Sie sind hier: Home » Markt » Hinweise & Tipps

Ausnahmen bestätigen die Regel


Unterschriften auf Tablet-PCs sind rechtswirksam - mit nur wenigen Ausnahmen
Verbraucherdarlehensdokumente zählen zu den wenigen Ausnahmen, für deren Unterzeichnung der Gesetzgeber explizit die Schriftform vorschreibt


(03.08.12) - Der VOI - Verband Organisations- und Informationssysteme e.V. stellt klar: Die Unterzeichnung auf einem elektronischen Schreibtablett ist rechtssicher, wenn sie kundig umgesetzt ist. Nur sehr selten gelten Ausnahmen, wie im Fall eines Darlehens. Hier hatte das Oberlandesgericht München kürzlich entschieden, dass die Unterzeichnung eines Vertrages auf einem elektronischen Schreibtablett nicht die speziellen Erfordernisse für Verbraucherdarlehen erfüllt. Dadurch entstand allgemeine Verunsicherung, die zu zahlreichen Anfragen beim VOI als neutralem Kompetenzträger führte.

"Verbraucherdarlehensdokumente zählen zu den wenigen Ausnahmen, für deren Unterzeichnung der Gesetzgeber explizit die Schriftform vorschreibt", erklärt VOI-Experte Jörg-M. Lenz. "In den meisten Fällen kann die Form der Unterzeichnung eines Vertrags frei gewählt werden. Deswegen wird man immer öfter gebeten, auf einem Schreibtablett zu signieren, was dann ein absolut rechtsgültiger Vorgang ist."

Seit der Verkündung des Gerichtsurteils (OLG München, Urteil v. 4.6.2012 - 19 U 771/12) erhielt der VOI zahlreiche Anfragen, in welchen Fällen Unterschriften auf sogenannten Pen Pads, Tablets oder dem iPad rechtsgültig sind. Durch manche Berichte über das Urteil entstand die Annahme, die Unterzeichnung auf einem Tablet könnte generell unwirksam sein. "Das Gegenteil ist der Fall - es sind die Ausnahmen, die die Regel bestätigen", stellt Jörg-M. Lenz klar. Zur Verdeutlichung hat der VOI nochmal diese Ausnahmen zusammengetragen:

Konventionelle Signatur oder Chipkarte vorgeschrieben
Im Fall des aktuellen Gerichtsurteils im Zusammenhang mit Verbraucherkrediten ergibt sich die Schriftformerfordernis nach § 126 BGB aus den Voraussetzungen des § 492 BGB.

Weitere Anwendungsbereiche sind grundsätzlich von der elektronischen Form ausgenommen: Vertrag über die Teilnutzung von Wohngebäuden nach § 484 BGB, Dienstzeugnisse nach § 630 BBG, Kündigung von Arbeitsverträgen nach § 632 BGB, Leibrentenversprechen nach § 761 BGB, Bürgschaftserklärung nach § 766 BGB, Schuldversprechen nach § 780 BGB und Anerkennungserklärungen nach § 781 BGB.

Wer elektronische Dokumente in erster Linie mit Behörden, Gerichten, im Gesundheitswesen oder auch im Rahmen der Müllentsorgung elektronisch austauschen will, ist bei einigen Vorgängen gezwungen, sogenannte qualifizierte elektronische Signaturen einzusetzen. Um diese Signaturen erzeugen zu können, muss man spezielle Chipkarten und Kartenleser sowie Zertifikate nutzen. Zugelassen sind nur Produkte und Verfahren mit einer Freigabe durch die Bundesnetzagentur.

Die Regel: Unterschrift auf Tablet für die meisten Vorgänge rechtsgültig
Für die deutlich überwiegende Anzahl zu unterschreibender Vorgänge im Geschäftsleben treffen oben genannte Ausnahmefälle nicht zu, da hier formfreie Vereinbarungen getroffen werden. Man hat folglich die Wahl, auf welches Verfahren zum elektronischen Unterschreiben man sich verlassen will. Die meisten Verträge können auch mündlich geschlossen werden.

