Rat beschließt verbesserte Rechte für Bahnreisende
Reform der Fahrgastrechte im Eisenbahnverkehr: Mit den neuen Vorschriften wird der Schutz für die Fälle präzisiert und ausgeweitet, in denen Fahrgäste eine Weiterreise mit geänderter Streckenführung zu ihrem Endziel benötigen
Fahrgäste werden künftig besser und bei einer größeren Zahl verschiedener Schienenverkehrsdienste geschützt sein
Eine Reform der Fahrgastrechte im Eisenbahnverkehr wird die Rechte aller Bahnreisenden, insbesondere von Bahnreisenden mit Behinderungen oder eingeschränkter Mobilität, stärken. Auch soll es künftig leichter sein, Fahrräder im Zug mitzunehmen. Der Rat hat heute überarbeitete Vorschriften angenommen, die auch viele andere Verbesserungen vorsehen, beispielsweise strengere Bestimmungen im Hinblick auf die Weiterreise mit geänderter Streckenführung und die Nutzung von Durchgangsfahrkarten, womit der Schutz bei verpassten Anschlüssen verstärkt wird.
Diese Verordnung ist ein großer Fortschritt für die Zugänglichkeit von Schienenverkehrsdiensten für Personen mit eingeschränkter Mobilität. Infrastrukturbetreiber und Eisenbahnunternehmen müssen sich anpassen und die Schienenverkehrsdienste schrittweise für alle zugänglich machen. Einen weiteren Durchbruch dieser Verordnung stellt die Verpflichtung zur Bereitstellung von Fahrradstellplätzen in Zügen, die normalerweise keine Haus-zu-Haus-Dienste anbieten können, dar. Die Integration sanfter Verkehrsträger wird die Mobilität der Fahrgäste verbessern und die Attraktivität des Schienenverkehrs erhöhen.
Wichtigste Änderungen gegenüber den geltenden Vorschriften
Die Fahrgäste werden künftig besser und bei einer größeren Zahl verschiedener Schienenverkehrsdienste geschützt sein, denn eine ganze Reihe von nach der geltenden Verordnung zulässigen Ausnahmen läuft aus.
Die Rechte von Menschen mit Behinderungen oder eingeschränkter Mobilität werden gestärkt, da die derzeitige Freistellung der Regionalzüge von den meisten Bestimmungen in Bezug auf diese Fahrgäste bis 2023 vollständig wegfallen wird. Ab diesem Zeitpunkt gilt das Recht auf Unterstützung beim Ein- und Ausstieg für alle Regional- und Fernzüge in der EU, sofern geschultes Personal im Dienst ist. Weitere Verbesserungen umfassen das Recht, eine Fahrkarte im Zug zu kaufen, wenn es keine zugängliche Alternative zum vorherigen Erwerb der Fahrkarte gibt, die verbesserte Bereitstellung von Informationen, die Schulung des Personals und klarere Vorschriften über die Entschädigung bei Verlust oder Beschädigung von Mobilitätshilfen. Die Frist, in der Menschen mit Behinderungen oder eingeschränkter Mobilität ihren Hilfebedarf anmelden müssen, wird von mindestens 48 auf mindestens 24 Stunden verkürzt, wobei freiwillige Regelungen für kürzere Fristen empfohlen werden.
Um umweltfreundliche Mobilität zu fördern, soll den Fahrgästen die Mitnahme ihres Fahrrads im Zug erleichtert werden. Die Eisenbahnunternehmen werden künftig verpflichtet sein, Fahrradstellplätze einzurichten und die Fahrgäste über die verfügbare Kapazität zu informieren. Generell soll es in jedem Zug mindestens vier Fahrradstellplätze geben. Nach Anhörung der Öffentlichkeit können die Eisenbahnunternehmen je nach Art der Dienstleistung, der Größe des Zuges und der voraussichtlichen Nachfrage beschließen, mehr oder weniger Stellplätze vorzusehen. Die Mitgliedstaaten können die Zahl der Stellplätze auch erhöhen, wenn die Nachfrage steigt. Die Anforderungen in Bezug auf Fahrradstellplätze gelten, sobald ein Eisenbahnunternehmen neue Fahrzeuge bestellt oder ältere Fahrzeuge in stärkerem Umfang umrüstet.
