Sie sind hier: Home » Recht » Datenschutz und Compliance

Arbeitnehmerdatenschutzgesetz erforderlich?


Datenschutzpraktiker lehnen die Schaffung eines eigenständigen Arbeitnehmerdatenschutzgesetzes ab
Handlungsbedarf bestehe dagegen etwa z.B. im Hinblick auf die Datenschutzkontrolle beim Betriebsrat


(01.12.08) - Zum 27. Mal führte die Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherung e.V. (GDD), Bonn, am 19. November 2008 in Köln ihr jährliches RDV-Forum durch. Die Fachveranstaltung zum Datenschutz-, Informations- und Kommunikationsrecht beschäftigte sich in diesem Jahr schwerpunktmäßig unter anderem mit der Frage nach der Erforderlichkeit eines Arbeitnehmerdatenschutzgesetzes.

So stellte Michael Rahe, wissenschaftlicher Mitarbeiter von Silke Stokar von Neuforn, MdB (Bündnis 90 / Die Grünen), das Eckpunktepapier der Partei zur Schaffung eines entsprechenden Gesetzes vor. Handlungsbedarf sehen Bündnis 90 / Die Grünen u.a. bezüglich des Umgangs mit Bewerberdaten, dem Umgang mit Gesundheitsdaten von Arbeitnehmern, der Videoüberwachung am Arbeitsplatz und der Kontrolle der Nutzung betrieblicher Kommunikationsmittel. Betriebsrat und Datenschutzbeauftragtem solle darüber hinaus ein Widerspruchsrecht bei der Nichteinhaltung von Regelungen des Arbeitnehmerdatenschutzes zukommen, so Rahe.

Prof. Dr. Gregor Thüsing, Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit der Universität Bonn, warnte die politisch Verantwortlichen davor, dass Thema Arbeitnehmerdatenschutzgesetz lediglich vor dem Interesse zu sehen, ein "Zeichen" gegen Lidl & Co. setzen zu wollen.

Ein gutes Gesetz sei nicht bereits ein solches, das keinen Schaden anrichte, so Thüsing. Gesetze müssten vielmehr einem materiellen Handlungsbedarf folgen. Für den Bereich der Videoüberwachung etwa habe das Bundesarbeitsgericht klare rechtliche Rahmenbedingungen aufgezeigt. Natürlich müssten diese Leitlinien auf den jeweiligen konkreten Einzelfall heruntergebrochen werden. Daran würde aber auch die Schaffung neuer gesetzlicher Regelungen nichts ändern, da diese stets abstrakt-generell blieben. Handlungsbedarf bestehe dagegen etwa z.B. im Hinblick auf die Datenschutzkontrolle beim Betriebsrat, so Thüsing.

Nachdem die Thesen der Referenten zum Teil kontrovers diskutiert worden waren, endete der Vormittag mit einer Plenumsabstimmung. Dabei sprach sich der weit überwiegende Teil der anwesenden Datenschutzbeauftragten und -praktiker gegen ein selbstständiges Gesetz zum Arbeitnehmerdatenschutz aus. Als sinnvoll wurde es vielmehr angesehen, regelungsbedürftige Aspekte des Beschäftigtendatenschutzes im Bundesdatenschutzgesetz als dem "Basisgesetz" zum Datenschutz bzw. in bestehenden Spezialgesetzen aufzugreifen. Dies könne über ein entsprechendes Artikelgesetz geschehen.

Inhaltlicher Regelungsbedarf wurde insbesondere im Hinblick auf den Umgang mit Mitarbeiterdaten im Konzernverbund gesehen. Hier bewegten sich die Unternehmen vielfach in einer rechtlichen Grauzone. Gesetzliche Regelungen zur Videoüberwachung, Kontrolle der E-Mail- und Internetnutzung im Unternehmen und dem Umgang mit Gendiagnostikdaten im Arbeitsverhältnis wurden von den Teilnehmern ebenfalls als notwendig angesehen. (GDD: ra)

Weitere Informationen: www.privacyconference2008.org
Der Charta-Vorschlag des BfDI ist hier einzusehen.

Lesen Sie auch:
Datenschutzgesetz soll verschärft werden
Forderung: Datenschutzverstöße härter bestrafen
Datenschutz und Grundgesetz
Lottoskandal deckt massive Datenlecks auf
Callcenter sind im Besitz von Kontodaten


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Datenschutz und Compliance

  • Datenschutz versehentlich oder mutwillig ignoriert

    Dr. h. c. Marit Hansen, die Landesbeauftragte für Datenschutz und Landesbeauftragte für Informationszugang Schleswig-Holstein, hat ihren Tätigkeitsbericht für das Jahr 2023 vorgelegt. Viele Fälle aus der Praxis verdeutlichen, dass Datenschutz wirkt - und wo er manches Mal gefehlt hat. Licht und Schatten gab es auch im Bereich der Informationsfreiheit.

  • KI datenschutzkonform einsetzen

    Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (Datenschutzkonferenz) legt eine Orientierungshilfe mit datenschutz-rechtlichen Kriterien für die Auswahl und den datenschutzkonformen Einsatz von KI-Anwendungen vor.

  • Möglichkeit von Geldbußen gegenüber Behörden

    Die Bundesregierung hat im Februar 2024 einen Gesetzentwurf zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) vorgelegt (BT-Drs. 20/10859). Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK) hat zu relevanten Punkten des Gesetzentwurfs und zu weitergehendem Regelungsbedarf Stellung genommen.

  • Internet-Nutzer dürfen nicht geschröpft werden

    In einem weiteren offenen Brief wendete sich die Deutsche Vereinigung für Datenschutz e.V. (DVD) gemeinsam mit zwölf Bürgerrechtsorganisationen am 07.03.2024 erneut an die Datenschutzaufsichtsbehörden in der Europäischen Union, um zu verhindern, dass eine datenschutzfreundliche Nutzung des Internets nur noch gegen Bezahlen hoher Gebühren möglich ist.

  • Einstieg in eine anlasslose Massenüberwachung

    Die Verhandlungen zum EU-Verordnungsentwurf zur Bekämpfung des sexuellen Online-Kindesmissbrauchs (CSA-Verordnung) sind in eine entscheidenden Phase. Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) und der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDPS) haben anlässlich dessen in einer Gemeinsamen Stellungnahme den EU-Gesetzgeber dazu aufgerufen, die wesentlichen Änderungsvorschläge des Europäischen Parlaments (EP) zu unterstützen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen