Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
Klagewelle und Missbrauch sind ausgeblieben: Vor einem Jahr trat das "Allgemeines Gesetz zur Gleichbehandlung" in Kraft
Verbot von Diskriminierung per Gesetz: Geschlecht, Behinderung und Alter - häufigste Diskriminierungsmerkmale – Gesetz geht zurück auf die EU-Richtlinien zur Gleichbehandlung
(20.08.07) - Vor einem Jahr ist das "Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz" in Kraft getreten. Die Leiterin der ebenfalls vor einem Jahr eingerichteten Antidiskriminierungsstelle zog in Berlin eine erste Bilanz. Eine ihrer Schlussfolgerungen: einen Pakt mit der Wirtschaft schmieden. Für Martina Köppen, seit Februar 2007 Leiterin der Antidiskriminierungsstelle (ADS), ist die Aufbauarbeit abgeschlossen. Die lange Debatte um das "Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz" (AGG) müsse nun beendet werden. "Es ist Zeit für einen Neuanfang", sagte Köppen.
Dieser soll vor allem aus einem Pakt mit der Wirtschaft bestehen. Es geht darum, Unsicherheiten bezüglich des Gesetzes abzubauen und somit eine vernünftige Handhabung des AGG zu ermöglichen. Zu diesem Zweck werde sie Wissenschaft, Beratungsstellen, Politik und Wirtschaft an einen Tisch bringen. "Die Unternehmen werden langfristig gewinnen, wenn sie sich das Thema Chancengleichheit zu eigen machen", erklärte Köppen. Damit wies sie Kritik der Wirtschaft auf Grund gestiegener Verwaltungskosten zurück.
Die Chancen für einen Pakt mit der Wirtschaft beurteilte Köppen auch deshalb als gut, weil viele der Befürchtungen nicht eingetreten seien. "Die Klagewelle ist ausgeblieben", stellte Köppen fest. Das liege vor allem daran, dass die meisten Betroffenen an einer gütlichen Einigung interessiert seien. Zudem sei der Missbrauch des Gesetzes nur ein Randproblem. Außerdem seien die Gerichte in der Lage, fingierte Fälle von echten Diskriminierungsfällen zu unterscheiden.
Seit der Einrichtung der Antidiskriminierungsstelle gingen dort gut 2.300 Beratungsanfragen ein. Viele dieser Anfragen sind allgemeiner Art gewesen. 40 Prozent der Anfragen kamen von Betroffenen, die sich auf Grund von Benachteiligungen an die Beratungsstelle wandten. Das waren Benachteiligungen wegen des Geschlechts, einer Behinderung oder des Alters. Aber auch Diskriminierung auf Grund der ethnischen Herkunft sei ein zentrales Anfragethema, so Köppen. Die Antidiskriminierungsstelle wird künftig über ihre Arbeit offensiver informieren. Geplant ist auch ein Internetauftritt. Ziel ist, dass mehr Menschen die Unterstützung der ADS in Anspruch nehmen.
Allgemeines Gesetz zur Gleichbehandlung (AGG)
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz soll Frauen und Männer im Arbeits- und Geschäftsleben vor Diskriminierungen schützen. Sie dürfen wegen ihrer Rasse, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion, Behinderung, Alter oder sexueller Orientierung nun nicht mehr benachteiligt werden. Das Gesetz trat am 18. August in Kraft. Es geht zurück auf die EU-Richtlinien zur Gleichbehandlung.
Was änderte sich am Arbeitsplatz?
Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf den Schutz vor Diskriminierung am Arbeitsplatz. Jedoch nicht jede unterschiedliche Behandlung ist gleich eine verbotene Benachteiligung. Sie muss sachlich gerechtfertigt sein. So ist zum Beispiel ein Höchstalter bei der Einstellung für bestimmte Tätigkeiten möglich.
Werden Beschäftigte diskriminiert, haben sie Anspruch auf Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens. Sie können ihre Ansprüche vor dem Arbeitsgericht einklagen. Im Falle einer Kündigung findet allerdings ausschließlich das Kündigungsschutzgesetz Anwendung.
Was änderte sich bei Vermietung?
Auch im Bereich des täglichen Lebens werden Rechtsbeziehungen künftig neu geregelt. Das betrifft beispielsweise Verträge mit Lieferanten, Dienstleistern und Vermietern. Ausgenommen wenn Vermieter und Mieter auf einem Grundstück wohnen. Erst ab einer Vermietung von mehr als 50 Wohnungen findet das AGG Anwendung. Bei der Vermietung von Wohnraum soll aber weiterhin eine sozial ausgewogene Zusammenstellung der Mietergemeinschaft zulässig bleiben.
Was änderte sich beim Einkauf?
Bei Massengeschäften des täglichen Lebens (Einkauf im Supermarkt) gibt es künftig keine Diskriminierung in Bezug auf Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion, Behinderung, Alter und sexuelle Identität. Der private Bereich, wie der Verkauf eines gebrauchten Autos, ist davon ausgenommen.
Was änderte sich bei Versicherungsgeschäften?
Versicherungen können weiterhin die Risiken sachlich kalkulieren und zu unterschiedlichen Vertragsbedingungen für einzelne Risikogruppen kommen. Auch im zivilrechtlichen Bereich muss der Schaden ersetzt werden, der durch einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot entstanden ist.
Wie wird das Recht geltend gemacht?
Die Betroffenen müssen ihre Ansprüche innerhalb von zwei Monaten mit Beweisen (Indizien) ihrer Benachteiligung geltend machen. Das AGG sieht vor, beim Bundesministerium für Familie, Senioren Frauen und Jugend eine unabhängige und weisungsfreie Antidiskriminierungsstelle einzurichten. Dort sollen von Diskriminierung betroffene Personen zur Klärung ihrer Situation und zu den Möglichkeiten des rechtlichen Vorgehens beraten werden.
Gleichzeit hat die Antidiskriminierungsstelle eine Schlichtungsfunktion zwischen den Beteiligten und kann auch zu Stellungnahmen auffordern. Gegenüber Bundesbehörden hat sie ein Auskunftsrecht.
(Deutsche Bundesregierung: ra)
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