Compliance beim Einsatz von Facebook-Buttons
Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz: "Facebook muss sich gewaltig bewegen" - Harsche Kritik an Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich
Bevor Plugins und Fanpages von Facebook datenschutzkonform genutzt werden können, müsse sich das Unternehmen noch gewaltig bewegen
(14.09.11) - Nach der Ankündigung des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD), ab Oktober 2011 gegen Social-Plugins und Fanpages von Webseitenbetreibern in Schleswig-Holstein vorzugehen, lud der Innen- und Rechtsausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages Vertreter von Facebook und des ULD zu einem Meinungsaustausch. Facebook behauptete dabei, sich an die geltenden Datenschutzstandards zu halten. Von Seiten des Landtagsausschusses wurde die Erwartung an das ULD herangetragen, keine Sanktionen gegenüber privaten Facebook-Seiten zu verhängen.
Hierzu nimmt der Leiter des ULD, Dr. Thilo Weichert, Stellung: "Bisher gab es nur einen Austausch von Standpunkten. Dass Facebook Gespräche führt, ist ein erster Anfang, hat aber an der technischen und rechtlichen Bewertung des ULD vorerst nichts geändert. Bevor Plugins und Fanpages von Facebook datenschutzkonform genutzt werden können, muss sich das Unternehmen noch gewaltig bewegen. Die teilweise vorgeschlagene Lösung über einen Doppelklick, bei dem zunächst eine Informationsseite geöffnet und eine Einwilligung eingeholt wird, geht zweifellos in die richtige Richtung, aber nur den halben Weg: Die Profilbildung bei Facebook lässt sich derart nicht verhindern, wenn man den Plugin nutzen möchte. Zudem setzt eine wirksame Einwilligung voraus, dass Nutzende wissen, worin sie einwilligen. Da Facebook aber bisher nicht offenlegt, was es mit den Nutzerdaten macht, fehlt es weiterhin an der nötigen Information."
Das ULD hat gegenüber dem Innen- und Rechtsausschuss des Landtags darauf hingewiesen, dass ab Oktober nicht sämtliche Webseitenbetreiber in Schleswig-Holstein sanktioniert werden. Im Vordergrund stünden öffentliche Stellen sowie große private Anbieter. Hierbei würden der Opportunitäts- und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet. Das Argument, durch ein Vorgehen gegen Privatunternehmen erlitten diese einen Wettbewerbsnachteil, lässt Weichert nicht gelten: "Derzeit haben die Stellen – gemäß dem geäußerten Verständnis – einen Wettbewerbsnachteil, die sich an Recht und Gesetz halten. Dies sollte weder im Interesse der Politik noch von Wirtschaftsverbänden liegen. Mittelfristig muss aber davon ausgegangen werden, dass diejenigen einen Wettbewerbsnachteil erleiden, die weiterhin Facebook nutzen, weil sie damit den Nutzenden signalisieren, dass ihnen die Beachtung des Datenschutzes nicht so wichtig ist."
Der aus dem Ausschuss geäußerten Forderung, hier müsse eine politische Lösung auf nationaler und europäischer Ebene gefunden werden, widersprach Weichert: "Die datenschutzpolitischen Vorgaben von Bund und Europa sind bekannt und werden vom ULD umgesetzt. Ein äußerst unschöner Eindruck würde entstehen und das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit der Verwaltung würde beeinträchtigt, wenn wir Datenschutzbehörden nur bei kleinen Verstößen aktiv würden, bei großen Unternehmen mit Marktmacht aber auf die Durchsetzung verzichteten. Wir können nur glaubhaft Datenschutz ´im Kleinen` durchsetzen, wenn wir auch bei struktureller massenhafter Missachtung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung tätig werden."
Das ULD hat sich mit Vertretern von Facebook getroffen und ein offenes und konstruktives Gespräch geführt. Dem ULD liegen auch nach diesem Gespräch nicht ausreichende Informationen über die im Arbeitspapier kritisierten Sachverhalte vor. ULD und Facebook haben einen weiteren und zügigen Informationsaustausch vereinbart. Facebook hat eine schnelle Reaktion und Bewertung des Arbeitspapiers des ULD zugesagt.
Das ULD hat nach Veröffentlichung des Arbeitspapiers hunderte Anfragen und Zuschriften erhalten. Deren Beantwortung kann sich wegen der großen Nachfrage verzögern. Das ULD steht hinsichtlich seines Vorgehens im engen Kontakt mit den anderen Datenschutzaufsichtsbehörden in Deutschland. Ein europaweiter Austausch ist eingeleitet. Einige Aufsichtsbehörden unterstützen die Vorgehensweise des ULD. Andere prüfen derzeit noch die technischen Rahmenbedingungen und die rechtlichen Konsequenzen.
Weitergehende Informationen mit aktualisierten ausführlichen FAQ (frequently asked questions) zum Thema finden Sie unter
https://www.datenschutzzentrum.de/facebook/
Irritiert reagierte Dr. Thilo Weichert, auf eine Pressemitteilung des Bundesinnenministers, wonach nach einem Gespräch mit Richard Allan von Facebook "die Diskussion, inwieweit deutsches Datenschutz- und Telemedienrecht für Facebook gilt, deutlich entschärft" worden sei, nachdem Allan sich bereiterklärt hat, Initiativen zur Selbstregulierung der Anbieter sozialer Netzwerke zu unterstützen.
"Mir ist nicht klar, auf welcher rechtlichen Basis und aufgrund welcher realen Kenntnisse Herr Friedrich eine Diskussion entschärfen könnte. Er sollte als Bundesdatenschutzminister zumindest dafür eintreten, dass die geltenden Regelungen eingehalten werden. Die Kontrolle des Datenschutzes obliegt nicht ihm, sondern den Aufsichtsbehörden der Länder. Diese äußern sich nach eingehender Prüfung von Sachverhalten und nicht nach unverbindlichen Gesprächen, auch wenn es um Facebook geht. Zu begrüßen wäre zweifellos mittelfristig eine Selbstregulierung der Branche. Diese setzt nach § 38a Bundesdatenschutzgesetz aber eine Genehmigung der Inhalte durch die zuständige Datenschutzaufsicht und nicht durch den Bundesinnenminister voraus. Der Bitkom-Kodex zu Internet-Panoramadiensten ist ein Beispiel, wie es nicht geht. Herr Friedrich sollte seine Hausaufgaben machen und endlich einen validen Entwurf zum Datenschutzrecht zum Internet vorlegen und sich nicht in Dinge einmischen, für die er nicht zuständig ist. Sinnvolle Gesetzesvorschläge liegen vor und müssen diskutiert und vorangebracht werden." (ULD: ra)
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