Anhaltend hohe Dispozinsen


Die Preisspanne der angebotenen Zinssätze offenbart, dass in vielen Fällen keinerlei Orientierung an den realen Kosten stattfindet
Die Unkosten der Banken für die Gewährung eines Kredits können die Bruttomarge der Banken nicht rechtfertigen, zumal sich der Interbankenzinssatz sogar im negativen Bereich befindet



Die Deutsche Bundesregierung verweist angesichts von Berichten über anhaltend hohe Zinssätze für Dispositions- und Überziehungskredite darauf, dass neue gesetzliche Regelungen hierzu erst wenige Monate in Kraft seien. Das Gesetz (18/5922, 18/7584), das Banken verpflichtet, Kunden mit langfristig überzogenem Girokonto eine Umschuldung anzubieten, sei erst am 21. März 2016 wirksam geworden, schreibt die Regierung in ihrer Antwort (18/9652) auf eine Kleine Anfrage (18/9493) der Grünen.

Eine Evaluierung sei erst fünf Jahre nach Inkrafttreten vorgesehen. Allerdings stehe die Bundesregierung bereits jetzt in einem intensiven Dialog mit den Verbraucherorganisationen, der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung und der Deutschen Kreditwirtschaft, um die Einführung der neuen Regelungen zum Dispositionskredit aktiv zu begleiten.

Vorbemerkung der Fragesteller
Die Zinssätze für die Überziehung von Konten sind in Deutschland immer noch sehr hoch, was in einer aktuellen Studie der Stiftung Warentest erneut unterstrichen wird (Finanztest, 9/2016, S. 26 ff.). Dispozinssätze, also Zinssätze für die Überziehung des Kontos im erlaubten Rahmen, von aktuell rund 9,5 Prozent im Durchschnitt (FMH Finanzberatung, 2016) stellen eine große Diskrepanz im Verhältnis zum Leitzinssatz der Europäischen Zentralbank dar, der aktuell bei 0,00 Prozent liegt (EZB, 2016). Bei der Überziehung eines Kontos über den vorgesehenen Rahmen fallen sogar noch höhere Zinssätze an.

Die Unkosten der Banken für die Gewährung eines Kredits können die Bruttomarge der Banken nicht rechtfertigen, zumal sich der Interbankenzinssatz sogar im negativen Bereich befindet (EMMI, 2016). Das Vorgehen der Finanzinstitute stellt somit in einigen Fällen eine ungerechtfertigte Belastung zahlreicher Menschen in Deutschland dar, die sich häufig bereits ohnehin am Rande des Existenzminimums bewegen.

Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften wollte die Bundesregierung anstatt einer Deckelung der Zinssätze lediglich die Transparenz für die Ausweisung der Zinssätze erhöhen und die Beratungsmöglichkeiten verbessern. Unter den gegebenen Marktbedingungen wären die Banken jedoch selbst bei höherer Transparenz nicht gezwungen, ihre Dispositions- und Überziehungszinssätze anzupassen, da Personen bei der Eröffnung ihres Kontos in der Regel zuerst auf die laufenden Kosten der Kontoführung achten müssen und nicht auf die Höhe der Dispositions- und Überziehungszinsen (vzbv, 2015, S. 24). Hinzu kommt, dass sich die Institute gerade im ländlichen Raum oftmals in einer Monopol- oder Oligopolposition befinden, sodass bei den Zinssätzen ein mangelnder Wettbewerbsdruck vorliegt. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.

Die Preisspanne der angebotenen Zinssätze (zwischen 4,23 Prozent und 12,59 Prozent; FMH Finanzberatung, 2016) offenbart, dass in vielen Fällen keinerlei Orientierung an den realen Kosten stattfindet. Das Vorgehen der Banken ist durchaus lukrativ, da die Verbraucherinnen und Verbraucher laut Bundesbank wegen Kontoüberziehungen über 34 Milliarden Euro Schulden bei den Banken haben und somit ein Prozentpunkt höhere Zinsen 340 Millionen Euro Mehreinnahmen für die Banken bedeuten (Finanztest, 9/2016, S. 27). Wie eine aktuelle Untersuchung des Marktwächters Finanzen der Verbraucherzentralen zeigt, fehlt es aber auch nach wie vor an der von der Bundesregierung angestrebten Transparenz. Bei einer Analyse im November 2015 wurde deutlich, dass die Informationen zu den Bedingungen des Dispozinses schwer zu finden waren und insbesondere Informationen zu Zinsanpassung oder Referenzzinssätzen fehlten.

Bei 69 Prozent der 371 untersuchten Kreditinstitute waren zwar Angaben über den Sollzinssatz auf den Internetseiten zu finden. Nur 32 Institute, also weniger als 10 Prozent, hatten aussagekräftige und belastbare Informationen zu den von ihnen angebotenen Dispositionskrediten bereitgestellt. Bei den anderen Instituten waren keinerlei Angaben zum zugrunde liegenden Referenzzinssatz oder zu Anpassungsregeln und -zeitpunkten zu finden. In der aktuellen Untersuchung haben die Verbraucherzentralen nun diese 32 Banken genauer untersucht und festgestellt, dass diese in Sachen Transparenz vorbildlichen Institute sich jedoch nicht alle an die auf ihrer Internetseite dargestellten Zinsanpassungsregeln halten.

Dies war bei acht der 32 Institute der Fall. Bei vier Instituten waren die Angaben zu den Anpassungsregeln des Dispozinses mittlerweile nicht mehr zu finden. Bei einer Untersuchung der Stiftung Warentest wurde festgestellt, dass 30 Institute sich nicht an die neuen Regelungen halten. Ein Kreditinstitut veröffentlichte den Zinssatz gar nicht und bei 29 Banken war nicht klar erkennbar, wie hoch die Überziehungsgebühren tatsächlich ausfallen. Beispielsweise orientiert sich in einem Fall der Zinssatz an der Bonität der Kundschaft, was zu einer Spanne von 4,75 bis 12,75 Prozent führt. Wie es zur Einstufung der Zahlungsfähigkeit kommt, bleibt jedoch unklar (Finanztest, 9/2016, S. 28).
(Deutsche Bundesregierung: ra)

eingetragen: 08.10.16
Home & Newsletterlauf: 28.10.16


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