Die Eisenbahnunternehmen sind aufgerufen, das Angebot an Durchgangsfahrkarten zu erweitern. Eine Durchgangsfahrkarte ist ein Einzelfahrschein, der für aufeinanderfolgende Teilstrecken bei einer Fahrt gültig ist, wobei Anspruch auf Weiterreise mit geänderter Streckenführung und Entschädigung bei Verspätungen oder verpassten Anschlüssen besteht. Durchgangsfahrkarten werden verbindlich vorgeschrieben, wenn Anschlusszüge von einem einzigen Eisenbahnunternehmen betrieben werden und beispielsweise eine Fahrt eine Verbindung zwischen einem Regional- und einem Fernzug umfasst.
Die Fahrgäste müssen klar darüber unterrichtet werden, ob Fahrkarten, die im Rahmen einer einzigen geschäftlichen Transaktion erworben werden, als Durchgangsfahrkarte gelten. Anderenfalls muss das Eisenbahnunternehmen so haften, als wären diese Fahrkarten Durchgangsfahrkarten.
Mit den neuen Vorschriften wird der Schutz für die Fälle präzisiert und ausgeweitet, in denen die Fahrgäste eine Weiterreise mit geänderter Streckenführung zu ihrem Endziel benötigen. Der Reiseveranstalter muss unter allen Umständen versuchen, dem Fahrgast eine Weiterreise mit geänderter Streckenführung anzubieten, auch wenn hierfür alternative Verkehrsträger in Anspruch genommen werden müssen. War der Reiseveranstalter außerstande, dem Fahrgast die verfügbaren Optionen innerhalb von 100 Minuten mitzuteilen, so kann der Fahrgast aus eigenem Antrieb alternative öffentliche Landverkehrsmittel in Anspruch nehmen, und das Eisenbahnunternehmen muss die hierfür notwendigen Kosten erstatten.
Die Mindestentschädigung für Verspätungen bleibt unverändert (25 Prozent des Fahrpreises für eine Verspätung von 60 bis 119 Minuten und 50 Prozent des Fahrpreises bei einer Verspätung von 120 Minuten oder mehr).
Eine Klausel über höhere Gewalt in Bezug auf Entschädigung für verspätet erbrachte Schienenverkehrsdienste schafft rechtliche Klarheit und fairere Wettbewerbsbedingungen gegenüber anderen Verkehrsträgern, für die es solche Klauseln bereits gibt. Eisenbahnunternehmen müssen keine Entschädigung für Verspätungen oder Ausfälle zahlen, wenn sie die dafür verantwortlichen Umstände nicht hätten vermeiden können, wie extreme Wetterbedingungen, schwere Naturkatastrophen oder schwere Krisen im Bereich der öffentlichen Gesundheit, einschließlich Pandemien. Streiks des Eisenbahnpersonals fallen nicht unter diese Ausnahme. Ferner gelten Weiterbeförderungspflichten auch im Falle höherer Gewalt.
Da mit der Verordnung ein Mindestschutzniveau festgelegt wird, steht es den Eisenbahnunternehmen frei, strengere Vorschriften zum Schutz der Fahrgastrechte einzuführen, und sie werden hierzu ermutigt.
Verfahren
Mit dem Abstimmungsergebnis hat der Rat seinen Standpunkt in erster Lesung festgelegt. Der Rechtsakt muss nun vom Europäischen Parlament in zweiter Lesung angenommen werden, bevor er im EU-Amtsblatt veröffentlicht wird. Die überarbeitete Verordnung wird 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft treten. Sie gelangt zwei Jahre später zur Anwendung, mit Ausnahme der Vorschriften für Fahrradstellplätze. Diese müssen erst ab vier Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung angewandt werden.
Vor der förmlichen Annahme hatten der Vorsitz des Rates und das Europäische Parlament am 1. Oktober 2020 eine vorläufige Einigung erzielt. Der vereinbarte Text war am 21. Oktober 2020 vom Ausschuss der Ständigen Vertreter gebilligt worden.
(Europäischer Rat: ra)
eingetragen: 03.02.21
Newsletterlauf: 14.04.21
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