Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Vorläufige wettbewerbsrechtliche Bedenken


Fusionskontrolle: EU-Kommission stellt geplante Übernahme von iRobot durch Amazon auf den Prüfstand
Amazon könnte in die Lage versetzt werden und den Anreiz haben, die Wettbewerber von iRobot vom Markt auszuschließen



Die Europäische Kommission hat eine eingehende Prüfung der geplanten Übernahme von iRobot durch Amazon nach der EU-Fusionskontrollverordnung eingeleitet. Die Kommission befürchtet, dass Amazon durch die Übernahme in der Lage wäre, den Wettbewerb auf dem Markt für Saugroboter zu beschränken und seine Stellung als Online-Marktplatz-Anbieter zu stärken.

Amazon ist Anbieter eines Online-Marktplatzes (Amazon Stores), der es Einzelhändlern ermöglicht, Produkte (wie Saugroboter) zu bewerben und an Kunden zu verkaufen. Amazon ist auf seinem Marktplatz als Einzelhändler für verschiedene Produkte (einschließlich Saugroboter) tätig. Das Unternehmen bietet auch den Sprachassistenten Alexa an. iRobot stellt Saugroboter her und verkauft diese unter anderem über den Online-Marktplatz von Amazon.

Das Vorprüfverfahren der Kommission ergab, dass Amazon nach dem Zusammenschluss in der Lage sein könnte, i) den Wettbewerb auf dem Markt für die Herstellung und Lieferung von Saugrobotern zu beschränken und ii) seine Stellung auf dem Markt für Online-Marktplatzdienste für Drittverkäufer (und damit verbundene Werbedienstleistungen) und/oder auf anderen datenbezogenen Märkten auszubauen.

Insbesondere stellte die Kommission vorläufig Folgendes fest:

>> Der Online-Marktplatz von Amazon ist ein besonders wichtiger Absatzkanal für Saugroboter in mehreren EU-Mitgliedstaaten.

>> Amazon könnte in die Lage versetzt werden und den Anreiz haben, die Wettbewerber von iRobot vom Markt auszuschließen, indem es sie daran hindert, Saugroboter auf dem Online-Marktplatz von Amazon zu verkaufen, und/oder ihnen den Zugang zum Online-Marktplatz durch verschiedene Strategien erschwert. Möglich wären folgende Strategien: i) bevorzugte Anzeige der Saugroboter von iRobot sowohl in den Ergebnissen der nicht bezahlten (d. h. organischen) Suche als auch der bezahlten Suche (d. h. Werbung) auf dem Marktplatz von Amazon, ii) Ausschluss der Wettbewerber von iRobot von bestimmten Werbedienstleistungen und/oder iii) Erhöhung der Kosten für die Wettbewerber von iRobot, wenn diese ihre Saugroboter auf dem Marktplatz von Amazon bewerben oder verkaufen möchten. Solche Abschottungsstrategien könnten den Wettbewerb auf dem Markt für die Herstellung und Lieferung von Saugrobotern einschränken und würden zu höheren Preisen, geringerer Qualität und weniger Innovation für die Verbraucher führen.

>> Amazon könnte in die Lage versetzt werden und den Anreiz haben, die Wettbewerber von iRobot vom Markt auszuschließen, indem es sie daran hindert, auf bestehende und/oder künftige Programmierschnittstellen der Alexa-Software von Amazon zuzugreifen oder die "Works with Alexa"-Zertifizierung (WWA-Zertifizierung) zu verwenden, bzw. den Zugang zu beidem erschwert. Die Interoperabilität mit der Alexa-Software und der Zugang zur WWA-Zertifizierung scheinen wichtige Verkaufsargumente im Wettbewerb zwischen Herstellern bzw. Anbietern von Saugrobotern zu sein.