Heute wird immer öfter auf Papier verzichtet: In den Filialen deutscher Kreditinstitute wird auf Unterschriften-Pads signiert. Versicherungsunternehmen lassen Anträge auf iPads und Signaturtabletts unterzeichnen. An den Kassen in Möbelhäusern, Schuhläden, Sportgeschäften, Boutiquen oder Telekommunikationsläden finden sich SignPads. Unterschrieben wird beispielsweise zur Eröffnung von Konten, für Lastschriften, Reklamationen, Retouren und zur Dokumentation erbrachter Serviceleistungen. In Dutzenden von Bürgerbüros und KFZ-Zulassungsstellen unterschreiben Bürger ihre Anträge für Identitätsdokumente und zur Anmeldung von Fahrzeugen auf Tablets und Unterschriften-Pads.

Die Sicherheit solcher Verfahren für die elektronische Unterschrift wird unter anderem vom TÜV Saarland überprüft. Im März 2012 hat der TÜV Saarland die erste Anwendung für iPads und Android-Tablets als "Geprüfte App" zertifiziert. Unterschriftsdaten, die mit diesen Verfahren aufgenommen werden, können im Bedarfsfall durch Schriftsachverständige überprüft werden. Sofern Referenzunterschriften in einer Datenbank zur Verfügung stehen, kann unter bestimmten Voraussetzungen auch eine automatische Prüfung per Software in einen Workflow integriert werden, beispielsweise vor der Auslösung nachgelagerter Prozesse oder der Archivierung signierter Dokumente.

Über den jüngsten Stand rund um die Anwendung elektronischer Signaturen informieren Mitglieder des VOI auch gemeinsam mit TeleTrusT am 14. September 2012 in Berlin beim nächsten Signatur-Informationstag und im Zuge von Fachvorträgen im VOI ECM Forum auf der DMS EXPO vom 23. bis 25. Oktober 2012 in Stuttgart. (VOI: ra)

VOI: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Markt / Hinweise & Tipps

  • Generationenkonflikt der IT-Security

    Unternehmen sind auf die Dynamik und frischen Ideen der jungen Generation angewiesen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen und sich weiterzuentwickeln. Es darf jedoch nicht auf Kosten der IT-Sicherheit gehen. Um diesen Spagat zu meistern, braucht es einen Security-Ansatz, der Platz für Fortschritt schafft, anstatt ihn zu behindern.

  • Ist NIS-2 zu anspruchsvoll?

    Die politische Einigung über das Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie NIS-2 und der Stärkung der Cybersicherheit noch vor der Bundestagswahl ist gescheitert. SPD, Grüne und FDP konnten sich nicht auf zentrale Punkte einigen. Damit bleibt über zwei Jahre nach der Verabschiedung der EU-Richtlinie die dringend notwendige gesetzliche Verschärfung aus. Die Umsetzungsfrist wird weiter überschritten

  • Seit 1. Januar 2025 gilt die E-Rechnungspflicht

    Stellen Sie sich vor, Ihr Unternehmen kann plötzlich Rechnungen nicht mehr rechtssicher verschicken. Verzögerte Zahlungen, rechtliche Konsequenzen und möglicherweise ein belastetes Geschäftsverhältnis könnten die Folge sein - und das alles, weil Sie die E-Rechnungspflicht ohne die richtige Software kaum einhalten können.

  • Compliance: Mehr als Datensicherheit

    Neue Regularien und Standards im Bereich Cybersicherheit sorgen dafür, dass das Thema Compliance immer stärker in den Fokus von Unternehmen rückt. Verstöße können zu hohen Bußgeldern und einem massiven Vertrauensverlust führen. Angesichts strengerer Datenschutzregulierungen wie der DSGVO und NIS-2 sowie zunehmender technischer Anforderungen müssen Unternehmen eine klare Strategie verfolgen, um sowohl gesetzliche als auch sicherheitstechnische Vorgaben einzuhalten.

  • DORA: Neue Standards für den Finanzsektor

    Nun müssen Finanzinstitute die Compliance mit der EU-DORA-Verordnung (Digital Operational Resilience Act) nachweisen. Diese Regulierung zielt darauf ab, die digitale Widerstandsfähigkeit des Finanzsektors gegen Cyber-Risiken und operative Störungen zu stärken. Dazu gehören Vorschriften und Richtlinien zu Cyber-Risikomanagement, Datensicherheit, Governance, Ausfallsicherheit und Multi-Cloud-Flexibilität.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen