Wirtschaftsprotest gegen Meldepflichten


Spitzenverbände lehnen es ab, dass meldepflichtige Stellen wie Banken bei Verstößen gegen die Meldepflicht für entgangene Steuern haften sollen
Nach den neuen Vorschriften sollen auch bei Kreditfinanzierungen regelmäßig die Steuer-Identifikationsnummern der Kunden erhoben werden müssen - Kreditkonten wie andere Konten zu behandeln, sei nicht nachvollziehbar, denn diese dienten nicht dem Zahlungsverkehr und nicht dem Einlagengeschäft



Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft haben sich gegen ihrer Ansicht nach zu weitreichende Meldepflichten bei Geschäftsbeziehungen von Bankkunden ins Ausland gewandt. Es würden faktisch alle Wirtschaftsunterehmen in Nicht-EU- oder Nicht-EFTA-Staaten "unter Generalverdacht" gestellt, erklärten die Verbände in einer gemeinsam abgegebenen Stellungnahme in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses.

Grundlage der öffentlichen Anhörung war der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (18/11132). Mit dem Entwurf zieht die Bundesregierung die Konsequenzen aus der Veröffentlichung der sogenannten "Panama Papers". So sollen Steuerumgehungsmöglichkeiten mittels der Gründung und Nutzung von Briefkastenfirmen verhindert werden. Durch zusätzliche Auskunfts- und Informationspflichten sollen die Möglichkeiten der Finanzbehörden zur Feststellung von im Ausland angesiedelten Domizilgesellschaften (wie Briefkastenfirmen auch genannt werden) verbessert werden. Außerdem sieht der Entwurf die Aufhebung des bisher in Paragraf 30a der Abgabenordnung (AO) geregelten steuerlichen Bankgeheimnisses vor.

Die Spitzenverbände lehnten es ab, dass meldepflichtige Stellen wie Banken bei Verstößen gegen die Meldepflicht für entgangene Steuern haften sollen. Auch die Bundessteuerberaterkammer riet dazu, bei der Einführung neuer Meldepflichten darauf zu achten, die Meldepflichtigen nicht zu überlasten beziehungsweise "nichts Unmögliches von ihnen zu verlangen". Grundsätzlich stellte die Kammer fest: "Wir halten die derzeit zu beobachtende Tendenz, Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen außerhalb von EU oder EFTA unter der allgemeinen Überschrift von Transparenz mit immer mehr zusätzlichen sanktionsbewehrten Melde- und Berichtspflichten zu belegen, für bedenklich." Die Meldepflicht sei "sehr weitgehend ausgestaltet", wurde beklagt. Die von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einem Antrag (18/2877) erhobene Forderung nach einer Bundessteuerverwaltung lehnte die Steuerberaterkammer ab. Das sei keine Lösung des Problems.

Zustimmung für die Neuregelung gab es dagegen vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), der das Instrumentarium als "tauglich" bezeichnete, um wirtschaftliche Beteiligungen in Drittstaaten erfassen zu können. Die Anwendung nur auf Drittstaaten zu beziehen, könne jedoch problematisch sein, so der DGB. Die Regelung müsse flächendeckend angewendet werden. Für die Deutsche Steuer-Gewerkschaft handelt es sich bei Panama nur um "die Spitze des Eisbergs". Wie der DGB plädierte auch die Steuer-Gewerkschaft dafür, die Regelung nicht nur auf Drittstaaten anzuwenden.

Der Bankenfachverband, die die Interessen von 56 Kreditbanken vertritt, sprach in der Anhörung ein anderes Thema an. Nach den neuen Vorschriften sollen auch bei Kreditfinanzierungen regelmäßig die Steuer-Identifikationsnummern der Kunden erhoben werden müssen. Kreditkonten wie andere Konten zu behandeln, sei nicht nachvollziehbar, denn diese dienten nicht dem Zahlungsverkehr und nicht dem Einlagengeschäft. Daher könnten Kreditkonten auch keinen "Verfügungsberechtigten" haben. Wenn die Kunden bei Verbraucherkrediten oder Internetgeschäften ständig die Steuer-ID angeben müssten, könne dies zu zahlreichen Geschäftsabbrüchen führen. Dagegen begrüßte das Bundeszentralamt für Steuern die Verpflichtung der Kreditinstitute, bei Kontoeröffnungen die steuerlichen Identifikationsmerkmale des Kontoinhabers zu erfassen und zu übermitteln, da es tatsächlich Doppelgänger mit identischem Namen und Geburtsdatum gebe. Mit dem Gesetzentwurf würden die Möglichkeiten zur Feststellung entsprechender Sachverhalte und zur Beitreibung von Steuerforderungen wesentlich verbessert.

Grundsätzliche Kritik an dem Gesetzentwurf kam vom Netzwerk Steuergerechtigkeit und von "WEED - Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung". Briefkastenfirmen seien ein ungelöstes Problem: "Briefkastenfirmen untergraben die Integrität der Finanz- und Steuersysteme und schaden so massiv der Allgemeinheit." Auch nach der geplanten Neuregelung werde es möglich bleiben, in EU-Staaten wie Malta anonyme Briefkastenfirmen zu gründen. Das seien Lücken, die geschlossen werden müssten. Markus Henn vom Netzwerk Steuergerechtigkeit wies darauf hin, dass es auf den Britischen Jungferninseln 400.000 Briefkastenfirmen gebe.

Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft begrüßte in der Anhörung ausdrücklich die geplante Abschaffung des Paragrafen 30a (Bankgeheimnis), während Banken- und Unternehmensverbände in ihren Stellungnahmen dagegen protestierten. Wenn das Bankgeheimnis aufgehoben werde, drohe eine nachhaltige Beschädigung des Vertrauensverhältnisses zwischen Kreditinstituten und Kunden, erklärte die Deutsche Kreditwirtschaft, der Zusammenschluss der Bankenverbände. Nach Angaben der Kreditwirtschaft werden private Kapitalerträge seit Einführung der Abgeltungsteuer 2009 "lückenlos erfasst". Eine Verkürzung von Steuern in diesem Bereich sei "faktisch ausgeschlossen".

Mit einem anderen Thema befasste sich die Stellungnahme des Fondsverbandes BVI. Er bat darum, den Beginn der Investmentsteuerreform um ein Jahr zu verschieben. Angesichts der Komplexität der Neuregelungen sei eine Umsetzung in diesem Jahr nicht mehr zu schaffen. Auch seien viele Umsetzungsfragen noch offen. Auch der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft nahm zur Investmentsteuerreform Stellung und warnte vor "Kollateralschäden". (Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 25.04.17
Home & Newsletterlauf: 11.05.17


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