Beim Widerrufsrecht keine Rechtsunsicherheit
Aus für "Widerrufsjoker" beschlossen: Deutsche Bundesregierung will bestehende Rechte von Bankkunden beschneiden
Die Fehler der Banken möchte die Regierung jetzt mit einem Federstrich zum Nachteil der Verbraucher reparieren
(19.02.16) - Das Bundeskabinett hat laut Bundesjustizministerium (BMJ) ein "Gesetz für mehr Rechtssicherheit" auf den Weg gebracht. Mit dieser Formulierung beschönigt das BMJ den geplanten Eingriff in das Widerrufsrecht von Bankkunden bei alten Krediten. "Die Bundesregierung hat sich offenbar zum Ziel gesetzt, die Banken vor den Kunden zu schützen statt umgekehrt, wie es angebracht wäre. Und das möchte sie der Öffentlichkeit jetzt als Verbraucherschutz verkaufen. Es ist absurd", kritisiert Rechtsanwalt Mathias Corzelius von der Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte in Siegburg. Konkret geht es bei der geplanten Gesetzesänderung um eine nachträgliche Begrenzung des so genannten "Widerrufsjokers" bei alten Darlehen zu Nachteil der Bankkunden.
Die Wahrheit ist: "Es gibt beim Widerrufsrecht keine Rechtsunsicherheit!", sagt Rechtsanwalt Corzelius. Die Sache ist schon heute klar geregelt: Banken müssen Verbraucher beim Abschluss von Darlehen über ein Widerrufsrecht aufklären. Erfolgt die Widerrufsbelehrung fehlerhaft, kann der Kunde den Kreditvertrag laut aktueller Gesetzeslage auch Jahre später noch widerrufen. Der Vertrag wird dann rückabgewickelt. Die Bank darf auch keine Vorfälligkeitsentschädigung kassieren. "Dieses Widerrufsrecht nutzen Bankkunden derzeit, um alte Darlehensverträge mit hohen Zinsen loszuwerden und durch neue Verträge mit niedrigeren Zinsen zu ersetzen. Das ist im Grunde nur deshalb möglich, weil die Banken ihre Kunden zwischen 2002 und 2008 systematisch falsch belehrt haben", erklärt Rechtsanwalt Corzelius.
Die Fehler der Banken möchte die Regierung jetzt mit einem Federstrich zum Nachteil der Verbraucher reparieren. Jetzt kommt alles auf den Gesetzgeber an. "Sollten Bundestag und Bundesrat die Gesetzesvorlage der Regierung durchwinken, ist im Sommer Schluss mit dem Widerrufsjoker bei Altverträgen", sagt Corzelius. Die Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte rät Bankkunden, ihre Chancen auf einen Kreditwiderruf zu prüfen, solange dieser Weg zur Umschuldung noch möglich ist.
Noch haben Verbraucher beim Widerruf von alten Krediten sehr gute Aussichten
Solange die geplante Gesetzesänderung noch nicht beschlossen und nicht in Kraft ist, gelten die alten Regeln. "Wer von hohen Zinsen runterkommen möchte oder sich von einer Bank eine vorschnell gezahlte Vorfälligkeitszahlung zurückholen möchte, kann das Widerrufsrecht derzeit noch für sich nutzen", sagt Rechtsanwalt Mathias Corzelius. Die Einschätzung ihrer Erfolgsaussichten bekommen Bankkunden bei vielen Anwälten sogar kostenlos, so auch von der auf die Rechte von Bankkunden spezialisierten Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte in Siegburg.
Die Erfolgsaussichten eines Kreditwiderrufs sind grundsätzlich gut. Wie gut sie sind, hängt mittelbar vom Jahrgang ab. Am besten sind sie bei Darlehen, die zwischen dem 01.11.2002 und Mitte 2008 abgeschlossen wurden. Hier haben die Banken offenbar die meisten Fehler bei Widerrufsbelehrungen gemacht. 90 Prozent dieser Darlehn lassen sich widerrufen. Bei Verbraucherkrediten ab Mitte 2008 bis 10.06.2010 sind es immerhin noch 75 Prozent. Aber auch bei einem späteren Vertragsabschluss lohnt sich die Prüfung durch einen Anwalt. Die Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte bietet die Ersteinschätzung der Erfolgsaussichten sogar kostenlos an.
Informationen über Widerrufsrechte von Bankkunden finden Verbraucher im Internet u.a. auf der Website www.widerrufsbelehrungen.de
Geplante Gesetzesänderung verstößt vermutlich gegen europäisches Recht
Mit den geplanten Einschnitten in bestehende Rechte von Bankkunden begibt sich Gesetzesgeber voraussichtlich auf rechtliches Glatteis. Rechtsanwalt Mathias Corzelius: "Es gibt rechtliche Parallelen zum Widerspruchsrecht bei Lebensversicherungen. Auch hier hatte der deutsche Gesetzgeber die Verbraucherrechte bei fehlerhaften Widerspruchsbelehrungen zeitlich stark begrenzt. Doch genau diese Regelungen hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2013 mit einem Urteil als europarechtswidrig gebrandmarkt. Dieses Urteil vom EuGH hat der Bundesgerichtshof dann 2014 in einem weiteren Urteil konsequent umgesetzt. Diese Rechtsprechung gibt Anlass zur Hoffnung, dass wir auch die jetzt geplanten Eingriffe in bestehende Rechte von Bankkunden später vor Gericht angreifen können." (Göddecke Rechtsanwälte: ra)
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