Unabsehbare Risiken für den Datenschutz
ULD legt Berufung gegen Urteil des VG Schleswig in Sachen Facebook-Fanpages ein
Nach Ansicht des ULD ist eine Korrektur der Urteile des VG Schleswig dringend geboten
(22.11.13) - Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) hat gegen eines der Urteile des Verwaltungsgerichtes (VG) Schleswig vom 09.10.2013 Berufung eingelegt. Darin wird die datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit von Facebook-Fanpage-Betreibern für die Nutzerdatenverarbeitung bei Besuch ihrer Seite bestritten. Berufungsbeklagte ist die von den Industrie- und Handelskammern Schleswig-Holstein betriebene Wirtschaftsakademie in Kiel. Dieses Musterverfahren zielt darauf ab, eine verbindliche Klärung zu der grundlegenden datenschutzrechtlichen Frage herbeizuführen, inwieweit Stellen in Schleswig-Holstein, die nach deutschem Datenschutzrecht unzulässige Internet-Serviceleistungen von US-Unternehmen nutzen, für diese Rechtsverstöße mitverantwortlich sind.
Nach Ansicht des ULD ist eine Korrektur der Urteile des VG Schleswig dringend geboten: Grundlegende Regelungen des deutschen Telemedienrechts werden nicht ausreichend beachtet. Insbesondere ignorieren sie die grundrechtliche Schutzpflicht des Staates für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Hinblick auf das Internet. Die Rechtsfrage ist nicht nur für private, sondern auch für öffentliche Stellen von hoher Relevanz, die sich US-amerikanischer Dienstleister bedienen. Welche unabsehbaren Risiken für den Datenschutz damit verbunden sind, haben aktuell die Enthüllungen von Edward Snowden offenbart, wonach derartige Daten massenhaft und unter völliger Missachtung europäischer Rechtsprinzipien von der US-amerikanischen National Security Agency abgefangen, ausgewertet und u. a. an weitere US-Behörden weitergegeben werden.
Die Klärung der Rechtsfrage ist nach Überzeugung des ULD von großer Bedeutung für die Verabschiedung einer wirksamen Europäischen Datenschutz-Grundverordnung, wozu der Innen- und Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments kürzlich mit großer Mehrheit einen Entwurf beschlossen hat. Thilo Weichert, Leiter des ULD, erklärte: "Die bisherigen Regelungsvorschläge zur 'verantwortlichen Stelle' - englisch 'controller' - weichen inhaltlich von den derzeit gültigen Regelungen nicht ab. Sollte die Ansicht des VG Schleswig bestätigt werden, so bliebe das bestehende Regelungs-, Kontroll- und Vollzugsdefizit erhalten. Dies darf nicht der Wille der verantwortlichen Politikerinnen und Politiker sein. Um insofern eine schnelle verbindliche Klärung herbeizuführen, schlägt das ULD als Berufungskläger im Zweifel eine Vorlage beim Europäischen Gerichtshof vor."
Den anonymisierten Abdruck einer der inhaltlich gleichlautenden Urteile des VG Schleswig (Az. 8 A 37/12, 8 A 14/12, 8 A 218/11) vom 09.10.2013 finden Sie unter
https://www.datenschutzzentrum.de/facebook/20131009-vg-urteil-fanpages.pdf
Die Presseerklärung des ULD anlässlich der mündlichen Verkündung der genannten Urteile finden Sie unter
https://www.datenschutzzentrum.de/presse/20131010-facebook-vg-urteil.htm
(ULD: ra)
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