Änderung des Atomgesetztes (AtG)


Konsens über vorübergehende AKW-Abschaltung nach Fukushima
Negative Auswirkungen der Energiewende auf beispielsweise Strom- und Mietpreise?

(17.06.11) - Die von der Regierung vorgeschlagenen Änderungen des Atomgesetzes (AtG) und anderer Vorschriften zur so genannten Energiewende (17/6070, 17/6071, 17/6072, 17/6073) wurden im Umweltausschuss kontrovers diskutiert. 13 Sachverständige waren geladen, um ihre Position zur Energiewende darzulegen. Konsens wurde nur über die Abschaltung der Atomkraftwerke (AKW) in Deutschland zwecks Sicherheitsüberprüfung infolge der Ereignisse von Fukushima erzielt, die alle Experten als konsequent und sinnvoll erachteten.

Professor Frank Schorkopf vom Institut für Völker- und Europarecht der Universität Göttingen erörterte die Fragestellung, ob der Ausstieg vor dem Hintergrund des Europarechts legitim sei. Im Euratom-Vertrag der EU sei zwar die Loyalitätspflicht der Mitgliedstaaten verankert, dennoch sei es "allgemein anerkannt, dass jedes Land selbst entscheiden" könne. Österreich sei in die EU aufgenommen worden, obwohl es niemals Atomkraftwerke betrieben habe. Allerdings erachtete Schorkopf die geplante Abschaltung des Atomkraftwerk Krümmel rechtlich als problematisch, da es nach 27 Jahren abgeschaltet werden soll und somit unter der Regellaufzeit liege. Kritisch betrachtete er die möglichen Auswirkungen der Energiewende auf beispielsweise Strom- und Mietpreise. Aus juristischer Perspektive seien die geplanten Gesetzesänderungen "alles in allem eine unrunde Kumulation der Eingriffe in die Bürgerrechte". Von einer Änderung des Grundgesetzes zugunsten des Atomausstiegs riet der Experte ab.

Ingo Luge von der E.ON AG stellte seinen Ausführungen voran, dass ein Atomkraftwerk wie in Fukushima bei gleichen Bedingungen "in Deutschland nicht genehmigt worden" wäre. Es sei bekannt gewesen, dass die Region von Tsunamis gefährdet sei. Dies hätte beim Bau einkalkuliert werden müssen. Luge äußerte seine Enttäuschung über die Beschlüsse der Bundesregierung, sagte aber, dass E.ON dennoch "die politische Entscheidung der Bundesregierung" anerkenne. Seiner Ansicht nach steigt das Risiko eines sogenannten Blackouts infolge der Abschaltung der Atomkraftwerke. Es könne sogar zu einem nationalen Problem werden. Zudem würden die Energiekonzerne im europäischen Wettbewerb unverhältnismäßig benachteiligt werden.

Wolfgang Renneberg vom Büro für Atomsicherheit kritisierte, dass die älteren und neuen Atomkraftwerke in dem Gesetzentwurf zur Änderung des Atomgesetztes (AtG) "ganz unterschiedlich behandelt" werden würden. Dafür werde jedoch keine Begründung angeführt. Die Differenz der Laufzeiten liege bei den alten Anlagen bei fünf und bei den neueren bei vier Jahren. Im Widerspruch dazu stehe aber sinngemäß die Formulierung “einzelne Anlagen sicherheitstechnisch nicht unterschiedlich zu behandeln". Renneberg kam zu dem Schluss, dass der Gesetzentwurf vollkommen "willkürlich" sei und dem Gleichheitsgebot des Grundgesetzes widerspreche. Er empfahl "ein Jahr X" festzulegen, so dass alle Atomkraftwerke eine identische Restlaufzeit hätten.

Hildegard Müller (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.) und Martin Fuchs ( TenneT TSO GmbH) erachteten die sogenannten Kaltreserven für absolut sinnvoll. Ebenso proklamieren sie einen umfangreichen Netzausbau mit der Begründung der unterschiedlichen geografischen Verteilung der Atomkraftwerke in Deutschland.

Für eine frühere Abschaltung aller deutschen Atomkraftwerke sprachen sich die Experten von Greenpeace, Heinz Smital, und der NaturFreunde Deutschlands, Hans-Gerd Marian, sowie des Bund, Professor Dr. Hubert Weiger, explizit aus.

Desweiteren waren verschiedene Sicherheitsaspekte, die Gefahren von Terroranschlägen und Naturkatastrophen sowie die Frage nach einem geeigneten Endlager Themen der Expertenrunde. (Deutscher Bundestag: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Risikostrukturausgleich der Krankenkassen

    Verschiedene gesetzliche Initiativen der vergangenen Jahre zielen nach Angaben der Bundesregierung darauf ab, unzulässige Einflussnahmen auf die Datengrundlagen des Risikostrukturausgleichs (RSA) der Krankenkassen zu verhindern und die Manipulationsresistenz des RSA zu stärken. Zuletzt sei mit dem "Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz" (GKV-FKG) 2020 die sogenannte Manipulationsbremse eingeführt worden, heißt es in der Antwort (20/14678) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/14442) der Unionsfraktion.

  • Souveräne Dateninfrastruktur

    Die Bundesregierung strebt eine effiziente, wirtschafts- und innovationsfreundliche Umsetzungsstruktur der europäischen KI-Verordnung an, die knappe Ressourcen klug einsetzt. Das antwortet die Bundesregierung (20/14421) der AfD-Fraktion auf eine Kleine Anfrage (20/14109).

  • FDP legt Gesetzentwurf für flexibleres Stromsystem

    Die FDP-Fraktion hat den Entwurf eines Gesetzes (20/14705) zur "Integration von Photovoltaik- und anderen Erneuerbare-Energien-Anlagen in den Strommarkt und zur Vermeidung solarstrombedingter Netznotfall-Maßnahmen" vorgelegt. Er soll einerseits der Umsetzung der "Wachstumsinitiative der damaligen Bundesregierung vom Juli 2024 dienen.

  • Fairer Wettbewerb im digitalen Sektor

    Bis zum 5. Dezember 2024 haben die Koordinierungsstelle für digitale Dienste in der Bundesnetzagentur (BNetzA) 747 Eingänge von Beschwerden erreicht. Bereinigt um Irrläufer und Spam seien 703 konkrete Beschwerden zu möglichen Verstößen gegen den Digital Services Act (DSA) eingelegt worden.

  • Provisionsverbot noch nicht absehbar

    Ob beziehungsweise inwieweit im Zuge der nationalen Umsetzung der EU-Kleinanlegerstrategie national Maßnahmen ergriffen werden könnten, um Provisionen für den Abschluss von Versicherungsverträgen zu verbieten oder zu deckeln, ist noch nicht absehbar. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/14411) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (20/14172) weiter mitteilt, haben die Trilogverhandlungen auf europäischer Ebene noch nicht begonnen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen