Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren


Verkehr: Pläne zu Straßenbenutzungsgebühren müssen Fairness für alle Fahrer gewährleisten
Diskriminierung durch Gebührensysteme für Privatfahrzeuge: Nichtdiskriminierung ist ein im EU-Recht verankertes Grundrecht

(24.05.12) - Die Europäische Kommission hat Leitlinien herausgegeben, in denen sie darauf hinweist, dass Systeme für die Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren nach dem EU-Recht ausländische Fahrer nicht diskriminieren dürfen. Ziel der Leitlinien ist es, Mitgliedstaaten, die die Einführung neuer Gebührensysteme für Privatfahrzeuge erwägen, bei der Konzipierung solcher Systeme zu unterstützen.

Vizepräsident Siim Kallas erklärte hierzu: "Nichtdiskriminierung ist ein im EU-Recht verankertes Grundrecht. Für einen französischen oder britischen Staatsangehörigen muss es genauso leicht sein, Slowenien oder Belgien zu durchfahren wie für Personen mit Wohnsitz in dem betreffenden Land. Systeme für die Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren müssen für alle transparent und fair sein."

Derzeitige Situation
Sieben Mitgliedstaaten – Österreich, Bulgarien, die Tschechische Republik, Ungarn, Rumänien, die Slowakei und Slowenien – verfügen über ein Gebührensystem für Privatfahrzeuge, das auf der Ausgabe von Vignetten mit zeitlich befristeter Gültigkeit basiert. Auch Belgien will demnächst eine Vignettenregelung einführen. Ferner sind in den Niederlanden und in Dänemark Diskussionen über die Einführung von Systemen zur Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren, auch für Privatfahrzeuge, im Gange.

Die Eurovignetten-Richtlinie der EU enthält eine transparente Liste der Kosten, die im Falle schwerer Nutzfahrzeuge in Rechnung gestellt werden können, z. B. Infrastrukturkosten und externe Kosten wie Luftverschmutzung und Lärm. Für Privatfahrzeuge gibt es keine solchen Vorschriften. Die grundlegenden Bestimmungen des Vertrags untersagen jedoch jegliche Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit.

Im Laufe der Jahre waren die Systeme für die Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren für Privatfahrzeuge Anlass zahlreicher bei der Kommission eingegangener Beschwerden. Einige Regelungen waren in der Tat nicht mit den einschlägigen EU-Vorschriften vereinbar. 1996 musste Österreich seine Pläne für die Einführung eines Vignettensystems abändern, nachdem die Europäische Kommission erklärt hatte, dass die ausschließliche Ausgabe von Jahresvignetten eine Benachteiligung ausländischer Fahrer darstelle. 2008 leitete die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Slowenien ein, weil dort nur Halbjahresvignetten erhältlich waren. Die Behörden führten daraufhin Wochenvignetten ein.

Leitlinien der Kommission
Die Kommission möchte den Mitgliedstaaten Orientierungen an die Hand geben, wie ein nichtdiskriminierendes Entgeltsystem auszugestalten ist.

1. Eindeutigen Vorzug gibt die Kommission entfernungsabhängigen Mautsystemen, da diese grundsätzlich fairer und mit Blick auf das Aussenden von Preissignalen effizienter als zeitabhängige Vignettenaufklebersysteme sind. Werden sie nicht sorgfältig konzipiert, ist bei Vignettensystemen die Wahrscheinlichkeit höher, dass sich ausländische Fahrer, die einfach nur ein Land durchfahren wollen, mit nicht zu rechtfertigenden Schwierigkeiten konfrontiert sehen.

2. Zeitabhängige Vignettensysteme müssen folgenden Voraussetzungen genügen:

a) Mindestanforderungen hinsichtlich der Verfügbarkeit von Vignetten mit kurzer Gültigkeitsdauer: Sowohl für Personen, die ihren Wohnsitz im betreffenden Land haben, als auch für Nichtansässige müssen mindestens Vignetten mit wöchentlicher, monatlicher und jährlicher Gültigkeitsdauer angeboten werden. Es liegt auf der Hand, das Nichtansässige am häufigsten Kurzzeitvignetten nutzen werden.

b) Ein akzeptables Verhältnis der durchschnittlichen Tagespreise: Dabei handelt es sich um den durchschnittlichen Preis, ausgedrückt als Tagesäquivalent, den eine nicht im betreffenden Land wohnende Person (für die Vignette mit der kürzesten Gültigkeitsdauer, z. B. eine Wochenvignette) zu zahlen hat, ins Verhältnis gesetzt zu dem Preis, den eine im betreffenden Land wohnende Person für die Vignette mit der längsten Gültigkeitsdauer (z. B. eine Jahresvignette) zahlt.

Bei Zugrundlegung der derzeit geltenden Systeme kann sich der durchschnittliche Tagespreis für einen Nichtansässigen in einer Größenordnung zwischen dem 2,5-fachen und dem 8,2-fachen des von einem Ansässigen verlangten Preises bewegen. Dieser Preis wäre als akzeptable Obergrenze zu betrachten. Zum Vergleich: Der maximal zulässige Quotient für schwere Nutzfahrzeuge beläuft sich nach der Eurovignetten-Richtlinie auf das 7,3-fache.

Es kann objektive Gründe dafür geben, dass für Kurzzeitvignetten höhere Gebühren erhoben werden, so etwa die höheren Verwaltungskosten. Diese betreffenden Kosten müssen jedoch gerechtfertigt und angemessen sein.

c) Transparente Informationen: Für Nichtansässige sollten leicht zugängliche, klare Informationen zu den Straßenbenutzungsgebühren bereitgestellt werden. Außerdem sollten verschiedene Zahlungsoptionen zur Verfügung stehen, unter anderem leicht zugängliche Mautstellen an den Grenzen sowie die Möglichkeit einer Zahlung per Telefon oder über das Internet. Durchsetzungsmaßnahmen müssen sich nicht zwangsläufig auf grenznahe Bereiche konzentrieren.

Hintergrund – Straßenbenutzungsgebühren
Es steht jedem Mitgliedstaat frei zu entscheiden, ob er Straßenbenutzungsgebühren einführen will, wenn ja, für welche Fahrzeuge er sie einführen will und auf welche Weise die Gebühren erhoben werden sollen. Bisher haben sich einige Mitgliedstaaten für die Einführung eines entfernungsabhängigen Mautsystems und einige für ein zeitabhängiges Vignettensystem entschieden. Andere wiederum erheben überhaupt keine Gebühren.

Als Anlage ist eine Tabelle beigefügt, aus der die aktuellen Straßenbenutzungsgebühren in den sieben Mitgliedstaaten ersichtlich sind, in denen Vignetten eingeführt wurden.

Sie auch:
http://ec.europa.eu/transport/road/road_charging/charging_private_vehicles_en.htm
http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/12/471&format=HTML&aged=0&language=DE&guiLanguage=en
(Europäische Kommission: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Kontrollen der Zoll- und Marktüberwachungsbehörden

    Die Europäische Kommission ergreift Maßnahmen gegen Risiken durch Einfuhren von geringem Wert, die von Online-Einzelhändlern aus Drittländern und über Marktplätze, auf denen Händler aus Nicht-EU-Ländern tätig sind, verkauft werden. Diese Maßnahmen sind Teil der Mitteilung über den elektronischen Geschäftsverkehr mit dem Titel "Ein umfassendes EU-Instrumentarium für einen sicheren und nachhaltigen elektronischen Geschäftsverkehr", die die Kommission vorgelegt hat.

  • HTA-Rechtsvorschriften und -Verfahren

    Die Bewertung von Gesundheitstechnologien (Health Technology Assessment - HTA) ist ein wissenschaftlicher, evidenzbasierter Prozess, bei dem Informationen über medizinische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und ethische Gesichtspunkte im Zusammenhang mit dem Einsatz einer Gesundheitstechnologie zusammengefasst werden. Beispiele für Gesundheitstechnologien sind Arzneimittel und Medizinprodukte.

  • Arzneimittel und Medizinprodukte

    Am 12. Januar 2025 trat die Verordnung über die Bewertung von Gesundheitstechnologien (HTA) in Kraft. Damit soll der EU-weite Zugang von Patienten zu innovativen und wirksamen Gesundheitstechnologien erheblich verbessert werden.

  • Diskriminierung von Medizinprodukten

    Ein veröffentlichter Bericht, in dem die anhaltende Diskriminierung von EU-Medizinprodukten auf dem chinesischen Beschaffungsmarkt hervorgehoben wird, fließt in die Entscheidung der Kommission ein, mit welchen Maßnahmen hier gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen der EU und China hergestellt werden sollen.

  • Entscheidungen in Vertragsverletzungsverfahren

    Die EU-Kommission erlässt eine Reihe von Beschlüssen zu Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten, die nicht mitgeteilt haben, welche Maßnahmen sie zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Recht ergriffen haben. Dabei übermittelt die Kommission zunächst Aufforderungsschreiben an alle Mitgliedstaaten, die keine nationalen Maßnahmen zur Umsetzung von Richtlinien gemeldet haben, deren Umsetzungsfrist vor Kurzem abgelaufen ist.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen