Schadensersatzansprüche wegen Falschberatung


Lehman-Anleger: Warum der BGH bei versteckten Gewinnmargen keine Falschberatung anerkannt hat
In dem Lehman-Urteil geht es jedoch nicht um Vergütungen oder Kick-Backs, sondern um Margen


(07.10.11) - Mit seinem Urteil vom 27.09.2011 (Az. XI ZR 178/10 und Az. XI ZR 182/10) hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Klagen zweier Lehman-Anleger abgewiesen, die bei ihrer Sparkasse Schadensersatzansprüche wegen Falschberatung geltend machen wollten. Zur Urteilsbegründung hieß es zum einen, die Anleger seien über das Risiko des Totalverlustes ihres Geldes hinreichend belehrt worden. Zum anderen seien die Berater nicht verpflichtet gewesen, ihre Gewinnmargen offenzulegen. Insofern könne der Sparkasse keine Falschberatung angelastet werden.

Noch im März hatte der BGH ausgesprochen anlegerfreundlich entschieden, dass für Bankkunden ersichtlich sein müsse, welche Vergütung die Bank von dritter Seite erhält (Az. XI ZR 191/10). Wie kommt es nun zu dieser scheinbaren Kehrtwende?

Nicole Mutschke, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, erklärt: "In dem Urteil vom März dieses Jahres ging es um (Rück-) Vergütungen. Diese sind immer aufklärungspflichtig. Denn aufgrund dieser Zahlungen habe die Bank ein besonderes Interesse daran, dem Anleger genau diese Anlage zu empfehlen. Gerade dieser finanzielle Anreiz für die Bank ist aber laut BGH maßgeblich für ihre Aufklärungspflicht gegenüber dem Anleger. In dem Lehman-Urteil geht es jedoch nicht um Vergütungen oder Kick-Backs, sondern um Margen, also den Verkauf eines Produktes zu einem über dem Einkaufspreis liegenden Wert. Dieses fällt nach den Urteilen nicht unter die Aufklärungspflicht und insofern können die Anleger keine Falschberatung geltend machen."

Gewinnmargen nicht aufklärungspflichtig
Laut Urteilsbegründung des BGH sei die Bank, die eigene Anlageprodukte empfehle, nach seiner ständigen Rechtsprechung grundsätzlich nicht verpflichtet, darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erziele. In einem solchen Fall sei es für den Kunden offensichtlich, dass die Bank eigene Interessen verfolge, sodass darauf nicht gesondert hingewiesen werden müsse. Nichts anderes gelte, wenn fremde Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäfts zu einem über dem Einkaufspreis der Bank liegenden Preis veräußert werden. Dem steht nach den aktuellen Entscheidungen weder die Rechtsprechung zur Offenlegung versteckter Innenprovisionen noch zu der Aufklärungsbedürftigkeit von Rückvergütungen entgegen, weil Gewinnmargen beim Eigengeschäft eben keiner dieser beiden Fallgruppen zugeordnet werden können. (Kanzlei Mutschke: ra)

Kanzlei Mutschke: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Kommentare und Meinungen

  • Künstliche Intelligenz: Was für Unternehmen gilt

    Seit Sonntag, 2. Februar 2025 sind weitere Regelungen der europäischen KI-Verordnung (AI Act) in Kraft. Dabei handelt es sich zum einen um Verbote von bestimmten KI-Praktiken wie Social-Scoring-Systemen, manipulative KI-Techniken oder Emotionserkennung am Arbeitsplatz. Zum anderen greifen Vorgaben für KI-Kompetenzanforderungen von Beschäftigten.

  • AI Act: Doppelarbeit & Unsicherheiten vermeiden

    Ab dem 2. Februar 2025 verbietet der AI Act Manipulation durch KI, Social Scoring und biometrische Fernidentifikation in Echtzeit - ein entscheidender Schritt für Ethik und Verbraucherschutz. Die EU setzt damit ein klares Zeichen für einen einheitlichen Rechtsrahmen, der auf Ethik, Diversität und Datensicherheit basiert.

  • EU AI Act setzt weltweit Maßstäbe

    Anlässlich des Europäischen Datenschutztags am 28. Januar 2025 betonte der BvD-Ausschuss Künstliche Intelligenz die Bedeutung des EU AI Acts als wegweisende Regulierung für den verantwortungsvollen Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI).

  • Auswirkungen von Risk Exposure auf Compliance

    Mit der DSGVO, DORA und der derzeit in der Luft hängenden NIS2 werden immer mehr Vorschriften und Richtlinien eingeführt, die Unternehmen beachten müssen. Dies hat dazu geführt, dass einige Unternehmen der Meinung sind, dass die Einhaltung der Vorschriften eher eine Belastung als ein Anfang zur Verbesserung ihrer Sicherheitsmaßnahmen ist.

  • NIS2-Umsetzung nicht vor Herbst 2025?

    Gegen Deutschland wurde wegen bisher nicht erfolgten Umsetzung der NIS2-Richtlinie sowie der Richtlinie über die Resilienz kritischer Infrastrukturen ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Angesichts der Verzögerungen im Gesetzgebungsprozess in den vergangenen Jahren kommt das nicht wirklich überraschend - ist doch inzwischen mit einer NIS2-Umsetzung nicht vor Herbst nächsten Jahres zu rechnen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen