Höhere Belastung bei der Umsatzsteuer drohen
Umsatzsteuer: Finanzämter wenden schärfere Regeln für umsatzsteuerliche Organschaft an
Mit zwei Urteilen hat der BFH im Jahr 2010 die bisherige Rechtsprechung geändert
(16.08.11) - Unternehmen, die über sogenannte Organschaften ihre Umsatzsteuerbelastung optimieren, haben dringenden Handlungsbedarf. "Spätestens ab dem Jahr 2012 übernimmt auch die Finanzverwaltung die neue, verschärfte Position des Bundesfinanzhofes (BFH)", warnt Steuerberater Otto Schöller von der Kanzlei Jakoby Dr. Baumhof in Rothenburg ob der Tauber. Das geht aus einem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 05. Juli 2011 hervor. Schöller: "Wer sich nicht bis Jahresende 2011 darauf einstellt, dem kann ab 2012 eine höhere Belastung bei der Umsatzsteuer drohen."
Im Steuerrecht ist eine Organschaft eine Gruppe gemeinsam besteuerter Unternehmen. Diese Organschaft wird als wirtschaftliche Einheit behandelt, also als ein Steuerpflichtiger. Im Umsatzsteuerrecht liegt eine Organschaft vor, wenn die Organgesellschaft nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist. Leistungen der als Organschaft behandelten Unternehmen untereinander unterliegen dann nicht der Umsatzsteuer.
Mit zwei Urteilen hat der BFH (Bundesfinanzhof) im Jahr 2010 die bisherige Rechtsprechung geändert. Voraussetzung für eine finanzielle Eingliederung ist jetzt sowohl bei einer Kapital- als auch bei einer Personengesellschaft als Organträger, dass dieser Organträger selbst unmittelbar oder mittelbar an der Organgesellschaft beteiligt ist. Fehlt eine solche Beteiligung, kann sie auch nicht durch einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ersetzt werden. Früher genügte es für die Eingliederung einer GmbH in eine Personengesellschaft schon, wenn nur ihre Gesellschafter mit Stimmenmehrheit an der GmbH beteiligt waren.
In allen offenen Fällen sind laut BMF-Schreiben die neuen Grundsätze anzuwenden – also auch rückwirkend. "Um die Anwendung der neuen Grundsätze zu erleichtern, hat das BMF allerdings eine Übergangsregelung geschaffen", stellt Schöller, dessen Kanzlei Mitglied im internationalen Beratungsverbund Geneva Group International (GGI) ist, klar. Danach wird die Finanzverwaltung nicht beanstanden, wenn betroffene Unternehmen für alle Umsätze vor dem 01. Januar 2012 unter Berufung auf die aktuelle Regelung weiterhin eine finanzielle Eingliederung annehmen. Schöller: "Betroffenen Unternehmen ist in der Regel zu empfehlen, diese Übergangsregelung in Anspruch zu nehmen. Das sichert den Vorsteuerabzug bis zum Jahresende 2011."
In allen Fällen der umsatzsteuerlichen Organschaft sollten die Unternehmen prüfen, ob sie die verschärften Voraussetzungen erfüllen. "Ist das nicht der Fall, muss das Unternehmen entscheiden, ob weiterhin eine umsatzsteuerliche Organschaft gewollt ist und sich die Voraussetzungen dafür schaffen lassen oder ob die Organschaft ab 2012 endet", betont Steuerberater Schöller, "in beiden Fällen bleibt nicht mehr viel Zeit, die entsprechenden Gestaltungen umzusetzen." (Jakoby Dr. Baumhof: ra)
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