Erwünscht: Klärung des Begriffs "Diversity"


GermanBoardRoom: "Ein professioneller Aufsichtsrat braucht klare eindeutige Spielregeln - frei von politischem Gedankengut"
Was wünschen sich Profi-Aufsichtsräte von der Deutsche Corporate Governance Kodex Kommission?


(04.08.10) - In einer Stellungnahme äußert sich Peter H. Dehnen vom GermanBoardRoom zu den wesentlichen Änderungen im Deutschen Corporate Governance Kodex. Unter der Fragestellung: "Was wünschen sich Profi-Aufsichtsräte von der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) Kommission?" mahnt Dehnen die Schaffung eines eindeutigen Regelwerks und eine Klärung des Begriffs "Diversity" an:

Seit dem 26.5.2010 hat der DCGK folgenden neuen Abschnitt 5.4. (www.corporate-governance-code.de/ger/kodex/index.html):

"Der Aufsichtsrat ist so zusammenzusetzen, dass seine Mitglieder insgesamt über die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und fachlichen Erfahrungen verfügen.

Der Aufsichtsrat soll für seine Zusammensetzung konkrete Ziele benennen, die unter Beachtung der unternehmensspezifischen Situation die internationale Tätigkeit des Unternehmens, potentielle Interessenkonflikte, eine festzulegende Altersgrenze für Aufsichtsratsmitglieder und Vielfalt (Diversity) berücksichtigen. Diese konkreten Ziele sollen insbesondere eine angemessene Beteiligung von Frauen vorsehen.

Vorschläge des Aufsichtsrats an die zuständigen Wahlgremien sollen diese Ziele berücksichtigen. Die Zielsetzung des Aufsichtsrats und der Stand der Umsetzung sollen im Corporate Governance-Bericht veröffentlicht werden.

Die Mitglieder des Aufsichtsrats nehmen die für ihre Aufgaben erforderlichen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen eigenverantwortlich wahr. Dabei sollen sie von der Gesellschaft angemessen unterstützt werden."

Dies ist ein klares Bekenntnis zum professionellen Aufsichtsrat, dem uneingeschränkt zuzustimmen ist. Auf die Eigenverantwortung kommt es an - denn Aufsichtsratsmitglieder sind erwachsene, mündige Menschen, die deshalb gewählt werden, weil sie etwas darstellen und weil man ihnen zutraut, zum Wohl des Unternehmens einen Leistungsbeitrag erzeugen zu können.

Andere Formulierungen im Abschnitt 4.5.1 helfen dem Aufsichtsratsmitglied nicht bei seiner Professionalisierung, sondern schaffen eher Verwirrung:

1. "Der Aufsichtsrat ist so zusammenzusetzen, ..." ist eine klare Adresse an das Organ, das den Aufsichtsrat bestellt - nämlich die Hauptversammlung. Eine "Ist"-Regelung ist eine klare Ansage, die keinen Spielraum lässt. Aber hat der DCGK den Aktionären Vorschriften zu machen? Ungeachtet der doch eher unsicheren Rechtsgrundlage für eine solche Anweisung, muss man sich fragen, ob die Kommission sich von ihrer eigenen Zielsetzung abgewendet hat, "das Vertrauen der nationalen und internationalen Anleger ... zu fördern" (1. Präambel DCGK). Kommt hier nicht eher der deutsche Oberlehrer durch? Jedenfalls sind "Spannungen" zwischen Hauptversammlung und Aufsichtsrat vorprogrammiert.

2. "Der Aufsichtsrat soll für seine Zusammensetzung konkrete Ziele benennen ..." ist auf den ersten Blick eine Formulierung, der man nur zustimmen kann. So richtig spannend wird dieser Passus, wenn man ihn im Kontext mit Abschnitt 3.8 DCGK liest: "...Verletzen sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters bzw. Aufsichtsratsmitglieds schuldhaft, so haften sie der Gesellschaft gegenüber auf Schadensersatz."

