Vertrag über die Energiecharta
EU teilt Austritt aus dem Vertrag über die Energiecharta mit und schafft EU-interne Schiedsverfahren ab
Die Kommission hat im Namen der EU über eine Modernisierung des ECV verhandelt, um ihn mit den Klima- und Energiezielen der Union und ihrem Investitionsschutzrahmen in Einklang zu bringen
Die EU hat den letzten Schritt unternommen, um aus dem Vertrag über die Energiecharta (ECV) auszutreten, einer multilateralen Handels- und Investitionsübereinkunft für den Energiesektor, die nicht mit den Klima- und Energiezielen der EU im Rahmen des europäischen Grünen Deals und des Übereinkommens von Paris vereinbar ist.
Der Rat und die Kommission haben der Regierung Portugals als amtlicher Verwahrerin des Vertrags zwei schriftliche Notifikationen übermittelt, in denen sie den Austritt der Europäischen Union bzw. von Euratom mitteilen. Der Austritt wird in einem Jahr wirksam. Den Notifikationen ging die im vergangenen Monat erzielte Einigung der EU-Energieminister über die Vorschläge der Kommission zur gleichzeitigen Verfolgung des Austritts und der Modernisierung des Vertrags voran.
Die Union und ihre Mitgliedstaaten sind außerdem förmlich übereinkommen, die EU-internen Schiedsverfahren im Rahmen des ECV, die gegen das Unionsrecht verstoßen, abzuschaffen. Konkret soll mit dieser Übereinkunft im Interesse der Gerichte und Schiedsgerichte klargestellt werden, dass die im ECV vorgesehene Schiedsklausel in den Beziehungen zwischen einem EU-Investor und einem EU-Land nicht anwendbar ist und nie anwendbar war.
Diese Übereinkunft geht auf das Urteil in der Rechtssache Komstroy zurück, in dem der Gerichtshof entschieden hat, dass die Schiedsklausel des ECV dahin gehend auszulegen ist, dass sie auf Streitigkeiten zwischen einem Mitgliedstaat und einem Investor aus einem anderen Mitgliedstaat über eine Investition des Investors im zuerst genannten Mitgliedstaat nicht anwendbar ist. Mit anderen Worten sind nach Unionsrecht in diesem Rahmen Schiedssprüche ungültig und können daher nirgends in der Union vollstreckt werden.
Dieses Urteil ist für alle Mitgliedstaaten und ihre nationalen Gerichte verbindlich. Die Schiedsgerichte hielten sich jedoch nicht immer an die eindeutige Rechtsprechung der Unionsgerichte, sondern erklärten sich weiterhin für zuständig und erließen Schiedssprüche in EU-internen Verfahren. Die Mitgliedstaaten, die EU und Euratom haben daher beschlossen, eine völkerrechtliche Übereinkunft auszuhandeln, um diese Angelegenheit zu regeln. Mit dieser Übereinkunft wird im Interesse der Gerichte und Schiedsgerichte klargestellt, dass die im ECV vorgesehene Schiedsklausel in den Beziehungen zwischen einem EU-Investor und einem EU-Mitgliedstaat nicht anwendbar ist.
Die Mitgliedstaaten und die Union kamen ferner überein, den Abschluss der Verhandlungen über die Übereinkunft mit einer Erklärung zu den rechtlichen Folgen des Komstroy-Urteils zu begleiten. Diese Erklärung wurde am 26. Juni unterzeichnet. Die Erklärung wurde mit ihrer Unterzeichnung wirksam und wird später im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Die Inter-se-Übereinkunft unterliegt nun internen Verfahren, die zu ihrer Unterzeichnung und ihrem Inkrafttreten führen sollen. Die Kommission arbeitet derzeit für die Union und Euratom die erforderlichen Vorschläge aus, um die Unterzeichnung und die Annahme der Übereinkunft zu genehmigen.
Beide Texte spiegeln die Rechtsprechung des Gerichtshof der Europäischen Union wider und stehen voll und ganz im Einklang mit dem etablierten Standpunkt der Union, der bei zahlreichen Gelegenheiten, auch in öffentlichen Gerichtsverfahren in Drittländern, zum Ausdruck gebracht wurde. Das Sekretariat der Energiecharta wurde über diese Übereinkunft unterrichtet.
Hintergrund
Der Vertrag über die Energiecharta ist eine multilaterale Handels- und Investitionsübereinkunft für den Energiesektor, die 1994 unterzeichnet wurde und 1998 in Kraft trat. Die Europäische Union ist zusammen mit Euratom und (Stand 26. Juni 2024) 22 EU-Mitgliedstaaten sowie Japan, der Schweiz, der Türkei, den meisten Ländern des westlichen Balkans und der ehemaligen UdSSR, mit Ausnahme von Russland und Belarus, Vertragspartei des Vertrags. Von den EU-Mitgliedstaaten zog sich Italien 2015 einseitig zurück. Frankreich, Deutschland, Polen und Luxemburg sind bereits aus dem ECV ausgetreten. Auch Slowenien, Portugal und Spanien haben ein Austrittsverfahren eingeleitet.
Die Kommission hat im Namen der EU über eine Modernisierung des ECV verhandelt, um ihn mit den Klima- und Energiezielen der Union und ihrem Investitionsschutzrahmen in Einklang zu bringen. Da unter den Mitgliedstaaten jedoch keine Mehrheit erzielt wurde, hat die EU noch nicht für die Modernisierung des ECV gestimmt. Die Kommission hat daraufhin vorgeschlagen, dass die EU, Euratom und die Mitgliedstaaten – hauptsächlich aufgrund von Bedenken im Zusammenhang mit dem Schutz von Investitionen in fossile Brennstoffe – aus dem nicht modernisierten Vertrag austreten. Unter dem belgischen EU-Ratsvorsitz wurde im vergangenen Monat eine Einigung mit den Mitgliedstaaten erzielt, das Austrittsverfahren und den Modernisierungsprozess parallel fortzusetzen.
Gleichzeitig arbeitet die Kommission seit Jahren gemeinsam mit den Mitgliedstaaten daran, den rechtlichen Rahmen für Streitigkeiten im Rahmen des ECV zu klären. Die Kommission hat dem Rat, dem Europäischen Parlament und den Mitgliedstaaten im Oktober 2022 eine Mitteilung übermittelt, in der sie ihre Absicht darlegte, Verhandlungen über eine Übereinkunft zwischen der Union, Euratom und den Mitgliedstaaten in Bezug auf die Auslegung des Vertrags über die Energiecharta einzuleiten, die insbesondere die Bestätigung enthalten sollte, dass innerhalb der EU der Vertrag über die Energiecharta keine Anwendung findet und daher nicht als Grundlage für Schiedsverfahren dienen kann.
Die Union trat dem Vertrag über die Energiecharta mit Partnerländern in der ganzen Welt im Rahmen ihrer externen Energiepolitik bei. Das in diesem Vertrag enthaltene Angebot zur Schlichtung von Streitigkeiten sollte niemals das mit den EU-Verträgen geschaffene Rechtsschutzsystem ersetzen. In seinem Urteil in der Rechtssache Komstroy erkannte der EuGH an, dass dies der einzige geeignete Weg zur Auslegung des Vertrags über die Energiecharta ist. (EU-Kommission: ra)
eingetragen: 10.07.24
Newsletterlauf: 30.08.24
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