Probleme auf dem Binnenmarkt für Bauprodukte
Freier Warenverkehr: Europäische Kommission verklagt Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof wegen Handelshemmnissen für Bauprodukte
Die Kommission hatte zahlreiche Beschwerden von Herstellern und Einführern von Bauprodukten erhalten
(02.07.12) - Die Europäische Kommission hat beschlossen, Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof zu verklagen, weil es gegen die EU-Vorschriften über die Harmonisierung der Vermarktung von Bauprodukten verstößt. Aufgrund dieses Verstoßes können Hersteller aus anderen Mitgliedstaaten Bauprodukte nur unter großen Schwierigkeiten auf dem deutschen Markt verkaufen.
Die Kommission hat zahlreiche Beschwerden von Herstellern und Einführern von Bauprodukten erhalten, die allesamt mit großen Schwierigkeiten beim Verkauf ihrer Produkte auf dem deutschen Markt konfrontiert sind. Der Grund dafür liegt durchgehend in dem Umstand, dass Bauprodukte gemäß deutschen Rechtsvorschriften zusätzliche nationale Kennzeichnungen tragen oder Genehmigungen aufweisen müssen, obwohl diese bereits mit einem CE-Zeichen versehen sind und in anderen Mitgliedstaaten rechtmäßig vertrieben werden.
Nach der Bauprodukterichtlinie (89/106/EWG) sind die Mitgliedstaaten befugt, Leistungsanforderungen für Bauprodukte vorzuschreiben, vorausgesetzt, sie behindern damit nicht den freien Verkehr mit Waren, die das CE-Zeichen tragen. Dieselbe Regelung ist in der soeben verabschiedeten Bauprodukteverordnung (305/2011/EU) in sogar noch eindeutigerer Form enthalten.
Hintergrund
Damit der Binnenmarkt für Bauprodukte reibungslos funktioniert, wurde durch harmonisierte europäische Normen eine "gemeinsame Fachsprache" eingeführt, durch die die Leistung von Bauprodukten beschrieben und festgelegt werden soll. Wenn Mitgliedstaaten verlangen, dass Produkte, die eigentlich von einer harmonisierten Norm abgedeckt sind, zusätzlich geprüft werden sollen, obwohl sie das CE-Zeichen tragen, dann erzeugt das Handelshemmnisse auf dem Binnenmarkt.
Der Entscheidung der Kommission, Deutschland vor dem Gerichtshof zu verklagen, ging ein ausführlicher Informationsaustausch zwischen der Kommission und Deutschland voraus. Im Verlauf dieses Informationsaustauschs bestätigten die deutschen Behörden, dass sie das nationale System der "Bauregellisten" verwenden und sich darauf stützen, was für bestimmte Bauprodukte letztlich die Kennzeichnung mit dem "Ü-Zeichen" erforderlich macht. Nach diesem nationalen System müssen auch Bauprodukte, die bereits das CE-Zeichen tragen, zusätzlichen Prüfungen unterzogen werden und eine nationale Genehmigung erhalten, bevor sie in Deutschland vermarktet werden können.
Die Klage der Kommission gegen Deutschland zielt auf Bauprodukte ab, die von bestimmten harmonisierten europäischen Normen abgedeckt sind (insbesondere Türen, Tore und Wärmedämmprodukte). Da die Kommission jedoch eine große Zahl ähnlicher Beschwerden erhalten hat – d. h. Beschwerden in Bezug auf die von deutscher Seite geübte Praxis bei der Behandlung von Produkten, die auch von einigen anderen harmonisierten Normen abgedeckt sind – ist sie der Ansicht, dass das Gerichtsurteil Auswirkungen auf das gesamte deutsche System der "Bauregellisten" haben sollte.
Auf die Bauproduktebranche entfallen 15 Prozent der industriellen Wertschöpfung in der EU; ihr Anteil am Handel innerhalb der EU von nur 5 Prozent zeigt jedoch, dass diese Branche noch nicht so offen ist wie andere Bereiche des Verarbeitenden Gewerbes. Zu den Bauprodukten zählen mehr als 40 Produktfamilien wie etwa Türen, Wärmedämm- und Bedachungsprodukte, Zement oder Ziegelsteine. (Europäische Kommission: ra)
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