Nacktscanner und Privatsphäre der Bürger
Piratenpartei: "Nacktscanner verletzen die Persönlichkeitsrechte von Fluggästen"
Details wie ein künstlicher Darmausgang, ein Herzschrittmacher oder Körperschmuck würden nach wie vor sichtbar bleiben
(06.01.10) - Die Piratenpartei Deutschland lehnt die geplante Einführung der sogenannten Nacktscanner auf deutschen Flughäfen ab und verweist auf die Kritikpunkte des Systems. Sie fordert stattdessen Verbesserungen für das Kontrollpersonal, um mehr Sicherheit zu gewährleisten. Auch den Nutzen der umfangreichen Speicherung von Fluggastdaten stellen die Piraten in Frage.
Nachdem die Geräte zunächst "in aller Klarheit" als "Unfug" bezeichnet wurden [1], will die Regierungskoalition Nacktscanner nun noch in diesem Jahr flächendeckend auf deutschen Flughäfen einführen [2]. Das Argument, dass durch deren Einsatz die Persönlichkeitsrechte der Passagiere verletzt werden, soll durch eine neue Generation der Geräte entkräftet werden. Die vielfach beschriebene und nahezu komplette Wirkungslosigkeit der Scanner wird nach Ansicht der Piratenpartei von der Regierung ignoriert.
Die Piratenpartei Deutschland sieht in den Körperscannern kein sinnvolles Mittel zur Verhinderung von terroristischen Anschlägen in Flugzeugen. Sie seien nur ein sehr geringer Sicherheitszuwachs. Stattdessen würden die Geräte die Intimsphäre und die Persönlichkeitsrechte der Fluggäste verletzen. Auch eine Darstellung der Menschen als schematische Silhouette oder die Verschleierung des Intimbereichs, wie sie die nächste Generation der Geräte bieten soll, ändere daran nichts. Details wie ein künstlicher Darmausgang, ein Herzschrittmacher oder Körperschmuck blieben nach wie vor sichtbar. Die religiösen Rechte von Menschen, die sich nicht nackt zeigen wollen, würden gänzlich missachtet. Auch sei nicht zufriedenstellend geklärt, ob von Körperscannern eine Gefahr für die Gesundheit ausgeht [3].
Die Nutzlosigkeit der Nacktscanner zeige sich unter anderem bei der Betrachtung des jüngsten Attentatsversuchs in den USA. Der von dem Täter verwendete Sprengstoff wäre durch die Geräte nicht erkannt worden [4].
Gleiches gelte für eine Vielzahl anderer potentiell gefährlicher Substanzen. Der Fall zeige außerdem, dass die eigentliche Schwachstelle meist menschliche Entscheidungen sind. Laut US-Medienberichten sei der Täter ohne gültigen Pass an Bord der Maschine gelangt.
Deutliche Mängel in der Tätigkeit des Sicherheitspersonals würden sich auch auf deutschen Flughäfen finden. In einem Feldversuch hätten 30 Prozent einer Gruppe von Testpersonen Schusswaffen an den Sicherheitskontrollen vorbeischmuggeln können. In diesem Zusammenhang werde auch auf die mangelnde Attraktivität des wichtigen Berufs der Kontrolleure aufgrund der schlechten Verdienstmöglichkeiten verwiesen [5].
Nach Meinung der Piratenpartei sollte daher nicht in die neue umstrittene Technik der Körperscanner, sondern stattdessen in das Sicherheitspersonal investiert werden.
"Den Fluggästen wird ein zusätzlicher Schutz vor Anschlägen durch die Nacktscanner nur vorgegaukelt. Unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung wird hier erneut tief in die Privatsphäre der Bürger eingegriffen", äußert sich Nico Kern, Spitzenkandidat der Piratenpartei bei der kommenden Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, zu den Plänen der Regierungskoalition. "Es wäre die Aufgabe der angeblichen Bürgerrechtspartei FDP, ihren Koalitionspartner von dem Vorhaben abzubringen. Aber es zeichnet sich bereits ab, dass sie sich erneut dem Willen der CDU/CSU und der Einflussnahme durch die USA beugen wird."
Der aktuelle vereitelte Anschlag in den USA zeige auch eindrucksvoll, dass die massenhafte Speicherung von Personendaten keinen Schutz vor terroristischen Attacken biete. Der Täter war US-Medienberichten zufolge in der "Terrorist Identity Database" gespeichert und diese wurde angeblich vor dem Flug nicht abgefragt.
Damit verbunden stelle sich die Frage nach der Notwendigkeit des Passagiernamensregisters (PNR), welches alle Daten und Vorgänge rund um eine Flugbuchung aufzeichnet und speichert. Durch dieses Verfahren neben den Körperscannern würden die Passagiere nicht nur "nackt", sondern "gläsern", aber eine zusätzliche Sicherheit werde dadurch offensichtlich nicht gewährleistet. Es ist wahrscheinlicher, dass die Daten missbräuchlich verwendet werden könnten.
Der angesehene Sicherheitsexperte Bruce Schneier sage über die Antiterrormaßnahmen auf Flughäfen, dass sie nur als Show dienen, damit die Menschen sich besser fühlen. Er seider Meinung, dass nur zwei Dinge das Fliegen nach 9/11 sicherer gemacht haben: Verstärkte Cockpittüren und das Wissen der Passagiere, dass sie sich gegen Hijacker wehren könnten [6]. (Piratenpartei: ra)
Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>