Steuertransparenz: multinationale Unternehmen (2)
Wirtschaftliche Aktivitäten multinationaler Unternehmen: Abgeordnete bedauern mangelnde Fortschritte im Rat
"Riesige Konzerne versteuern ihre fetten Gewinne oft nicht. Sie machen Absprachen mit nationalen Regierungen und kreieren Konstrukte, mit denen sie ihren Steuerbetrag nach unten dumpen"
Die EU-Abgeordneten fordern die Mitgliedstaaten auf, sich auf einen Gesetzesentwurf zu einigen, der Konzerne verpflichten soll, ihre wirtschaftlichen Aktivitäten in jedem Land offenzulegen. Ein Vorschlag der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2016 zur länderbezogenen Berichterstattung über steuerrelevante Informationen durch Großkonzerne hat im Rat nur wenige Fortschritte gemacht. Das Europäische Parlament legte seinen Standpunkt zu den Vorschriften bereits im Juli 2017 fest und wartet seitdem darauf, die Verhandlungen mit dem anderen EU-Mitgesetzgeber aufzunehmen.
Der Vorschlag betrifft multinationale Unternehmen mit einem weltweiten Umsatz ab 750 Millionen Euro. Mit diesen Vorschriften sollen die Konzerne verpflichtet werden, ihre erzielten Gewinne und die darauf entrichteten Steuern nach Ländern aufgeschlüsselt offenzulegen.
Rechtsvorschriften, die Unternehmen dazu verpflichten, diese Informationen an die nationalen Steuerbehörden weiterzugeben, wurden bereits von der EU erlassen. Die EU-Abgeordneten argumentieren jedoch, dass die Veröffentlichung der Informationen die Transparenz erhöhen und Unternehmen davon abhalten würde, ihre Gewinne an Niedrigsteuer-Standorte zu verlagern, um eine gerechte Besteuerung zu vermeiden.
In einer Plenardebatte bestanden die Abgeordneten darauf, dass die Öffentlichkeit das Recht habe, mehr über die Besteuerung multinationaler Unternehmen zu erfahren. Die österreichische Abgeordnete und Berichterstatterin Evelyn Regner (S&D) sagte in der Debatte: "Riesige Konzerne versteuern ihre fetten Gewinne oft nicht. Sie machen Absprachen mit nationalen Regierungen und kreieren Konstrukte, mit denen sie ihren Steuerbetrag nach unten dumpen. [...] Die Großkonzerne sind es ganz einfach den Menschen schuldig, dass sie wissen, ob und wie viel Steuern sie zahlen."
"Es geht darum, die öffentliche länderbezogene Berichtspflicht auszubauen, weil sie ein Weg ist, um den Scheinwerfer auf die Steuertrickser zu richten", führte Othmar Karas (EVP, Österreich) aus. Er verwies auf die erfolgreiche Einführung des "Country-by-Country-Reporting" im Bankenbereich. "Warum bauen wir dieses Erfolgsmodell nicht automatisch auf Großkonzerne [...] aus? Was wollen wir denn eigentlich verstecken?", fragte er.
Die mangelnde Transparenz bei der Frage, wie viele Steuern multinationale Konzerne entrichten, schade kleineren Unternehmen, argumentierten andere. "Dieser Vorschlag ist nicht nur für die Steuerbehörden von Vorteil, sondern auch für lokale Unternehmen, darunter viele KMUs, die zu Hause mit solchen Unternehmen konkurrieren, aber nicht den Vorteil haben, ihre Steuerausgaben auf mehrere Jurisdiktionen verteilen zu können", sagte Ondřej Kovařík (Renew Europe, Tschechien).
Die Mitgliedstaaten haben jedoch Schwierigkeiten, sich auf einen Standpunkt zu einigen. Die finnische Ministerin für europäische Angelegenheiten, Tytti Tuppurainen, die im Namen der EU-Ratspräsidentschaft sprach, versicherte den Abgeordneten, dass die Arbeit vorangekommen sei und mehr Sitzungen geplant seien. Sie fügte aber hinzu, dass "auf Seiten des Rates wahrscheinlich noch mehr Zeit zur Klärung seiner Position benötigt wird".
Der Rat stellt auch die Rechtsgrundlage des Kommissionsvorschlags in Frage, die die Rechtfertigung für die EU-Maßnahme darstellt und Auswirkungen auf die Art und Weise hat, wie die Entscheidung getroffen wird. Die Kommission stufte die Regeln als Binnenmarktthema ein. In diesem Fall müssten sich das Parlament und der Rat im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens auf den Text einigen. Der Juristische Dienst des Rates argumentiert wiederum, dass es sich um eine Steuerangelegenheit handele. Hier werden Entscheidungen einstimmig im Rat getroffen und das Parlament nur konsultiert.
Die EU-Abgeordneten wiederum kritisieren das mangelnde Handeln des Rats. Der deutsche Abgeordnete Sven Giegold (Grüne/EFA) betonte in der Debatte: "Es ist für mich eines der großen Rätsel und für viele Bürger auch, warum in Europa sich die Mehrheit der Mitgliedstaaten von einigen Steueroasen einen Teil ihrer Steuereinnahmen wegnehmen lassen. [...] Seit drei Jahren liegt nun ein Vorschlag für Transparenz [...] auf dem Tisch." "Es sind die Regierungen, die dem fairen Wettbewerb und der Steuergerechtigkeit im Wege stehen", führte er aus. (Europäisches Parlament: ra)
eingetragen: 14.11.19
Newsletterlauf: 08.01.20
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