Umsetzung des Zahlungsentgelteverbots
1 Jahr Beschwerdestelle Zahlungsentgelte – Wettbewerbszentrale zieht trotz weiteren Klärungsbedarfs positive Bilanz
Seit Einrichtung der Beschwerdestelle zu den Zahlungsentgelten sind bei der Wettbewerbszentrale dazu mehr als 300 Beschwerden eingegangen
Seit 13.01.2018 sind die gesetzlichen Regelungen in Kraft, die es Händlern verbieten, für die gängigsten Zahlungsmöglichkeiten zusätzliche Entgelte vom Verbraucher zu verlangen. Die Wettbewerbszentrale hat im Rahmen ihrer Funktion als Selbstkontrollinstitution der Wirtschaft – wie schon im Bereich der SEPA-Diskriminierung - eine Beschwerdestelle eingerichtet, bei der Gewerbetreibende und Verbraucher seit Januar 2018 Fälle mitteilen können, in denen die neuen Regeln nicht umgesetzt wurden. Für Verbraucher geht es dabei um Preistransparenz, für Unternehmer um die Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen, wenn die Regeln von einzelnen nicht umgesetzt werden. Dies insbesondere dann, wenn deren Angebote auf den ersten Blick günstiger erscheinen, weil diese Kosten erst im Laufe des Bestellvorgangs mitgeteilt werden.
Ergebnisse der Beschwerdestelle
Seit Einrichtung der Beschwerdestelle zu den Zahlungsentgelten sind bei der Wettbewerbszentrale dazu mehr als 300 Beschwerden eingegangen. Betroffen sind nahezu alle Branchen wie Tourismus (z. B. Fluggesellschaften), Daseinsvorsorge, Telekommunikationsanbieter, Gastronomie, stationärer Handel und Online-Händler. Zunächst hat die Wettbewerbszentrale nach Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung die Unternehmen nur formlos aufgefordert, auf Zahlungsentgelte zu verzichten. Hinsichtlich der zum Teil von Kommunen in Taxisatzungen vorgesehen Zahlungsentgelte konnte die Wettbewerbszentrale erreichen, dass die Kommunen eine Änderung zusagten.
Seit Ende März wurden dann 31 förmliche Unterlassungsaufforderungen an verschiedene Unternehmen verschickt. In der Mehrzahl der zum Teil eindeutigen Fälle konnte die Angelegenheit außergerichtlich beigelegt werden. So verpflichteten sich die betreffenden Unternehmen, bei Zahlungen mit den betroffenen Kreditkarten auf die Erhebung eines Zahlungsentgeltes zu verzichten. Ebenso verpflichteten sich die Unternehmen, die beim Einsatz einer EC Karte erhobenen Entgelte, wenn die Kaufsumme einen Mindestbetrag nicht erreicht hatte, in Zukunft nicht mehr zu verlangen. Ein Hotelbetrieb an der Ostsee sah ein Zahlungsentgelt für Kreditkartenzahlung aus "Gerechtigkeitsgründen" sogar in seinen AGB vor, konnte aber überzeugt werden, dass dies gesetzlich nicht zulässig ist.
Für mehr Rechtssicherheit: Wettbewerbszentrale führt erstes erfolgreiches Grundsatzverfahren
In den zum Teil umstrittenen Auslegungsfragen zum neuen Recht müssen am Ende die Gerichte entscheiden. Dazu hat die Wettbewerbszentrale Grundsatzfragen den Gerichten zur Klärung vorgelegt. Die Firma FlixMobility GmbH in München erhob im Rahmen der Buchung von Bustickets sowohl für die SEPA-Überweisung mit dem Bezahldienst "Sofortüberweisung" als auch für die Bezahlung mit Paypal ein Zahlungsentgelt vor. Zu "Sofortüberweisung" gab es bis dahin keinen Streit, dass diese Bezahlmöglichkeit unter die gesetzliche Neuregelung fällt. Bei Zahlung per Paypal ist dies auf Grund einiger eher unklarer Hinweise in den Beratungen des Gesetzes umstritten. Um diese Fragen klären zu lassen hat die Wettbewerbszentrale daher gegen die Firma FlixMobility GmbH beim LG München I Unterlassungsklage eingereicht.
Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 13.12.2018 der FlixMobility GmbH, als Anbieterin der Flixbus-Fahrten, die Berechnung von Zahlungsentgelten sowohl bei Nutzung des Zahlungsdienstes "Sofortüberweisung" als auch bei der Zahlung mittels Paypal untersagt (LG München I, Urteil vom 13.12.2018, Az. 17 HK O 7439/18 - nicht rechtskräftig). Das Landgericht München schloss sich in seinem Urteil der Auffassung der Wettbewerbszentrale zur Unzulässigkeit der erhobenen Zahlungsentgelte an. Sowohl auf die Zahlung per "Sofortüberweisung" als auch auf eine Zahlung mit Paypal sei die gesetzliche Neureglung des § 270a BGB, der Zahlungsentgelte für die gängigsten Zahlungsmethoden untersagt, anwendbar. Die Vorschrift sei auch eine Marktverhaltensregel, die mit den Mitteln des UWG im Wege der privaten Rechtsdurchsetzung geltend gemacht werden könne.
Aus Sicht der Wettbewerbszentrale handelt es sich dabei um eine Entscheidung zu einer grundsätzlichen Frage, die branchenübergreifend sowohl für Unternehmer als auch für Verbraucher Bedeutung hat. Die FlixMobility hat gegenüber der Wettbewerbszentrale bereits angekündigt, Berufung gegen das Urteil des LG München I einlegen zu wollen.
In einem anderen Fall ging die Wettbewerbszentrale gegen die Erhebung von Zahlungsentgelten durch eine in den Niederlanden ansässige Versandapotheke (Apons EU) vor, die Verbrauchern Arzneimittel im Versandweg nach Deutschland liefert. Bei der Zahlung mit Paypal berechnet das Unternehmen ein Zahlungsentgelt. Das Unternehmen berief sich in der außergerichtlichen Korrespondenz u.a. darauf, dass deutsches Verbraucherschutzrecht auf die Bestellung durch in Deutschland ansässige Kunden nicht anwendbar sei, weil in den AGB der Versandapotheke die Geltung niederländischen Rechts mit dem Verbraucher vereinbart werde. Zudem falle eine Zahlung per Paypal nicht unter das gesetzliche Verbot. Auch hier hat die Wettbewerbszentrale zur Klärung dieser grundsätzlichen Fragen Klage beim Landgericht Frankfurt am Main (Az. 3-08 O 80/18) eingereicht. Kurz vor der mündlichen Verhandlung gab die Beklagte eine Unterlassungserklärung ab.
Ebenso ungeklärt ist die Frage, ob je nach Zahlungsart unterschiedliche Produktpreise bzw. Rabatte eingeräumt werden dürfen oder ob auch eine solche Vorgehensweise bereits unter das Zahlungsentgelte-Verbot fällt. Handelt es sich also beispielsweise bei einem wegen Nutzung einer Kreditkarte nicht rabattierten Angebot um eine unzulässige Umgehung des Zahlungsentgelte-Verbots, wenn bei allen anderen Zahlungsarten der Warenpreis rabattiert wird? Derartige Sachverhalte müssen aufgeklärt und weiter rechtlich geprüft werden. Auch hier steht eine Klärung noch aus.
"Grundsätzlich beurteilen wir die Ergebnisse der Beschwerdestelle und Umsetzung des Zahlungsentgelteverbots durch die Unternehmen positiv, weil die Mehrzahl der Unternehmen die neuen Regeln korrekt umgesetzt hat" erläutert Rechtsanwalt Peter Breun-Goerke aus der Geschäftsführung der Wettbewerbszentrale und zuständig für die Beschwerdestelle diese Ergebnisse. "Es gibt aber, wie die Gerichtsverfahren zeigen, zu Detailfragen noch Klärungsbedarf, denen wir im Rahmen unserer Beschwerdestelle nachgehen" erläutert Breun-Goerke weiter. (Wettbewerbszentrale: ra)
eingetragen: 28.01.19
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