anfangsverdacht besteht und die erst in fernerer Zukunft aufgrund weiterer Erkenntnisse möglicherweise in Verdacht geraten könnten.
"In den weit überwiegenden Fällen" handelt es sich nach Ansicht von Peter Schaar, Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), "also um völlig unverdächtige Bankkunden. Die Daten sollten in den USA für maximal fünf Jahre gespeichert werden. Eine wirksame Kontrolle durch unabhängige Datenschutzbeauftragte fehlte ebenso wie ein effektiver Rechtsschutz betroffener Bankkunden in den USA".
Der belgische Finanzdienstleister SWIFT sollte schon seit Anfang Februar die entsprechenden Daten an die USA herausgeben, weigerte sich aber, da die Zustimmung des Parlaments fehlte. John Martin Ungar, Listenkandidat der Piratenpartei für die kommende Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, sagt dazu: "Besonders nach dem putschartigen Durchpeitschen des Entwurfs durch die EU-Kommission am letzten Tag vor dem Inkrafttreten des Lissabonner Vertrags, stellt sich für jeden Europäer die Frage, ob diese Kommission noch glaubhaft die Interessen der Europäer in der Welt vertritt."
Ungar sagte weiter: "Der automatische Zugriff auf die Bankdaten ist unnötig und führt nicht zu mehr Sicherheit. Es ist traurig, dass nicht das Parlament in dieser für die Bürger äußerst wichtigen Angelegenheit umgangen werden sollte."
Ungar lobte den Finanzdienstleister SWIFT: "Es war vorbildlich, zuerst die Entscheidung des Parlaments abzuwarten. Bei dem Verfahren wurden ganz offensichtlich Fehler gemacht und es wurde versucht, mit Tricks und Druck das Abkommen durchzusetzen." Er führte weiter aus: "Wegen ein paar nicht transferierter Bankdaten wird das Abendland nicht untergehen. Die Kommission sollte sich stattdessen Gedanken um ein Abkommen machen, das den europäischen Datenschutzstandards entspricht. Hysterie ist ein schlechter Ratgeber und kein Ersatz für gute Politik."
Peter Schaar sagte: "Ich freue mich, dass das Europäische Parlament trotz erheblicher Widerstände standhaft geblieben ist. Es hat im besten Interesse der EU-Bürger gehandelt. Sicherheit gewinnen wir nicht durch immer mehr Daten, sondern durch die intelligente Auswertung der relevanten Informationen." Schaar lobte in diesem Zusammenhang das Europäische Parlament: "Das Parlament hat hier ein unübersehbares Zeichen gesetzt, an dem auch die Kommission und der Rat nicht vorbei können. Dies ist ein guter Tag für den Datenschutz und die Grundrechte in Europa."
Bayerns Europaministerin Emilia Müller forderte nach der Ablehnung des so genannten SWIFT-Interimsabkommen im Europaparlament einen "zügigen Neustart". Müller sagte: "Wir brauchen ein dauerhaftes Abkommen, in das Europas Bürger ihr Vertrauen setzen können. Das war beim jetzt abgelehnten Interimsabkommen nicht der Fall. Effektive Terrorabwehr und Datenschutz müssen zu einem tragfähigen Ausgleich gebracht werden. Die Gespräche über ein dauerhaftes Abkommen sollten sofort beginnen."
Nach den Worten der Ministerin müssen jetzt die richtigen Lehren aus dem Scheitern des Interimsabkommens gezogen werden. "Die Bundesregierung ist gut beraten, die Länder frühzeitig in alle Gespräche einzubinden. Auch das europäische Parlament muss frühzeitig an den Beratungen beteiligt werden. Die durch den Vertrag von Lissabon gestärkten Rechte des Europäischen Parlaments müssen jetzt ebenso mit Leben erfüllt werden wie die gestärkten Einwirkungsmöglichkeiten der deutschen Länder", sagte Europaministerin Müller. (Piratenpartei, BfDI, Bayerische Staatskanzlei: ra)
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