EU will Einführung einer Finanztransaktionssteuer
Jährliche Einnahmen von etwa 57 Milliarden EUR möglich: Finanztransaktionssteuer soll am 1. Januar 2014 in Kraft
Durch die Finanztransaktionssteuer sollen 85 Prozent der zwischen Finanzinstituten durchgeführten Transaktionen besteuert werden
(07.10.11) - Die Kommission hat ihren Vorschlag für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union vorgestellt. Die Steuer würde auf alle zwischen Finanzinstituten durchgeführten Transaktionen mit Finanzinstrumenten erhoben werden, sofern mindestens eine Transaktionspartei in der Europäischen Union ansässig ist. Der Handel mit Anteilen und Anleihen würde mit einem Steuersatz von 0,1 Prozent und Derivatkontrakte mit einem Steuersatz von 0,01 Prozent besteuert werden. Dadurch wären jährliche Einnahmen von etwa 57 Milliarden EUR möglich. Nach dem Vorschlag der Kommission soll die Steuer am 1. Januar 2014 in Kraft treten.
Die Kommission hat aus zwei Gründen die Einführung einer neuen Steuer auf Finanztransaktionen vorgeschlagen:
>> Erstens soll sichergestellt werden, dass der Finanzsektor in Zeiten der Haushaltskonsolidierung in den Mitgliedstaaten einen angemessenen Beitrag leistet. Der Finanzsektor hatte einen wesentlichen Anteil an der Entstehung der Wirtschaftskrise, während die Regierungen und damit die Bürger Europas die Kosten für die massiven durch Steuergelder finanzierten Rettungspakete für den Finanzsektor getragen haben. Zudem wird der Sektor im Vergleich zu anderen Sektoren gegenwärtig zu gering besteuert. Der Vorschlag würde zu erheblichen zusätzlichen Steuereinnahmen aus dem Finanzsektor führen, die den öffentlichen Kassen zufließen sollen.
>> Zweitens würde ein koordinierter Rahmen auf EU-Ebene zur Stärkung des EU-Binnenmarktes beitragen. Gegenwärtig wenden zehn Mitgliedstaaten eine Art Finanztransaktionssteuer an. Durch den Vorschlag würden neue Mindeststeuersätze eingeführt und die unterschiedlichen in der EU bereits bestehenden Finanztransaktionssteuern harmonisiert. Dies wird zur Verringerung von Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt beitragen, von riskanten Handelsgeschäften abhalten und die regulatorischen Maßnahmen zur Vermeidung künftiger Krisen ergänzen. Die Finanztransaktionssteuer auf EU-Ebene würde die Position der EU in der Debatte über gemeinsame Regeln zur Einführung einer weltweiten Finanztransaktionssteuer, insbesondere im Rahmen der G20, stärken.
Die Einnahmen durch die Steuer würden zwischen der EU und den Mitgliedstaaten aufgeteilt werden. Ein Teil der Steuer würde als EU-Eigenmittelquelle genutzt werden, durch die die nationalen Beiträge teilweise verringert werden könnten. Die Mitgliedstaaten können sich zu einer Erhöhung des Einnahmeteils entscheiden, indem sie Finanztransaktionen mit einem höheren Steuersatz belegen.
Algirdas Šemeta, Kommissar für Steuern und Zollunion, Audit und Betrugsbekämpfung, erklärte: "Mit diesem Vorschlag wird die Europäischen Union zum Wegbereiter für die Einführung einer weltweiten Finanztransaktionssteuer. Unser Vorschlag ist wohl durchdacht und praktikabel. Ich bin mir sicher, dass diese Steuer die Erwartungen der EU-Bürger im Hinblick auf einen angemessenen Beitrag des Finanzsektors erfüllt. Zudem bin ich zuversichtlich, dass unsere Partner in der G20 einsehen werden, dass es in ihrem Interesse liegt, uns auf diesem Weg zu folgen."
Hintergrund
Infolge der Krise stieg die öffentliche Verschuldung in allen 27 Mitgliedstaaten von weniger als 60 Prozent des BIP im Jahr 2007 in den darauffolgenden Jahren auf 80 Prozent an. Der Finanzsektor erhielt erhebliche finanzielle Unterstützung vonseiten der Regierungen. Die EU-Mitgliedstaaten wendeten im Verlauf der Krise 4,6 Billionen EUR zur Rettung des Finanzsektors auf. Zusätzlich hat der Finanzsektor in den vergangenen Jahren von niedrigen Steuern profitiert. So kommt der Finanzsektor aufgrund der Mehrwertsteuerbefreiung auf Finanzdienstleistungen jährlich in den Genuss von Steuervorteilen in Höhe von ca. 18 Milliarden EUR. Eine neue den Finanzsektor belastende Steuer würde sicherstellen, dass die Finanzinstitute einen Beitrag zu den Kosten der Bewältigung der Wirtschaftskrise leisten, und sie von riskanten und unproduktiven Handelsgeschäften abhalten.
Durch die Finanztransaktionssteuer sollen 85 Prozent der zwischen Finanzinstituten durchgeführten Transaktionen besteuert werden. Bürger und Unternehmen wären von der Steuer ausgenommen. Hypotheken, Kredite, Versicherungsverträge und andere normale Finanztätigkeiten von Privatpersonen oder kleinen Unternehmen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Vorschlags.
Die Kommission hat die Möglichkeit der Besteuerung des Finanzsektors auf EU-Ebene seit einigen Monaten geprüft. Am 29. Juni 2011 hat die Kommission im Zusammenhang mit dem mehrjährigen Finanzrahmen erklärt, dass sie einen Vorschlag für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer als neue Eigenmittelquelle für den EU-Haushalt vorlegen werde.
Nach diesem Beschluss wurden verschiedene Steuerinstrumente analysiert, mit denen der Finanzsektor dazu gebracht werden könnte, zur Erholung der EU-Wirtschaft beizutragen.
Gleichzeitig hat die Kommission seit 2009 gemeinsam mit ihren internationalen Partnern in der G20 (auf den Gipfeln von Pittsburgh und Toronto) Möglichkeiten zur Einführung einer weltweiten Finanztransaktionssteuer erörtert.
Nächste Schritte
Der Vorschlag wird mit allen Mitgliedstaaten im EU-Ministerrat erörtert werden, bevor ihn die Kommission auf dem G20-Gipfel im November vorstellen wird. (Europäische Kommission: ra)
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