Berechnung der regulierten Entgelte
Europäische Kommission setzt Vorschlag der österreichischen Regulierungsbehörde zur Preisregulierung auf dem Breitband-Vorleistungsmarkt aus
Selbst wenn niedrige Zugangsentgelte dem Wettbewerb möglicherweise kurzfristig zugute kommen, dürften sie Innovationen und effiziente Investitionen in neue und verbesserte Infrastrukturen behindern
(27.08.13) - Die Europäische Kommission hat einen Vorschlag der österreichischen Telekommunikations-Regulierungsbehörde TKK zur Berechnung der regulierten Entgelte ausgesetzt, die die etablierte Betreiberin – Telekom Austria – anderen Betreibern für die Nutzung ihrer Breitbandinfrastruktur in Rechnung stellen darf. Die Kommission hat Bedenken, dass das Regulierungskonzept möglicherweise nicht mit dem EU-Telekommunikationsrecht vereinbar ist, weil es effiziente Breitbandinvestitionen gefährdet. Außerdem könnte es künstliche Hemmnisse auf dem Binnenmarkt schaffen.
Neelie Kroes, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, erklärte dazu: "Uneinheitliche Zugangspreise für Breitbandnetze in der EU bremsen Investitionen in moderne Netze. Der Vorschlag der TKK muss die richtigen Anreize für nationale und multinationale Betreiber geben, das alte Kupferleitungsnetz durch ein modernes Netz zu ersetzen, und dadurch für mehr Stabilität und Berechenbarkeit sorgen."
Die TKK hat ein Kostenmodell entwickelt, das ein Vorleistungsentgelt von 15,34 EUR pro Monat für Betreiber vorsieht, die Zugang zu Kupferleitungen der Telekom Austria erhalten wollen. Die Kommission befürchtet, dass bei dem Modell nicht alle EU-Vorschriften berücksichtigt wurden und dadurch die kalkulierten Preise für den Zugang zum Kupferleitungsnetz über dem EU-Durchschnitt liegen. Die TKK hat allerdings beschlossen, dem Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht nicht diesen Höchstpreis aufzuerlegen, und schlägt stattdessen einen erheblich niedrigeren Preis von 5,87 EUR pro Monat vor, der nach einem Verfahren zur Ermittlung einer Preis-Kosten-Schere (PKS-Test) ermittelt wurde.
Selbst wenn solch niedrige Zugangsentgelte dem Wettbewerb möglicherweise kurzfristig zu Gute kommen, dürften sie Innovationen und effiziente Investitionen in neue und verbesserte Infrastrukturen behindern und letztlich dazu führen, dass sich die Investitionen der Betreiber nicht mehr amortisieren würden. Ein weiterer Nachteil dieses Regulierungskonzepts besteht darin, dass es nicht zu einem stabilen, berechenbaren Umfeld für Telekom Austria und andere Betreiber beiträgt, da die anhand eines PKS-Tests ermittelten Preise jährlich neu überprüft werden können. Inländische und ausländische Betreiber hätten letztlich weniger Anreize, in Österreich zu investieren, was negative Folgen für die Schaffung eines europaweiten Telekommunikationsmarktes hätte.
Die österreichische Regulierungsbehörde hat nun drei Monate Zeit, um mit der Kommission und dem Gremium europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (Gerek) eine Lösung auszuarbeiten. In der Zwischenzeit wird die Umsetzung des Vorschlags ausgesetzt.
Hintergrund
Am 25. Juni 2013 erhielt die Kommission einen Maßnahmenentwurf der TKK, der sowohl den Vorleistungsmarkt für den Zugang zu Netzinfrastrukturen an festen Standorten als auch den Vorleistungsmarkt für den Breitbandzugang in Österreich zum Gegenstand hat.
Die TKK schlägt vor, die Preise auf beiden Märkten anhand eines PKS-Tests festzusetzen, obwohl für den Netzinfrastrukturzugang auf der Vorleistungsebene zur Wettbewerbssicherung auch ein kostenorientiert kalkuliertes Preisniveau existiert, das anhand eines zukunftsorientierten Modells ermittelt wurde; der eigentliche Preis ist jedoch noch nicht festgelegt worden.
Die Kommission bestätigt den Ermessensspielraum der TKK bei der Wahl der Kostenberechnungsmethode im Rahmen der Regulierung der Zugangsentgelte. Sie ist jedoch der Auffassung, dass die TKK die Wahl des von ihr verfolgten Ansatzes nicht hinreichend begründet hat.
Mit dem Beschluss der Kommission, eine eingehende Prüfung einzuleiten, beginnt die zweite Phase des Verfahrens nach Artikel 7a der EU-Telekommunikationsrichtlinie.
Artikel 7 der Telekommunikations-Rahmenrichtlinie schreibt vor, dass nationale Regulierungsbehörden für Telekommunikation die Kommission, das Gerek (Gremium europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation) und die Telekommunikations-Regulierungsbehörden in anderen EU-Ländern von Maßnahmen unterrichten, die sie zur Behebung von Wettbewerbsproblemen auf den betreffenden Märkten einführen wollen.
Darüber hinaus kann die Kommission nach den neuen Vorschriften weitere Harmonisierungsmaßnahmen in Form von Empfehlungen oder (verbindlichen) Beschlüssen erlassen, falls Ungereimtheiten zwischen den Regulierungsansätzen der nationalen Regulierungsbehörden (z. B. bei Abhilfemaßnahmen) in der EU längerfristig fortbestehen.
Das Schreiben der Kommission an die österreichische Regulierungsbehörde wird veröffentlicht unter:
https://circabc.europa.eu/
(Europäische Kommission: ra)
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