Kreditinstitute ignorieren Rechtsprechung
Compliance im Bankwesen: Die Initiative Finanzmarktwächter deckt auf, wie Kreditinstitute Rückzahlungen verweigern
Bearbeitungsentgelt: Verschleierte Gebühren erschweren es den Verbrauchern, die Kredite miteinander zu vergleichen
(23.05.13) - Eine neue Untersuchung der Initiative Finanzmarktwächter enthüllt, wie sich Banken und Sparkassen aus der Verantwortung stehlen und einhellige Rechtsprechung ignorieren: Nur in etwa 5,5 Prozent der untersuchten Fälle erstatteten sie auf Aufforderung das Bearbeitungsentgelt bei Verbraucherkrediten.
Hintergrund ist die in der Vergangenheit und zum Teil noch heute gängige Praxis der Kreditinstitute, zusätzlich zu den Zinsen ein Bearbeitungsentgelt von bis zu drei Prozent zu berechnen. So verlangte zum Beispiel eine Bank im Sommer 2012 im Rahmen einer Autofinanzierung von12.000 Euro Nettodarlehensbetrag etwa 300 Euro Bearbeitungskosten. "Die Kreditinstitute verschleiern die wahren Kosten, wenn sie diese auf verschiedene Posten aufsplitten", kritisierte Gerd Billen, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). "Auf diese Weise erschweren sie es dem Verbraucher, die Kredite miteinander zu vergleichen", sagte Billen. Er fordert ein gesetzliches Verbot für alle Nebenentgelte, die zusätzlich zu den Zinsen verlangt werden.
Die Rechtsprechung zum Bearbeitungsentgelt ist schon heute einhellig: Bereits acht Oberlandesgerichte haben zugunsten der Verbraucher entschieden und das standardisierte Entgelt für unzulässig erklärt. Die Richter waren der Auffassung, dass für Leistungen, die die Kreditinstitute ohnehin erbringen – wie etwa die Kreditwürdigkeit des Kunden zu überprüfen – kein zusätzliches Entgelt berechnet werden dürfe. Die Banken haben an der Überprüfung der Kreditwürdigkeit ihres Vertragspartners ein ureigenes Interesse.
Für die aktuelle Untersuchung wertete die Initiative Finanzmarktwächter bundesweit 1.342 Rückmeldungen von Verbrauchern aus, die ihre Kreditgeber aufgefordert hatten, das Bearbeitungsentgelt zurückzuzahlen. In knapp der Hälfte aller Fälle behaupteten die Banken und Sparkassen, das Entgelt sei mit den Verbrauchern individuell ausgehandelt worden und damit nicht angreifbar. Die Verbraucher widersprechen dem jedoch und geben an, dass das Entgelt im Vertrag festgelegt war. Ihre Position im Streitfall zu beweisen, dürfte den Kreditinstituten schwer fallen.
In knapp 30 Prozent der Fälle beriefen sich die Kreditinstitute darauf, dass die oberlandesgerichtliche Rechtsprechung für sie nicht maßgeblich sei und es kein höchstrichterliches Urteil darüber gebe, ob ein solches Bearbeitungsentgelt rechtlich zulässig ist. Dabei wurde genau ein solches höchstrichterliches Urteil von der Sparkasse Chemnitz im August 2012 durch die kurzfristige Rücknahme der Revision verhindert.
Es ist häufig zu beobachten, dass Banken, Sparkassen und Versicherungsunternehmen nach jahrelangem Prozessieren kurz vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ihre Revision zurücknehmen, wenn sie ein für sich negatives Urteil befürchten. "Finanzunternehmen verhindern damit Rechtssicherheit zu Lasten der Verbraucher", kritisiert Andrea Heyer, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale Sachsen. Die Initiative Finanzmarktwächter fordert den Gesetzgeber auf, dieses Vorgehen zu unterbinden und die Rechtsposition der Verbraucher zu stärken.
Die Initiative Finanzmarktwächter
Ob unfaire Vertriebsmethoden oder schlechte Finanzprodukte: Verbraucher kommen bundesweit mit konkreten Anliegen in die Beratungsstellen der Verbraucherzentralen. Der Finanzmarktwächter kann helfen, diese Erkenntnisse zusammenzuführen und auszuwerten - er liefert Evidenz, informiert die staatliche Finanzaufsicht, die Öffentlichkeit, die Politik und die Finanzbranche selbst. Sein Credo: erkennen, informieren, handeln. Ausschnitthaft belegen vzbv und Verbraucherzentralen mit der "Initiative Finanzmarktwächter" schon heute, wie das funktioniert.
(Verbraucherzentrale Bundesverband: ra)
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