Ausweisung von Gefahrengebieten in Hamburg
Zum Urteil des Oberverwaltungsgerichts Hamburg (OVG): Gefahrengebietsregelung nicht verfassungskonform
Allerdings kann das OVG nicht verbindlich über die Verfassungsmäßigkeit von Parlamentsgesetzen entscheiden, denn eine entsprechende Verwerfungskompetenz steht nur den Verfassungsgerichten zu
(10.06.15) - Anfang Januar 2014 wurde ein großflächiges Gebiet im Bezirk Altona als sogenanntes Gefahrengebiet ausgewiesen. Diese Maßnahme, die auf Grundlage des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei erfolgte, hat zu erheblichen Diskussionen geführt. Insbesondere wurde die Rechtsgrundlage - auch vom Hamburgischen Datenschutzbeauftragten in seinem Rechtsgutachten vom 2. April 2014 - im Hinblick auf die mangelnde Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit kritisiert.
Das aktuelle Urteil des OVG Hamburg, das allerdings ein in dem Jahr 2011 ausgewiesenes Gefahrengebiet zum Gegenstand hatte, bestätigt nun diese Kritik. In der Entscheidung hat das Gericht deutlich gemacht, dass die hamburgische Regelung für die Gefahrengebiete nicht verfassungskonform ist. Allerdings kann das OVG nicht verbindlich über die Verfassungsmäßigkeit von Parlamentsgesetzen entscheiden, denn eine entsprechende Verwerfungskompetenz steht nur den Verfassungsgerichten zu. Zu einer Vorlage an das Bundes- bzw. an das Hamburgische Verfassungsgericht kam es in diesem Verfahren jedoch nur deshalb nicht, weil die in Frage stehende Ermächtigungsnorm für die Überprüfung des vorliegenden Rechtsstreits gar nicht entscheidungserheblich war.
Hierzu erklärte Johannes Caspar, der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI): "Mit dem Urteil des OVG wachsen die verfassungsrechtlichen Zweifel an der derzeitigen Ermächtigungsgrundlage zur Ausweisung von Gefahrengebieten in Hamburg. Das Instrument macht Stadtgebiete zu Sonderzonen. Verdachts- und anlassunabhängige Kontrollen von unbescholtenen Bürgerinnen und Bürgern greifen nicht unwesentlich in deren informationelle Selbstbestimmungsrechte ein. Die Gerichtsentscheidung gibt daher weiteren Anlass, die derzeit geltende Norm - wie im aktuellen Koalitionsvertrag vorgesehen - auf den Prüfstand zu stellen." (HmbBfDI: ra)
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