>> Amazon würde Zugang zu den Daten der iRobot-Nutzer erhalten, unter anderem zu i) Informationen, die von den Nutzern der Saugroboter von iRobot bereitgestellt werden, ii) Informationen, die von den Saugrobotern von iRobot gesammelt werden, und iii) Informationen, die iRobot von Dritten erhebt. Diese Daten könnten Amazon einen wichtigen Vorteil auf dem Markt für Online-Marktplatzdienste für Drittverkäufer (und damit verbundene Werbedienstleistungen) und/oder auf anderen datenbezogenen Märkten verschaffen. Beispielsweise können die Daten von iRobot es Amazon ermöglichen, die organischen Suchergebnisse und Werbeanzeigen auf seinem Marktplatz besser zu platzieren oder die Werbung besser zu personalisieren und gezielter auszurichten, wodurch konkurrierende Marktplatzanbieter gegenüber den Online-Marktplatzdiensten von Amazon im Nachteil wären. Somit könnte der Zusammenschluss für die Wettbewerber von Amazon zu Marktzutritts- und Expansionsschranken führen, was zulasten der Verbraucher ginge.

Die Kommission wird die Auswirkungen des Vorhabens nun eingehend prüfen, um festzustellen, ob sich ihre wettbewerbsrechtlichen Bedenken bestätigen.

Die Kommission arbeitete während des Vorprüfverfahrens eng mit anderen Wettbewerbsbehörden zusammen und wird diese Zusammenarbeit auch während des eingehenden Prüfverfahrens fortsetzen.

Das Vorhaben wurde am 1. Juni 2023 bei der Kommission zur Genehmigung angemeldet. Nun muss die Kommission innerhalb von 90 Arbeitstagen, also spätestens am 15. November 2023, einen Beschluss erlassen. Die Einleitung einer eingehenden Prüfung greift dem Ergebnis der Untersuchung nicht vor.

Unternehmen und Produkte
Amazon ist ein multinationales Unternehmen mit Sitz in den USA. Über seinen Online-Marktplatz können Einzelhändler Produkte (wie Saugroboter) bewerben und an Kunden verkaufen. Amazon wird in seinen Amazon Stores auch als Einzelhändler für verschiedene Produkte (einschließlich Saugroboter) tätig und bietet zudem den Sprachassistenten Alexa an.

iRobot ist ein US-amerikanischer Hersteller von Saugrobotern, die das Unternehmen unter anderem über den Online-Marktplatz von Amazon verkauft. (EU-Kommission: ra)

eingetragen: 30.07.23
Newsletterlauf: 31.08.23


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Kontrollen der Zoll- und Marktüberwachungsbehörden

    Die Europäische Kommission ergreift Maßnahmen gegen Risiken durch Einfuhren von geringem Wert, die von Online-Einzelhändlern aus Drittländern und über Marktplätze, auf denen Händler aus Nicht-EU-Ländern tätig sind, verkauft werden. Diese Maßnahmen sind Teil der Mitteilung über den elektronischen Geschäftsverkehr mit dem Titel "Ein umfassendes EU-Instrumentarium für einen sicheren und nachhaltigen elektronischen Geschäftsverkehr", die die Kommission vorgelegt hat.

  • HTA-Rechtsvorschriften und -Verfahren

    Die Bewertung von Gesundheitstechnologien (Health Technology Assessment - HTA) ist ein wissenschaftlicher, evidenzbasierter Prozess, bei dem Informationen über medizinische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und ethische Gesichtspunkte im Zusammenhang mit dem Einsatz einer Gesundheitstechnologie zusammengefasst werden. Beispiele für Gesundheitstechnologien sind Arzneimittel und Medizinprodukte.

  • Arzneimittel und Medizinprodukte

    Am 12. Januar 2025 trat die Verordnung über die Bewertung von Gesundheitstechnologien (HTA) in Kraft. Damit soll der EU-weite Zugang von Patienten zu innovativen und wirksamen Gesundheitstechnologien erheblich verbessert werden.

  • Diskriminierung von Medizinprodukten

    Ein veröffentlichter Bericht, in dem die anhaltende Diskriminierung von EU-Medizinprodukten auf dem chinesischen Beschaffungsmarkt hervorgehoben wird, fließt in die Entscheidung der Kommission ein, mit welchen Maßnahmen hier gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen der EU und China hergestellt werden sollen.

  • Entscheidungen in Vertragsverletzungsverfahren

    Die EU-Kommission erlässt eine Reihe von Beschlüssen zu Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten, die nicht mitgeteilt haben, welche Maßnahmen sie zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Recht ergriffen haben. Dabei übermittelt die Kommission zunächst Aufforderungsschreiben an alle Mitgliedstaaten, die keine nationalen Maßnahmen zur Umsetzung von Richtlinien gemeldet haben, deren Umsetzungsfrist vor Kurzem abgelaufen ist.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen