Vorratsdatenspeicherung und Bundesrat
Vorratsdatenspeicherung weckt neue Begehrlichkeiten: Zugang zu Vorratsdaten soll nicht auf die Zwecke der Strafverfolgung beschränkt werden
Der Rechtsausschuss des Bundesrates verlangt, die Daten auch zur Erfüllung zivilrechtlicher Auskunftsansprüche z.B. bei Urheberrechtsverletzungen an Privatunternehmen herauszugeben
(30.11.07) - Der Bundesrat befasst sich am Freitag, den 30. November mit dem Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung, das die flächendeckende Vorratsdatenspeicherung von Kommunikationsverbindungen vorschreibt.
Dazu erklärt Oliver Süme, Vorstand Recht und Regulierung des Verbandes der deutschen Internetwirtschaft (eco) e.V.: "Nun tritt ein, wovor die Internetbranche von Anfang an gewarnt hat: Die Vorratsdaten wecken immer neue Begehrlichkeiten. Der Rechtsausschuss des Bundesrates verlangt, die Daten auch zur Erfüllung zivilrechtlicher Auskunftsansprüche z.B. bei Urheberrechtsverletzungen an Privatunternehmen herauszugeben. Nachdem die Vorratsdaten im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens für immer neue Zwecke nutzbar gemacht wurden, wäre das ein Quantensprung in der Ausweitung des Zugriffs. Die Informationen, wer wann mit wem telefoniert hat, eine E-Mail geschickt hat oder im Internet war, lassen weitreichende Schlüsse über persönliche Lebensumstände zu. Ihre Nutzung muss deshalb auf den Zweck der Aufklärung von gravierenden Straftaten und Auskünfte gegenüber Strafverfolgungsbehörden beschränkt bleiben."
Die ursprüngliche Rechtfertigung für das Anhäufen riesiger Mengen sensibler Daten über die Kommunikationsverbindungen aller Bürgerinnen und Bürger war die Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität. Genutzt werden dürfen sie nun aber zusätzlich zur Gefahrenabwehr, durch Nachrichtendienste, und zur Aufklärung auch minder schwerer Straftaten.
Eine noch weitere Ausweitung der Nutzung der Daten durch Privatunternehmen, wie der Bundesrat sie jetzt zusätzlich fordert, wäre verfassungsrechtlich höchst problematisch und würde einen explosionsartigen Anstieg von Auskunftsersuchen nach sich ziehen.
Hintergrund:
Die Verbände der Musik- und Filmwirtschaft fordern, dass der Zugang zu Vorratsdaten nicht auf die Nutzung für Zwecke der Strafverfolgung beschränkt wird. Sie hoffen, die Daten zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen nutzen zu können. Das gegenwärtig in parlamentarischen Beratungen befindliche Durchsetzungsgesetz wird erstmals auch zivilrechtliche Auskunftspflichten der Provider gegenüber Rechteinhabern einführen.
Die Lobby der Rechteinhaber möchte dabei erreichen, dass sie ohne richterliche Kontrolle einen direkten Auskunftsanspruch bekommt. Würden die Beschränkung der Verwendung der Daten und der Richtervorbehalt aufgehoben, hätten Private sogar einen leichteren Zugriff auf die Vorratsdaten als staatliche Stellen.
(eco: ra)
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