Wettbewerbswidrig abgestimmte Verhaltensweisen?
Kartellrecht: Europäische Kommission unterzieht Verpflichtungsangebote von Penguin zum E-Book-Verkauf einem Markttest
Gegenwärtig vertritt die Kommission die Auffassung, dass Penguin gegen das EU-Kartellrecht verstoßen haben könnte
(23.05.13) - Die Europäische Kommission gibt betroffenen Marktteilnehmern die Möglichkeit, zu den Verpflichtungsangeboten von Penguin (Pearson-Gruppe, Vereinigtes Königreich) Stellung zu nehmen. Mit den Verpflichtungsangeboten sollen die Bedenken der Kommission ausgeräumt werden, Penguin könnte sich an wettbewerbswidrigen abgestimmten Verhaltensweisen beteiligt haben, die sich negativ auf den Verkauf von E-Books im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) auswirken. Die Verpflichtungsangebote stimmen im Wesentlichen mit denjenigen überein, die Simon & Schuster, Harper Collins, Hachette und Holtzbrinck vorgelegt hatten und die die Europäische Kommission im Dezember 2012 für rechtsverbindlich erklärt hat. Wenn der Markttest ergibt, dass die Verpflichtungsangebote geeignet sind, die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission auszuräumen, kann die Kommission sie für Penguin für rechtsverbindlich erklären.
Gegenwärtig vertritt die Kommission die Auffassung, dass Penguin gegen das EU-Kartellrecht verstoßen haben könnte, das Kartelle und wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen verbietet, indem Penguin im Verkauf von E-Books, gemeinsam mit den vier genannten Verlagen sowie Apple, von einem Großhandelsmodell auf Agenturverträge umgestellt hat, die alle dieselben zentralen Bedingungen enthalten (insbesondere eine ungewöhnliche sogenannte "Meistbegünstigungsklausel" in Bezug auf die Einzelhandelspreise). Das Agenturmodell gibt den Verlagen mehr Kontrolle über die Einzelhandelspreise. Die Kommission befürchtet, dass diese Umstellung Ergebnis einer – von Apple unterstützten – Abstimmung zwischen den konkurrierenden Verlagen gewesen sein könnte, mit der die Einzelhandelspreise von E-Books im EWR angehoben bzw. ein Rückgang der Preise verhindert werden sollte.
In den Verpflichtungsangeboten bietet Penguin an, bestehende Agenturverträge zu kündigen und fünf Jahre lang auf Meistbegünstigungsklauseln zu verzichten. Sollte Penguin neue Agenturverträge schließen, wären Einzelhändler berechtigt, zwei Jahre lang den Einzelhandelspreis von E-Books selbst festzusetzen, sofern der Gesamtwert der vom jeweiligen Einzelhändler gewährten Rabatte nicht den jährlichen Gesamtbetrag der Provisionen übersteigt, den der Einzelhändler vom Verleger erhält.
Betroffene Marktteilnehmer können innerhalb eines Monats nach Veröffentlichung der Verpflichtungsangebote dazu Stellung nehmen.
Hintergrund
Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel 53 des EWR-Abkommens verbieten Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen oder den Wettbewerb verhindern oder einschränken können.
Nach unangekündigten Nachprüfungen im März 2011 leitete die Kommission im Dezember 2011 das Kartellverfahren gegen Simon & Schuster, Harper Collins, Hachette, Holtzbrinck, Penguin und Apple ein. Im September 2012 konsultierte die Kommission Interessenträger zu dem Entwurf der Verpflichtungsangebote seitens Simon & Schuster, Harper Collins, Hachette, Holtzbrinck und Apple, mit denen die von der Kommission vorläufig festgestellten wettbewerbsrechtlichen Bedenken ausgeräumt werden sollten. Im Dezember 2012 erklärte die Kommission die Verpflichtungen für die vier Verlage und Apple für rechtsverbindlich. Penguin beschloss damals, der Kommission nicht gleichzeitig mit den anderen Parteien Verpflichtungsangebote zu unterbreiten. Nach konstruktiven Gesprächen mit der Kommission hat Penguin nun jedoch Verpflichtungsangebote vorgelegt, um einen baldigen Abschluss des Falls zu erreichen.
Wenn der Markttest ergibt, dass die angebotenen Verpflichtungen die von der Kommission aufgezeigten wettbewerbsrechtlichen Probleme in angemessener Weise lösen, kann die Kommission einen Beschluss nach Artikel 9 der EU-Kartellverordnung 1/2003 erlassen und die Zusagen damit für Penguin für verbindlich erklären. Ein solcher Beschluss nach Artikel 9 dient nicht dazu, einen Verstoß gegen das EU-Kartellrecht festzustellen, sondern die beteiligten Unternehmen zur Einhaltung seiner Zusagen zu verpflichten. Bei Nichteinhaltung der Verpflichtungen kann die Kommission gegen das Unternehmen eine Geldbuße von bis zu 10 Prozent seines weltweiten Jahresumsatzes verhängen, ohne einen Verstoß gegen die Kartellvorschriften feststellen zu müssen. (Europäische Kommission: ra)
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