Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Ungarn muss Mehrwertsteuerrecht ändern


Steuern: Europäische Kommission fordert Ungarn auf, seine MwSt-Vorschriften über Restwertleasing von Pkw zu ändern
Einschränkung ist mit dem EU-Recht unvereinbar - Einschränkung des Rechts auf Abzug der auf die Leasingkosten berechneten Mehrwertsteuer stellt eine Belastung für den Leasingnehmer dar


(27.06.11) - Die Europäische Kommission hat Ungarn förmlich aufgefordert, sein Mehrwertsteuerrecht zu ändern, das es Leasingnehmern nicht erlaubt, bei Restwertleasing von Personenkraftwagen den Vorsteuerabzug zu nutzen. Nach ungarischem Recht kann der Leasingnehmer seit dem 1. Januar 2008 die vom Leasinggeber auf das Restwertleasing eines Personenkraftwagens berechnete Mehrwertsteuer nicht abziehen. Die EU-MwSt-Richtlinie 2006/112/EG gibt Steuerpflichtigen jedoch das Recht, die auf erworbene Gegenstände und empfangene Dienstleistungen berechnete Mehrwertsteuer abzuziehen.

Sie ermächtigt die Mitgliedstaaten zwar auch, dieses Recht auf Vorsteuerabzug einzuschränken, allerdings nur, wenn die betreffenden Bestimmungen bereits vor dem EU-Beitritt galten. Da die fragliche ungarische Bestimmung am 1. Januar 2008, also nach dem im Mai 2004 erfolgten Beitritt Ungarns zur EU, eingeführt wurde, verstößt sie gegen das EU-Recht.

In der Praxis bedeuten die ungarischen Bestimmungen, dass Bürgerinnen und Bürger den Vorsteuerabzug, auf den sie nach EU-Recht Anspruch haben, nicht nutzen können. Die Einschränkung des Rechts auf Abzug der auf die Leasingkosten berechneten Mehrwertsteuer stellt eine Belastung für den Leasingnehmer dar.

Die Aufforderung der Kommission ergeht in Form einer "mit Gründen versehenen Stellungnahme", dem zweiten Schritt eines EU-Vertragsverletzungsverfahrens. Sollte die Kommission innerhalb von zwei Monaten keine zufriedenstellende Antwort erhalten, kann sie Ungarn beim Gerichtshof der Europäischen Union verklagen.

Hintergrund
Restwert-Leasingverträge sind Vereinbarungen, bei denen der Leasingnehmer nur dann ggf. Eigentümer des Fahrzeugs werden kann, wenn er die zu Vertragsende vorgesehene Abschlusszahlung geleistet hat. Der zu zahlende Betrag entspricht dem Unterschied zwischen dem bei Vertragsunterzeichnung geschätzten Restwert zum Ende der Leasing-Laufzeit und dem tatsächlichen Marktwert des Fahrzeugs bei Laufzeitende.

Nach den seit 1. Januar 2008 geltenden ungarischen Rechtsvorschriften kann der Leasingnehmer die vom Leasinggeber auf das Restwertleasing eines Personenkraftwagens berechnete Mehrwertsteuer nicht abziehen.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seiner Rechtsprechung (siehe Urteil in der Rechtssache C-78/00, Randnr. 28) das in Artikel 167 der EU-MwSt-Richtlinie 2006/112/EG verankerte Recht von Steuerpflichtigen bestätigt, die auf erworbene Gegenstände und empfangene Dienstleistungen berechnete Mehrwertsteuer abzuziehen. Dabei handelt es sich um einen fundamentalen Grundsatz des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems, der prinzipiell nicht eingeschränkt werden kann.

Nach Artikel 176 der MwSt-Richtlinie darf das Recht auf Vorsteuerabzug durch nationale Rechtsvorschriften eingeschränkt werden, die bereits zum Zeitpunkt des EU-Beitritts des Mitgliedstaats bestanden. Da die ungarische Einschränkung aber erst eingeführt wurde, nachdem Ungarn seit Mai 2004 der EU beigetreten war, ist sie mit dem EU-Recht unvereinbar.

Für die neuesten allgemeinen Informationen über Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten siehe:
http://ec.europa.eu/eu_law/infringements/infringements_de.htm
(Europäische Komission: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Durchsetzung des Kartellrechts

    Die Europäische Kommission hat die Evaluierungsergebnisse für die EU-Verordnungen, in denen die Verfahren für die Anwendung der EU-Wettbewerbsvorschriften festgelegt sind (Verordnungen 1/2003 und 773/2004), in Form einer Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen veröffentlicht.

  • Halbleiterfertigungsanlage in Dresden

    Die Europäische Kommission hat eine 5 Mrd. EUR schwere deutsche Maßnahme zur Unterstützung der European Semiconductor Manufacturing Company ("ESMC") beim Bau und Betrieb eines Mikrochip-Werks in Dresden nach den EU-Beihilfevorschriften genehmigt.

  • Einfuhren von Elektrofahrzeugen

    Im Rahmen ihrer laufenden Antisubventionsuntersuchung hat die Europäische Kommission den interessierten Parteien heute den Entwurf ihrer Entscheidung zur Einführung endgültiger Ausgleichszölle auf die Einfuhren batteriebetriebener Elektrofahrzeuge aus China offengelegt.

  • Transparenz der Werbung

    Die EU-Kommission hat X von ihrer vorläufigen Auffassung in Kenntnis gesetzt, dass es in Bereichen im Zusammenhang mit "Dark Patterns", Transparenz der Werbung sowie Datenzugang für Forschende gegen das Gesetz über digitale Dienste (DSA) verstößt.

  • Lebensmittel-Lieferdiensten in Europa

    Die Europäische Kommission hat ein förmliches Kartellverfahren eingeleitet, um zu prüfen, ob Delivery Hero und Glovo durch Beteiligung an einem Kartell im Bereich der Online-Bestellung und -Lieferung von Mahlzeiten, Lebensmitteln und sonstigen Verbrauchergütern im Europäischen Wirtschaftsraum ("EWR") gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften verstoßen haben. Delivery Hero und Glovo zählen zu den größten Lebensmittel-Lieferdiensten in Europa. Delivery Hero hielt ab Juli 2018 eine Minderheitsbeteiligung an Glovo, bis es im Juli 2022 die alleinige Kontrolle über das Unternehmen erwarb.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen