Positionspapier: Finanzmarktkrise und Banken
Internationaler Controller Verein eV zu den Folgen der Finanzkrise: Trübe Aussichten für die Banken - Erträge sinken, Verwaltungskosten wachsen durch weitergehende Regelungen für das Risiko-Management
Verschärfung von Compliance-Regelungen: Die aufsichtsrechtlichen Vorschriften werden für Banken und Versicherungen deutlich verschärft und den Geld- und Kapitalmärkten werden deutlich restriktivere Rahmenbedingungen gesetzt
(30.10.08) - Ein Positionspapier aus dem Internationalen Controller Verein (ICV) hat der Branchenarbeitskreis "Banken" verfasst. Es formuliert sieben Thesen, welche Veränderungen sich aus der Krise für die Banken ergeben. Das Fazit lautet: "Zusammenfassend ist von einer dauerhaft niedrigeren Profitabilität des deutschen Bankensektors auszugehen. Die Erträge sinken, die Verwaltungskosten wachsen durch weitergehende Regelungen für das Risiko-Management und die aufsichtsrechtlichen Eigenkapital-Anforderungen steigen mit der Folge erhöhter Eigenkapitalkosten."
Im Folgenden wird keine Analyse der Ursachen der aktuellen Finanzmarktkrise vorgenommen, sondern es werden sieben Thesen formuliert, welche Veränderungen sich aus der Krise für die Banken ergeben. Allerdings muss festgehalten werden, dass ohne das Verhalten der Notenbanken und öffentlichen Haushalte in Amerika und Europa mit einer 15 Jahre anhaltenden, immer weiteren Abweichung vom "makroökonomischen Gleichgewicht" eine derartige globale Finanzmarktkrise nicht hätte ausgelöst werden können. Inwieweit es sich also um ein krasses Fehlverhalten der Wirtschaftspolitik mit krisenhaften Auswirkungen auf den Finanzsektor und im weiteren auch auf den Realsektor oder um eine systemimmanente Krise des Finanzsektors handelt, sei für die weiteren Überlegungen dahingestellt.
1. Überprüfung des jeweiligen Geschäftsmodells
Nicht die Größe, sondern die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells einer Bank wird von zentraler Bedeutung. Hierbei wird das Geschäft mit Nichtbanken, insbesondere das Einlagengeschäft eine besondere Rolle spielen, weil die Finanzmarktkrise zeigt, wie wichtig eine stabile Liquidität ist. Eine weitere Konsequenz der Krise ist ein Schrumpfen des Finanzsektors. Dies lässt ein Anwachsen des Wettbewerbs erwarten, so wie man es sich in Analogie zur Entwicklung im Einzelhandel vorstellen kann. Der zunehmende Wettbewerb erfordert, dass die Wertschöpfungsketten auf ihr Potenzial hinsichtlich Kosten- und Qualitäts- Verbesserungen einer ständigen Analyse unterzogen werden. Dies wird die Zerlegung der Wertschöpfungskette weiter befördern und den Aufbau von Produktions- und Produktbanken sowie die Bündelung von Aktivitäten zur Kundenbindung von fokussierten Vertriebseinheiten mit sich bringen.
2. Steigende Bedeutung des traditionellen Retail-Geschäfts
Der Aufbau bzw. Ausbau des Retail-Geschäfts bzw. das Sichern bestehender Kundeneinlagen als Finanzierungsbasis wird in Zukunft stärker in den Strategien der Banken Berücksichtigung finden. Das geht über das reine Einwerben von Einlagen von Privat- und gewerblichen Kunden hinaus. Kreditinstitute werden versuchen mit dem Einlagenkunden eine möglichst intensive Kundenbeziehung aufzubauen, um den Kunden und seine Einlagen längerfristig im eigenen Haus zu halten. Dies wird den Wettbewerb um den Retail-Kunden als Einlagenkunden verschärfen.
3. Renaissance "klassischer" Produkte
Sicherheit bekommt einen wieder höheren Stellenwert bei der Geldanlage. Neben dem Sparbuch als dem "klassischen" Anlageprodukt gehört hierzu der deutsche Pfandbrief, der aufgrund der hohen Anforderungen mit werthaltigen Sicherheiten unterlegt ist. Banken können durch verstärkte Pfandbriefemission ihre Refinanzierungsseite stabilisieren. Das Pfandbriefgesetz ermöglicht seit 2005 allen Kreditinstituten (vormals nur Hypothekenbanken) Pfandbriefe zu emittieren. Durch das Schaffen einer Deckungsmasse für die schon im Kreditbestand befindlichen Volumina kann über die korrespondierende Pfandbriefemission - zunächst auch unabhängig vom Neugeschäft - zusätzliche Liquidität geschaffen werden. Im Firmenkundengeschäft wird das Schuldscheindarlehen als langfristiges Finanzierungsinstrument wiederentdeckt werden.
4. Reduzierung der Produktkomplexität
Parallel hierzu werden die innovativen Produkte mit hoher Komplexität und geringer Transparenz verschwinden bzw. an Bedeutung verlieren. Zertifikate, Derivate usw. sind für den Kunden unverständlich und intransparent. Die Anforderungen an die Kundenbetreuer in den Banken hinsichtlich korrekter Beratung steigen - Stichworte hierzu sind Verbraucherschutz und Produkthaftung. Für die Versicherungsbranche sind bereits Anfang dieses Jahres umfangreiche Vorschriften für den Verkaufsprozess in Kraft getreten.
5. Verteuerung der Kredite
Erhöhte Risiken, die aufgrund der Auswirkungen der Finanzkrise in der Realwirtschaft zu erwarten sind, in Verbindung mit erhöhten Eigenkapitalvorschriften und damit steigenden Eigenkapitalkosten werden zu einer Verteuerung der Kredite führen. Hier wirkt sich auch aus, dass Verbriefungsmöglichkeiten voraussichtlich mit Einschränkungen versehen werden, so dass die Spielräume für die Kreditvergabe begrenzter sind.
6. Renaissance des Prozessmanagements
Der Konsolidierungsdruck erzwingt das Arbeiten mit Methoden des modernen Prozess- Managements. Während in der letzten Zeit Projekte zum Prozessmanagement vielfach nur noch unter der Überschrift der systemimmanenten Optimierung von Prozessen durchgeführt wurden, so wird die Zukunft Fragestellungen der Gestaltung völlig neuer Prozesse in veränderten internen Strukturen und mit weit reichenden Eingriffen aufsichtsrechtlicher und risikosteuernder Regelungen in die Prozesse selbst beinhalten.
7. Jahrzehnt der Aufseher
Ohne Zweifel werden die aufsichtsrechtlichen Vorschriften im weitesten Sinne für Banken und Versicherungen deutlich verschärft und darüber hinaus werden auch für die Geld- und Kapitalmärkte deutlich restriktivere Rahmenbedingungen gesetzt. Die Vorschriften mit dem Schwerpunkt Risikomanagement werden die inneren Strukturen in allen Banken bis hin zur Geschäftsstrategie verändern. Im Versicherungsbereich ist diese Entwicklung über das Schaffen der Voraussetzungen für Solvency II gerade erst am Anfang. Im Ergebnis werden die Eigenkapitalanforderungen deutlich steigen. Gründe sind die gerade erlebten Marktentwicklungen mit einer bisher unerwarteten Erhöhung der absoluten Risikoausprägungen, der stärkere Fokus auf die Steuerung der Liquiditätsrisiken und zu erwartende erhöhte Anforderungen hinsichtlich der Sicherheitszuschläge bei der Eigenkapital-Unterlegung.
Zusammenfassend ist von einer dauerhaft niedrigeren Profitabilität des deutschen Bankensektors auszugehen. Die Erträge sinken, die Verwaltungskosten wachsen durch weitergehende Regelungen für das Risiko-Management und die aufsichtsrechtlichen Eigenkapital-Anforderungen steigen mit der Folge erhöhter Eigenkapitalkosten.
(Internationaler Controller Verein eV: ra)
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