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Parteien tun sich schwer bei der Anti-Korruption


Korruptionsbekämpfung in der 16. Legislaturperiode – Transparency sieht ein Scheitern auf breiter Front und fordert zügige Reformen
Sylvia Schenk kritisierte: "Es ist ein Skandal, dass unsere Abgeordneten es nicht schaffen, klare Regeln zu erlassen, die es erschweren, sie zu bestechen"


(18.09.09) - Die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland e.V. hat die Ergebnisse ihrer Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl vorgestellt und hat dies zum Anlass genommen, am Ende der 16. Legislaturperiode Bilanz zu ziehen. Eine Reihe zentraler Forderungen der Organisation seien in den letzten vier Jahren von der Großen Koalition nicht umgesetzt worden.

Die jetzt in den Wahlprüfsteinen gemachten Aussagen von CDU/CSU, SPD, FDP, Die Linke und Bündnis90/Die Grünen würden, dass Transparency noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten habe, um längst überfällige Reformen anzustoßen. Sylvia Schenk, Vorsitzende von Transparency Deutschland, erklärte: "Mit einem klaren Bekenntnis im Koalitionsvertrag zur zügigen Ratifizierung der UN-Konvention gegen Korruption müssen die neuen Regierungsparteien, unabhängig davon, wer diese sein werden, ein Zeichen setzen, dass sie es mit der Korruptionsbekämpfung ernst meinen."

Ratifizierung der UN-Konvention gegen Korruption (UNCAC)
Während 137 Länder bereits die UN-Konvention gegen Korruption ratifiziert haben, steht die Ratifizierung in Deutschland weiterhin aus. Grund dafür ist, dass die Regelung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung in §108e Strafgesetzbuch (StGB) nach wie vor nicht internationalen Anforderungen entspricht.

Sylvia Schenk kritisierte: "Es ist ein Skandal, dass unsere Abgeordneten es nicht schaffen, klare Regeln zu erlassen, die es erschweren, sie zu bestechen. Damit verspielen sie ihre Glaubwürdigkeit."

Wie bereits in den Wahlprüfsteinen 2005 argumentieren CDU/CSU, dass ihre Überlegungen zum §108e StGB noch immer nicht abgeschlossen seien. Die SPD reklamiert dagegen, dass der von ihr vorgelegte Vorschlag von CDU/CSU abgelehnt wurde. Das Versagen der großen Koalition in diesem Punkt sei laut Transparency inakzeptabel – insbesondere vor dem Hintergrund, dass Deutschland sich als Gastgeber des G8-Gipfels 2008 in Heiligendamm in der Abschlusserklärung zur "Förderung der Bekämpfung der Korruption" bekannt habe.

Zentralregister
Wenig Unterstützung finde die Forderung zur Einführung eines Zentralregisters für korrupte Unternehmen bei CDU/CSU und FDP. Bei der im Dezember 2008 verabschiedeten Novellierung des Vergaberechts habe dieser Vorschlag bereits keine Beachtung gefunden.
Die FDP, die sich 2005 noch für ein Zentralregister ausgesprochen habe, lehne dieses jetzt mit der "kruden" Begründung ab, dass Bestechlichkeit schwerwiegender als Bestechung sei – die Ausnutzung staatlicher Hoheitsgewalt müsse daher als erstes unterbunden werden. Dies stehe jedoch im Widerspruch zu der Aussage des Strafgesetzbuches (StGB), wonach Bestechung und Bestechlichkeit gleichermaßen bestraft werden.

Datenschutz
Juristische Experten, Unternehmen – insbesondere Compliance-Abteilungen und Ombudsleute – sowie Transparency bemängeln gleichermaßen, dass der erst kürzlich übereilt verabschiedete § 32 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) zu erheblicher Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Durchführung von Maßnahmen zur Prävention und Aufdeckung von Korruption in Unternehmen bei gleichzeitiger Sicherung des Datenschutzes der Beschäftigten geführt habe.

Transparency fordert, dass ein – auch von mehreren Parteien gefordertes – Arbeitnehmerdatenschutzgesetz eine effektive Korruptionsprävention unter Wahrung des hohen Gutes des Datenschutzes weiterhin ermöglichen muss. Nur so können im Interesse von Arbeitgeber und Arbeitnehmern Straftaten im bzw. gegen das Unternehmen abgewehrt werden.

Hinweisgeberschutz
Hinweisgeber ("Whistleblower") helfen aktiv mit, kriminelle Missstände in ihrem Arbeitsumfeld abzustellen. Transparency fordert eine Kultur des Hinschauens und deshalb die Verbesserung des Hinweisgeberschutzes, damit Arbeitnehmer Zivilcourage zeigen und Verantwortung übernehmen, ohne Nachteile fürchten zu müssen.

Unter der Großen Koalition wurde der Hinweisgeberschutz allerdings nur für Beamte verbessert; der Entwurf eines Hinweisgeberschutzes für Angestellte (§ 612a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) sei dagegen im Sande verlaufen. Widerstände seien vor allem aus den Reihen von CDU und CSU zu erkennen. Sie befürchten, dass gesonderte Regelungen zum Schutz von Hinweisgebern dazu geeignet sind, das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie zwischen Arbeitnehmern untereinander massiv zu beschädigen.

Dieses antiquierte Verständnis der Rolle und Bedeutung von Hinweisgebern stehe in erheblichem Widerspruch zu der Erkenntnis in den Unternehmen, dass sie ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aktiv in Präventivmaßnahmen einbinden müssen, um effektiv gegen Korruption vorzugehen.

Karenzzeit
Eine Karenzzeit für Minister und Ministerinnen und Parlamentarische Staatssekretäre nach dem Ausscheiden aus ihrem Amt, sofern ein Zusammenhang zwischen ihrer bisher ausgeübten und der nach dem Ausscheiden aus dem Dienst beabsichtigten Tätigkeit besteht, wurde von der Großen Koalition nicht eingeführt.

Nach der Bundestagwahl werde die Öffentlichkeit jedoch sehr genau verfolgen, welche Positionen ehemalige Mitglieder der Bundesregierung nach ihrem Ausscheiden einnehmen. Allein durch Vermutungen über mangelnde Unabhängigkeit könnten sie die Politik in Misskredit bringen.

Daher fordert Transparency eine Karenzzeit von drei Jahren. Unter Berufung auf die Freiheit der Berufswahl und mit Verweis auf praktische Umsetzungsprobleme lehnen CDU/CSU diesen Vorschlag ausdrücklich ab. (Transparency: ra)

Transparency International: Kontakt und Steckbrief

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Meldungen: Politik und Parteien

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    Die Bundesregierung will die Demokratie in Deutschland durch mehr Transparenz stärken. Darauf verweist sie in ihrer Antwort (20/3351)auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (20/3193). Im Koalitionsvertrag sei unter anderem vereinbart, Parteiensponsoring ab einer Bagatellgrenze veröffentlichungspflichtig zu machen, die Pflicht zur sofortigen Veröffentlichung von Zuwendungen an Parteien auf 35.000 Euro herabzusetzen und eine Veröffentlichungspflicht einzuführen für Spenden und Mitgliedsbeiträge, die in der Summe 7.500 Euro pro Jahr überschreiten.

  • Schröders Büro wird ruhend gestellt

    Die Koalitionsfraktionen ziehen Konsequenzen aus dem Verhalten von Alt-Kanzler und Lobbyist Gerhard Schröder (SPD) angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine. Das Büro des Bundeskanzler a.D. soll "ruhend gestellt" werden. Die dem Büro zugeordneten Stellen sollen nicht mehr nachbesetzt werden, die Stelleninhaber anderweitige Aufgaben wahrnehmen. Der Personenschutz durch das Bundeskriminalamt soll davon nicht betroffen sein.