Aus der Sicht der Praxis stellen sich einem Profi-Aufsichtsrat gleich mehrere Fragen:

• Wie werden einem neu hinzutretenden Aufsichtsrat "die Ziele" vermittelt?
• Was gilt, wenn der Aufsichtsrat sich nicht auf gemeinsame "konkrete Ziele" verständigen kann? Sind die Ziele ständig neu zu setzen, wenn sich die "unternehmensspezifische Situation" ändert? Was ist "Vielfalt (Diversity)" in diesem Kontext - Alter, Geschlecht, Gender, Hautfarbe, Nationalität, Religion und ...?
• Was geschieht, wenn der Aktionär mit den konkreten Zielen nicht einverstanden ist, weil sie ihm z.B. "zu deutsch" erscheinen?
• Darf ein Aufsichtsratsmitglied noch einem anderen Gremium angehören bzw. muss es das Amt niederlegen, wenn es andere Vorstellungen bei den konkreten Zielen der Zusammensetzung des Gremiums hat?

Ein professioneller Aufsichtsrat braucht klare eindeutige Spielregeln - frei von politischem Gedankengut. In deutschen Aufsichtsräten sollen die besten Köpfe sitzen, mit viel internationaler Erfahrung - auch Ausländer. Wenn man diesen Grundforderungen zustimmt, dann darf die Revision des Abschnitts 5.4.1 DCGK nicht lange auf sich warten lassen. Wenn die DCGK-Kommission - zu Recht - professionelle Aufsichtsräte wünscht, dann muss sie für die Arbeit von Profi-Aufsichtsräten eindeutige Regeln definieren.
Und diese sollten so klar, aufbauend und anspornend formuliert sein, dass ein nicht-deutscher Aufsichtsratskandidat nach der Lektüre motiviert ist, in Deutschland ein Mandat anzunehmen.
(GermanBoardRoom: ra)

GermanBoardRoom: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Kommentare und Meinungen

  • Reduktion bürokratischer Hürden war überfällig

    Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) begrüßt, dass die EU-Kommission die Bedeutung des europäischen Verbriefungsmarktes erkannt und konkrete Reformvorschläge vorgelegt hat. Die geplanten Entlastungen bei Sorgfaltspflichten, Reporting und aufsichtlichen Prozessen sind ein Schritt in die richtige Richtung.

  • Haftungsübernahme der Banken & Betrugsproblem

    Die Europäische Union will Betrug eindämmen, bei dem Kundinnen und Kunden von Kriminellen getäuscht und zu Zahlungen verleitet werden. Der Rat hat sich nun auf seine Position zur Änderung des Zahlungsrechts verständigt. Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes und diesjähriger DK-Federführer, betont: "Betrug kann nur wirksam bekämpft werden, wenn alle Beteiligten - Kreditinstitute, Telekommunikationsanbieter und Internetplattformen - ihren Beitrag leisten. Das muss auch der gesetzliche Rahmen widerspiegeln." Denn die Kriminellen entwickelten ihre Betrugsmaschen ständig weiter und nutzen neue Einfallstore über Social Media und andere digitale Kommunikationsmittel. Unerlässlich ist aber auch die Wachsamkeit der Kundinnen und Kunden. "Ohne ihre Mithilfe kann das Problem nicht gelöst werden", so Herkenhoff weiter.

  • Neue EU-Labels zu Langlebigkeit

    Am 20. Juni 2025 trat die neue EU-Ökodesignverordnung in Kraft.?Zugleich gibt es neue EU-Labels zu Langlebigkeit und Reparierbarkeit. Dazu erklärt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder: "Die neuen Regelungen zum Ökodesign und entsprechenden Kennzeichen sind ein wichtiger Schritt für mehr Nachhaltigkeit in der digitalen Welt."

  • Finanzsektor muss mitgedacht werden

    Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) sieht Fortschritte, da sich die EU-Mitgliedsstaaten auf eine allgemeine Ausrichtung zur Omnibus Initiative geeinigt haben. Die ursprünglich von der Europäischen Kommission geplanten Vereinfachungen bei Berichtspflichten im Bereich Sustainable Finance sind ein wichtiger Schritt, um Unternehmen von Bürokratie zu entlasten und Nachhaltigkeit in der Praxis wirksamer zu gestalten.

  • Krisenmanagement & Einlagensicherung

    Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) begrüßt den politischen Kompromiss zur Reform des europäischen Rahmens für Krisenmanagement und Einlagensicherung (CMDI). "Der Kompromiss ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die Einlagensicherung kann modernisiert, das europäische Abwicklungsregime gestärkt werden. Doch zentrale Fragen zur Rolle und finanziellen Belastung nationaler Sicherungssysteme bleiben offen", sagt Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des diesjährigen DK-Federführers Bundesverband deutscher Banken."

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen