Überwachung zu Lasten der Grund- und Bürgerrechte
Piratenpartei fordert Paradigmenwechsel bei Überwachung durch den Staat
Die staatliche Überwachung erstrecke sich inzwischen auf alle Lebensbereiche
(19.09.11) - Anlässlich des 10. Jahrestages des 11. September 2001 forderte die Piratenpartei Deutschland eine Trendumkehr und einen Paradigmenwechsel bei der staatlichen Überwachung. Der Schutz und Erhalt der Demokratie und der Freiheit müsse nun in den Mittelpunkt der politischen Diskussion rücken.
Die aktuelle Sicherheitspolitik quer durch alle etablierten Parteien täten jedoch genau das Gegenteil. "Es geht nicht um eine Klein-klein-Diskussion, wie sie die SPD offenbar führen will, ob IP-Adressen zu den Bestands- oder Verbindungsdaten zählen", erläutert Sebastian Nerz, Vorsitzender der Piratenpartei Deutschland anlässlich der Abschlusspräsentation des Forschungsprojekts zum Interessenausgleich bei der Vorratsdatenspeicherung (Invodas) in Berlin.
"Seit Jahren verschaffen sich der Staat und dessen Ermittlungsbehörden zusätzliche Überwachungsbefugnisse zu Lasten der Grund- und Bürgerrechte", kritisiert Nerz. "Die staatliche Überwachung erstreckt sich inzwischen auf alle Lebensbereiche. Dabei hat es auch 10 Jahre nach den Anschlägen in New York in Deutschland keinen einzigen Terroranschlag gegeben und die Chance, durch einen Blitzeinschlag ums Leben zu kommen, ist statistisch wesentlich höher."
Auf öffentlichen Straßen und Plätzen würden Passanten videoüberwacht. Die technischen Möglichkeiten, mittels Gesichtserkennung und (auf Facebook verfügbaren) biometrischen Merkmalen Personen zu erkennen und deren Bewegungen zu protokollieren, bestünden und würden durch Projekte wie "Indect" sogar öffentlich gefördert, erforscht und angewendet.
Von allen Bürgern würden Verbrecherfotos für die Ausweise verlangt und Fingerabdrücke genommen. Mit einem ELENA-Nachfolger und der elektronischen Gesundheitskarte sollten demnächst Einkommens- und Gesundheitsinformationen mehr oder weniger zentral erfasst und gespeichert werden. Zur Kombination der Daten biete sich die lebenslange Steuer-Identifikationsnummer an, über die alle Informationen zusammengeführt werden können. Zusätzlich würden die Daten von internationalen Überweisungen in Europa seit dem SWIFT-Abkommen erfasst, ausgewertet und ebenso wie die Passagierdaten im Luftverkehr zur Unterstützung des sogenannten "Kriegs gegen den Terror" an die USA weitergegeben.
Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung auch festgestellt, dass die Vorratsdatenspeicherung eine Ausnahme bleiben muss und "nicht mit anderen vorhandenen Dateien zur Rekonstruierbarkeit praktisch aller Aktivitäten der Bürger führen" dürfe [1]. "Von einer Ausnahme kann keine Rede sein. Die Vorratsdatenspeicherung ist ein weiterer großer Baustein zum Einstieg in eine umfassende Überwachung der Bevölkerung", mahnt Nerz.
Die Piratenpartei fordert den kompletten Verzicht auf eine Vorratsdatenspeicherung und eine Abschaffung der EU-Richtlinie.
[1] BVerfG, 1 BvR 256/08 vom 2.3.2010, Absatz-Nr. 218:
http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20100302_1bvr025608.html
(Piratenpartei: ra)
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