  • Parlamentarisches Frage- und Informationsrecht

    Das parlamentarische Frage- und Informationsrecht vermittelt nach Auffassung der Bundesregierung keinen Anspruch auf Abgabe rechtlicher Bewertungen. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (19/31892) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/31564) hervor. Danach besteht eine Verpflichtung der Bundesregierung zur Beantwortung parlamentarischer Fragen "grundsätzlich nur dann, wenn durch die begehrte Auskunft ein Informationsvorsprung der Bundesregierung gegenüber dem Parlament ausgeglichen werden soll, damit der Deutsche Bundestag und seine Abgeordneten in die Lage versetzt werden, über die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Sachinformationen zu verfügen". In diesem Sinne könne das parlamentarische Frage- und Informationsrecht zwar als Grundlage nachfolgender Bewertungen und darauf aufbauender politischer Auseinandersetzungen fungieren, heißt es in der Antwort weiter. Es diene aber nicht dazu, eine in Bundestagsdrucksachen zu veröffentlichende nachvollziehbare juristische Debatte zwischen Parlament und Regierung zu erzwingen.

  • Expertenstreit: Transparenzregeln für Abgeordnete

    Das Vorhaben der Fraktionen von CDU/CSU, SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen, durch Änderung des Abgeordnetengesetzes, die Transparenzregeln für die Mitglieder des Deutschen Bundestages zu verbessern (19/28784), wird von Sachverständigen grundsätzlich unterstützt. Gleichwohl stoßen Teile der Neuregelung bei einigen Expertinnen und Experten auf verfassungsrechtliche Bedenken, wie aus den vorgelegten schriftlichen Stellungnahmen zu einer Anhörung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung hervorgeht. Künftig sollen anzeigepflichtige Einkünfte der Abgeordneten aus Nebentätigkeiten und Unternehmensbeteiligungen dem Gesetzentwurf zufolge betragsgenau auf Euro und Cent veröffentlicht werden. Dabei sollen Einkünfte anzeigepflichtig sein, wenn sie im Monat 1.000 Euro oder bei ganzjährigen Tätigkeiten im Kalenderjahr in der Summe den Betrag von 3.000 Euro übersteigen. Ferner sollen laut Vorlage Beteiligungen der Parlamentarier sowohl an Kapitalgesellschaften als auch an Personengesellschaften bereits ab fünf Prozent statt wie bislang ab 25 Prozent der Gesellschaftsanteile angezeigt und veröffentlicht werden, dabei erstmals auch indirekte Beteiligungen. Auch Einkünfte aus anzeigepflichtigen Unternehmensbeteiligungen wie etwa Dividenden oder Gewinnausschüttungen sollen anzeige- und veröffentlichungspflichtig werden - ebenso die Einräumung von Optionen auf Gesellschaftsanteile, die als Gegenleistung für eine Tätigkeit gewährt werden.

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    Die Fraktionen von CDU/CSU, SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen haben einen gemeinsamen Gesetzentwurf zur "Verbesserung der Transparenzregeln für die Mitglieder des Deutschen Bundestages" (19/28784) vorgelegt. Ziel der vorgesehenen Änderung des Abgeordnetengesetzes ist es der Begründung zufolge, "mehr Transparenz im parlamentarischen Bereich zu schaffen und verlorenes Vertrauen in die parlamentarische Arbeit zurückzugewinnen". Die derzeitige Diskussion über dieses Thema habe gezeigt, dass eine Reform der bisherigen Rechtslage unerlässlich sei. "Aktuelle Vorkommnisse und Berichte über Mitglieder des Deutschen Bundestages, die mit Beratertätigkeiten persönliche Gewinne im Zusammenhang mit der Beschaffung von medizinischen Produkten erzielten, zeigen, dass die geltenden Transparenzregeln im Abgeordnetengesetz erhebliche Regelungslücken aufweisen", schreiben die vier Fraktionen. Derartige Tätigkeiten seien zumindest unter abgeordnetenrechtlichen Gesichtspunkten bisher rechtlich zulässig, "obwohl sie mit der Unabhängigkeit des Mandates und der gebotenen Vermeidung von Interessenkonflikten nicht vereinbar sind".

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